Bochum. In nächster Zeit wird im Offenen Ganztag in Bochum mehr Personal benötigt. Die Zukunft bereitet Sorge. Könnten Fachkräfte ersetzt werden?

Die Zukunft des Offenen Ganztags in Bochum führt zu Sorge. Ab 2026 haben Schülerinnen und Schüler einen Rechtsanspruch auf einen Platz. Aber reicht das Personal aus, um diesen zu gewährleisten?

„Die Wiederbesetzung von Fachstellen im Offenen Ganztag ist angesichts des seit langem bestehenden Fachkräftemangels problematisch“, so das Schulverwaltungsamt auf eine Anfrage der SPD im Schulausschuss. Es sei davon auszugehen, dass der Personalbedarf in den kommenden Jahren aufgrund der steigenden Anzahl von Schülerinnen und Schülern deutlich wächst. Hinzu kommt der Rechtsanspruch.

Können weitere Fachkräfte im Offenen Ganztag in Bochum ersetzt werden?

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Auslöser für die Anfrage der SPD war, dass OGS-Gruppen angeblich nicht hätten eingerichtet werden können. Die Begründung: Es stünden laut Vereinbarung von Stadt und Träger nicht genügend Fachkräfte zur Verfügung. Dazu heißt es von der Stadt: „Entsprechende Fälle, in denen konkret Gruppen nicht eingerichtet werden konnten, (...) sind nicht bekannt.“

In den kommenden Jahren gibt es deutlich mehr Schülerinnen und Schüler in Bochum, hinzu kommt ein Rechtsanspruch auf einen OGS-Platz. Gibt es genug Personal, um diesen zu gewährleisten?
In den kommenden Jahren gibt es deutlich mehr Schülerinnen und Schüler in Bochum, hinzu kommt ein Rechtsanspruch auf einen OGS-Platz. Gibt es genug Personal, um diesen zu gewährleisten? © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Derzeit gebe es einen Fall, in dem es keine Leitung für eine OGS-Gruppe gibt, da Fachpersonal fehlt. „Der Träger bemüht sich aktuell, adäquates Personal zu finden. Eine Einschränkung der Betreuung (...) liegt nicht vor“, so das Schulverwaltungsamt.

Die SPD stellt zur Debatte, künftig „für einen begrenzten Zeitraum statt der Fachkräfte Ergänzungskräfte einzusetzen.“ Doch das sei aufgrund der Kooperationsvereinbarung nicht so einfach. „Hiernach ist festgeschrieben, dass die jeweilige Leitungskraft eine pädagogische Fachkraft sein muss“, so die Stadt.

Zwei Ergänzungskräfte ersetzen eine Fachkraft

Dabei handelt es sich um ausgebildete Erzieher, Personen, die ein abgeschlossenes Studium der Sozialpädagogik oder vergleichbare Abschlüsse haben. Zusätzlich dürfen auch nicht-pädagogische Kräfte tätig sein – allerdings müssen beispielsweise im Gegenzug für eine Fachkraft zwei Honorarkräfte im Einsatz sein, so sieht es die Vereinbarung der Stadt vor.

„Einen über diese Regelung hinaus weitergehenden Einsatz, im konkreten einen kompletten Ersatz der Fachkräfte durch Ergänzungskräfte, wenn auch nur für einen begrenzten Zeitraum, lässt die aktuelle Kooperationsvereinbarung nicht zu“, heißt es von der Stadt.

Landesweite Regelungen fehlen

Problematisch ist, dass es derzeit keine landesweit einheitlichen Regeln bezüglich der Qualifikation von OGS-Personal gibt. Das spricht auch Dominik Spanke an. Er ist Direktor der Caritas, die im OGS-Bereich Träger von 13 Grundschulen und einer Förderschule in Bochum ist. „Die Planungen der Stadt Bochum sind natürlich die Grundlage unserer Personalplanungen“, heißt es.

Dominik Spanke ist Direktor der Caritas in Bochum, die Träger von 14 Offenen Ganztagsschulen ist.
Dominik Spanke ist Direktor der Caritas in Bochum, die Träger von 14 Offenen Ganztagsschulen ist. © FUNKE Foto Services | Bastian Haumann

Allerdings sieht er großen Bedarf bei der Klärung von Qualitätskriterien. „Hier sehe ich im Zusammenhang mit dem Rechtsanspruch auf einen OGS-Platz das Land in der Pflicht, Vorgaben zu machen. Dies würde dann auch die Frage nach Fach- und Ergänzungskräften beantworten“, so der Caritas-Direktor.

Mehr Schüler in Bochum: OGS-Plätze werden eng

46 Prozent der Grundschülerinnen und -schüler in Bochum haben laut Angaben der Stadt einen OGS-Platz – Stand Juni dieses Jahres. Rechne man die verkürzte Betreuung der verlässlichen Grundschulen ein, liege die Quote immerhin bei 56 Prozent. Zur Erklärung: An verlässlichen Grundschulen gibt es an allen Unterrichtstagen eine Betreuung der Kinder zwischen 8 und 13 Uhr.

Bis 2026 wird die Zahl der Schülerinnen und Schüler voraussichtlich um zehn Prozent steigen. Aktuell ermittelt die Stadt im Zuge der Schulentwicklungsplanung, was getan werden kann, um mehr Platz für die Ganztagsbetreuung zu schaffen. Ideen sind zum Beispiel die Umstrukturierung der Raumnutzung, An-, Um- oder Neubau und die Anmietung von Räumlichkeiten. Eine große Hürde wird es zudem sein, genug Personal für die Betreuung der Kinder zusammenzubekommen.

Aktuell könne die Caritas sowohl die Fach- wie Ergänzungskraftstellen im Bereich OGS sicherstellen. „Auch für die nächsten Monate sehe ich aufgrund unserer geringen Fluktuation keine Schwierigkeiten. Bei der Einrichtung von neuen Plätzen werden wir die Ausbauwünsche mit unseren Möglichkeiten der Personalwerbung verbinden“, sagt Spanke.

Die Stadt Bochum habe den Fachkräftemangel im Erziehungsbereich als Hemmnis für den Ausbau von Kindergärten und dem Offenen Ganztag erkannt und möchte gemeinsam mit den Trägern an Lösungen arbeiten. „Dieses Anliegen unterstützen wir ausdrücklich“, so Spanke.

„Allgemeiner Fachkräftemangel ist uns bewusst“

Auch bei der Awo sind zurzeit keine Fachkraftstellen unbesetzt. „Der allgemeine Fachkräftemangel im sozialen Bereich ist uns aber natürlich bewusst: Daher haben wir eine Ausbildungsoffensive gestartet, allein im Bereich Ganztagsbetreuung bilden wir gerade 50 Personen aus oder weiter“, so Sprecher Christopher Becker.

Insgesamt könne die Awo den künftigen Personalbedarf noch nicht abschätzen, da die Rahmenbedingungen für den Rechtsanspruch auf einen OGS-Platz ab 2026 nicht feststünden. „Sind uns diese bekannt, wissen wir auch, welche Bedarfe wir konkret abdecken müssen und sind zu einer Prognose fähig. Hier ist noch die Politik am Zug“, so Becker.