Bochum-Kornharpen. Die Kreuzkröte liebt die Bedingungen auf der Bochumer Zentraldeponie, die gerade abgedichtet wird. Wie sie trotz der Bagger überleben kann.

Bagger, Traktoren und Bulldozer bestimmen am Tag das Bild auf der ehemaligen Zentraldeponie in Kornharpen. 2021 hatte der Umweltservice Bochum USB mit den Vorbereitungen für die endgültige Oberflächenabdichtung begonnen. Riesige Erdmassen werden dazu bewegt. Wenn die Motoren abends schweigen, erwacht die Deponie zum Leben. In extra für sie vorbereiteten Bereichen beginnen dann die Kreuzkröten ihr Konzert. Um auf der Deponie zu überleben, brauchen die Tiere Unterstützung durch den Menschen.

In der Stille wuchs der Krötenbestand auf der Bochumer Deponie

Landschaftsarchitekt Jens Otto schätzt, dass dort schon eine von Bochums größten Kolonien beheimatet ist. Für die Bezirksregierung überwacht er die Population und sorgt mit dem USB für den Schutz der Tiere. Nach Schließung der Deponie für Siedlungsabfälle 2005 stand dieser künstliche Berg „still“. Das war viel Zeit, in der sich eine reichhaltige Fauna und Flora auf dem Gelände entwickeln konnte.

„Bevor wir überhaupt an Bauarbeiten denken konnten, mussten wir erst einmal wissen, welche Tierarten die Deponie als Lebensraum nutzen“, erklärt Abteilungsleiterin Deponie und Wertstoffhöfe Sabrina Fischer.

Die Kreuzkröten sind selten und streng geschützt. In Kornharpen entwickelt sich eine große Population der Tiere.
Die Kreuzkröten sind selten und streng geschützt. In Kornharpen entwickelt sich eine große Population der Tiere. © USB | Jörn Denhard

Die Kreuzkröte findet auf der Deponie einen idealen Lebensraum. „Sie liebt vegetationsarme Flächen und das Durcheinander, das auf Baustellen entsteht“, erklärt Otto. Zur Dämmerung ist er unterwegs, um frisch geschlüpfte Kreuzkröten-Larven (also Kaulquappen) und Laichschnüre aus dem Gefahrenbereich zu bergen.

Reifenspuren reichen ihnen

Kreuzkröten verstecken sich tagsüber unter Holz, Folien, großen Steinen, im Geröll oder Erdreich, um nicht auszutrocknen. In der Dämmerung krabbeln sie – Kreuzkröten springen nicht – los und suchen Wasserstellen. „Ihnen reichen wassergefüllte Reifenspuren zum Fortpflanzen“, erklärt Otto.

In der Dämmerung sucht Jens Otto nach den Kreuzkröten in den mit Wasser gefüllten Reifenspuren der großen Fahrzeuge auf der Deponie.
In der Dämmerung sucht Jens Otto nach den Kreuzkröten in den mit Wasser gefüllten Reifenspuren der großen Fahrzeuge auf der Deponie. © USB | Jörn Denhard

Mit seinem Kescher fischt er sie heraus und transportiert den Nachwuchs in vorbereitete Ersatzgewässer mit Versteckplätzen. Die Umzüge seien für Kreuzkröten kein Problem, weil sie sowieso ständig neue Wasserstellen suchen. Am nächsten Morgen würden Traktoren oder die Sonneneinstrahlung diesen Laichschnüren keine Chance lassen. In dem betreuten Flachgewässer am Rande der Deponie sind sie davor geschützt.

Die Tiere sind gut zu Fuß

Mittlerweile ist es dunkel geworden und überall aus dem Berg rufen die männlichen Kröten nach den Weibchen. Sobald die Männchen eine geeignete Wasserstelle gefunden haben, locken Sie die Weibchen mit ihren Rufen an. „Kreuzkröten sind gut zu Fuß und laufen lange Strecken, um die Gewässer zu erreichen“, beschreibt Otto schmunzelnd.

Es lauern auch hier Fressfeinde

Trotz aller Schutzmaßnahmen für die seltene Kreuzkröte geht man davon aus, dass von durchschnittlich 3500 Eiern an einer Laichschnur nur zwei bis vier Kröten überleben werden. Deshalb sind die Kreuzkröten von Frühjahr bis Herbst aktiv und pflanzen sich in mehreren Laichphasen fort, damit so viele wie möglich überleben und das Risiko der Gewässeraustrocknung breit gestreut wird.

Allerdings haben sie sogar hier auf der Deponie auch Fressfeinde. „Teich- und Bergmolche finden wir überall in kleinen Tümpeln, nicht nur auf der Deponie. Junge Kaulquappen und Laich sind ein gefundenes Fressen für sie. Aber auch bei Insektenlarven oder Reihern steht der Kreuzkröten-Nachwuchs auf dem Speiseplan“, weiß Jens Otto, der den Artenschutz vor und während der Umbauphase an der Zentraldeponie betreut.

In der Dunkelheit muss er aufpassen, wohin er tritt. Auf den Wegen laufen dutzende Kröten zu den Wasserstellen und stimmen ihr Konzert an. „An einem Abend habe ich mal etwa 140 Tiere gezählt. Sichtbar ist aber nur ein Bruchteil. Deshalb würde ich davon ausgehen, dass auf der Deponie eine der größten Bochumer Kreuzkrötenpopulationen heimisch ist“, ist der Diplom-Ingenieur überzeugt.

Mehr zur Vorprofilierung der Zentraldeponie auf https://www.usb-bochum.de/vorprofilierung