Bochum-Innenstadt. Er startete an der Herner Straße, zog dann an die Huestraße: Der Bochumer Unverpacktladen „Bioku“ wollte Einkaufen nachhaltiger machen.

Es sollte die Wende zum neuen Einkaufen werden. Weg von Reis in Plastikverpackungen, Gurken in Kunststofffolie und einzeln verpackten Bonbons. Beim Unverpacktladen „Bioku“ kam alles schlanker daher, in wiederverwendbaren und mitgebrachten Gläsern, Beuteln, Tupperdosen. Im Sommer 2018 öffnete das Start-up, damals noch an der Herner Straße, seine Türen. Doch jetzt ist der Laden Geschichte.

Die über 200 Kilogramm Verpackungsmüll, die Deutsche jährlich pro Kopf produzieren - sie sollten mit Hilfe von „Bioku“ schrumpfen. Vier Jahre ist das mittlerweile her. Damals waren die Gründer Theo Kudios und Stefan Holewa noch voller Elan. „Wir bieten ein Vollsortiment und wollen uns nicht nur auf die Hardliner konzentrieren“, hatten sie ausgelobt.

Bochumer boten Sortiment aus über 2000 Artikeln

Auf der 600 Quadradmeter großen Ladenfläche verkauften sie nicht nur unverpackte Lebensmittel, sondern auch Zahnbürsten und Shampoo. Selbst Kunst und Kleidung zählten zum Angebot. Zuletzt war das Sortiment immer weiter angewachsen, auf über 2000 Artikel. Da gab es nicht nur Haferflocken, Nudeln und Mehl ohne klimaschädliche Verpackung, sondern auch besondere Kundenwünsche wie unverpackten Boxhornklee, Piment und Naturkosmetika.

„Wir wollten von Anfang an mehr sein als nur ein Unverpacktladen“, hatte Stefan Holewa im WAZ-Gespräch erklärt. Zu der Verkaufsfläche mieteten die Gründer weitere Fläche an, wollten sie für Workshops und als Co-Working-Space-Nutzen. Selbst von einer Theaterbühne und einem Restaurant im Hinterhof war die Rede. Im Nachhinein vielleicht zu viel des Guten.

Probleme in der Pandemie

Doch dann brachte die Corona-Krise den Laden 2020 ins Straucheln, die Umsätze gingen um mehr als 50 Prozent zurück. Um Umsatzverluste auszugleichen, Arbeitsplätze der zehn Mitarbeiter zu sichern und weiterzuwachsen, bat der Bioladen um Hilfe. Im Internet startete er eine Crowdfunding-Aktion, suchte einen neuen Standort mit kleinerer Fläche.

Schließlich zog Bioku an die Huestraße um. Gute Voraussetzungen eigentlich: Ein viel frequentierter und zentraler Standort. Trotz aller Mühen, ausreichend waren sie zum Schluss nicht, um Bioku weiterzuführen. Wie die Gründer im Netz informieren, ist der Unverpacktladen jetzt Geschichte.

Ein Umzug mit Herausforderungen

„Wir möchten uns bei allen Menschen, die uns trotz allen Widrigkeiten unseres Umzuges in den letzten Monaten tatkräftig durch Ihren Einkauf unterstützt haben, sowohl bedanken, als auch insbesondere entschuldigen“, schreiben die Jungunternehmer. Sie erklären: Der Umzug sei mit unerwarteten Herausforderungen gespickt gewesen.

„Angefangen beim Boden des neuen Ladens, über den Umbau der Möbel bis zur Tatsache, dass die instabile alte Wand unsere Behälter nicht so einfach trägt und uns diese beim ersten Befüllen entgegen kamen“, berichten sie. Kunden seien enttäuscht gewesen wegen des verringerten Warenangebots.

Manche Artikel wurden gestrichen

„Oft haben wir gesagt, dass sich das in Kürze ändert, doch die oben geschilderten Probleme waren doch nicht so leicht zu lösen, wie zunächst angenommen“, geben sie zu. Die Umstellung auf die kleinere Fläche bereitete Probleme, manche Artikel wurden nur im Wechsel angeboten, andere ganz gestrichen.

„Dazu kommen, teilweise durch den Krieg in der Ukraine, bei vielen Produkten extrem gestiegene Einkaufspreise“, so die Bochumer weiter. Damals glauben sie noch an die Fortführung des Geschäfts: „Wir hoffen, dass ihr weiter an unsere Idee glaubt und uns weiterhin mit eurem Besuch und euren Einkäufen unterstützt“, heißt es.

Laden bleibt online

Vier Wochen später dann aber das Update: Bioku schließt. „Wir haben lange mit uns und der immer größer werdenden Aufgabe gekämpft“, schreiben die Gründer. Der stationäre Laden schließe, den Online-Shop soll es weiterhin geben. Auch Workshops zu nachhaltigen Themen will man Ende des Jahres wieder anbieten.

Den Wehmut, man liest ihn dennoch zwischen den Zeilen: Fehlende Erfahrung im Bereich Ladenbau und Betrieb habe man durch Herzblut und Einsatz ausgeglichen. Die Kombination aus Pandemie, Umsatzrückgang, geändertem Kaufverhalten, Boom der Online- & Bring-Dienste, Kurzarbeit und Inflation sei nicht mehr zu stemmen.

Zukunft des Standortes ist offen

Auch schreiben die Gründer: „Die Wahrheit ist aber ebenfalls, dass die Wahrnehmung und das Konzept zwar bundesweit positiv ist, aber trotzdem viele Menschen die schon bekannte Art und Weise einzukaufen bevorzugen.

Was an dem Standort an der Huestraße passiert, ist aktuell noch offen. Ideen für Nutzungen soll es bereits geben, eine konkrete Entscheidung hat der Vermieter noch nicht gefällt.

Weitere Geschäfte

Die nächsten Unverpacktläden gibt es in Essen („Glücklich unverpackt“), in Witten („Füllbar“) und in Dortmund („Frau Lose“). Seit etwa acht Jahren wurden bundesweit zahlreiche Unverpacktläden eröffnet.

Seit Beginn der Pandemie haben etwa 20 Prozent aller Läden geschlossen, mit steigender Tendenz. Wöchentlich muss im Schnitt ein Unverpackladen dicht machen. Bioku bleibt online unter: www.bioku.org.