Bochum. Nach Kritik von Serdar Yüksel erläutern Arbeitsagentur und Jobcenter in Bochum die Hintergründe. Warum Job am Flughafen nur wenige interessiert.

Als „beschämend“ empfindet es der Bochumer Landtagsabgeordnete Serdar Yüksel (SPD), dass es die Jobcenter und Agenturen für Arbeit im Land bei 660.000 Arbeitslosen nicht fertigbrächten, 5000 dieser Menschen für einen Einsatz in Flughäfen zu schulen. „Die Frage ist ja berechtigt, doch so einfach ist das einfach nicht“, sagt der stellvertretende Geschäftsführer des Bochumer Jobcenters, Roland Bröge zu diesen Äußerungen. Vor allem wirbt er für eine differenzierte Betrachtung der Situation.

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Es geht um Schulungen und Weiterbildungen

Im Bereich der Arbeitsagentur Bochum gibt es aktuell 16.744 Männer und Frauen ohne Job, 4256 Stellen sind unbesetzt, listen die Zahlen für den Juni auf. Mit Blick auf das benötigte Flughafenpersonal bleibe generell zu berücksichtigen: Für welchen Einsatz werden die Arbeitskräfte genau benötigt: Handelt es sich um Sicherheitskräfte, Gepäckkontrolle, Check-in-Personal oder andere Tätigkeiten? Entsprechend müssen Schulungen oder Weiterbildungen angeboten werden, die hier in Bochum zum Beispiel von der Trägerlandschaft aktuell nicht angeboten werden.

Weitere Fragen, so die Sprecherin der Arbeitsagentur, Anja Greiter, seien etwa: „Wie sieht es dabei mit den Anfahrtszeiten aus? In aller Regel ist die Arbeit am Flughafen „Rund-um-die-Uhr“. Gibt es öffentliche Verkehrsmittel zu allen Tages- und Nachtzeiten und wie teuer ist der Anfahrtsweg im Verhältnis zur Entlohnung.“ Darüber hinaus betont die Agentur in Bochum, dass sie derzeit beim Arbeitgeber-Service in Bochum aktuell über gar keine Stellenausschreibungen zum Düsseldorfer Flughafen verfüge, obwohl es immer wieder auch solch überregionale Vermittlungen gebe.

Eine Lanze für die arbeitslosen Menschen

Roland Bröge bricht aber auch eine Lanze für die arbeitslosen Menschen, die Kunden und Kundinnen, wie sie offiziell und wertschätzend genannt werden: „Wenn Menschen länger, etwa mehr als zwei Jahre ohne Job sind, dann kommen oft gesundheitliche Probleme dazu, die Situation verfestigt sich.“ Es sei dann oft für die Betroffenen schwer, aus den Gewohnheiten auszubrechen.

Das Jobcenter hat die vielschichtigen Aufgaben rund um die Vermittlung in Arbeit aber auch die Gewährung von Leistungen.
Das Jobcenter hat die vielschichtigen Aufgaben rund um die Vermittlung in Arbeit aber auch die Gewährung von Leistungen. © FUNKE Foto Services | Olaf Ziegler

Das spüren die Mitarbeitenden sofort, denn die Berater wissen, dass rund 50 Prozent gar nicht auf eine Einladung zu einem Gespräch reagieren, oder sich etwa mit einem ärztlichen Attest entschuldigen. Die Zahlen von erfolgten Sanktionen, also etwa Abzüge beim Arbeitlosengeld, seien dabei recht gering. Bei über 22.000 Arbeitslosen in Bochum und Herne habe es im vergangenen Jahr gerade einmal 350 solcher Sanktionsmaßnahmen gegeben.

Oft gibt es Einschränkungen durch Krankheiten

Da das Jobcenter und die Arbeitsagentur mittlerweile wissen wie ihre Klientel tickt, gibt es seit Anfang Juli ein spezielles Coachingangebot. Wie Bröge an einem Beispiel erläutert: „Manchmal geht jemand schon allein deshalb nicht zu einem Arbeitsplatzangebot, weil er nicht weiß, wie er per Bus dorthin kommt. Jetzt gibt es die Möglichkeit, die Person zu begleiten.“

Zum Vorstoß von Serdar Yüksel wiederholt er, dass er Verständnis für eine solche Frage habe, aber der zweite Blick lohne: Ob etwa alleinerziehende Mütter oder kranke Menschen, oder welche mit einem nicht ganz so lupenreinen Lebenslauf für einen Job am Flughafen geeignet seien, lässt der Jobcenter-Manager offen. Der aktuellen Diskussion gewinnt er doch etwas Gutes ab: „Wenn nur ein Arbeitsloser oder eine Arbeitslose jetzt initiativ wird und sich für eine Tätigkeit beim Flughafen interessiert, ist das schon ein Erfolg.“