Bochum. Der Arbeitsmarkt in Bochum trotzt vielen Problemen, die die Corona-Pandemie hervorruft. Aber: Einige Gruppen sind besonders betroffen.

Auch das zweite Corona-Jahr hat dem Arbeitsmarkt in Bochum zugesetzt. Vor allem Ungelernte und Langzeitarbeitslose gehören zu den großen Verlierern der Pandemie. Insgesamt aber sind Unternehmen und Beschäftigte bislang noch mit einem blauen Auge davon gekommen, so die Bilanz von Arbeitsagentur, Jobcenter und Stadt.

Fast 2000 neue sozialversicherungspflichtige Jobs

Abzulesen ist das etwa an der erneut gestiegenen Zahl der sozialversicherungspflichtigen Stellen in Bochum. 141.121 dieser Jobs gab es im ersten Quartal 2021, 1915 mehr als noch zwölf Monate zuvor. Neu geschaffen wurden Stellen dabei vor allem in den Bereichen, die auch insgesamt den größten Stellen-Pool bilden: im Gesundheitswesen (+10,3 Prozent), im Einzelhandel ohne die Kfz-Branche (+8,8), im Bereich Bildung und Erziehung (8,0) sowie in der öffentlichen Verwaltung (+7,8).

Allerdings: Angesichts der weiter steigenden Nachfrage nach qualifiziertem Personal, „der Arbeitsmarkt in Bochum entwickelt sich zu einem Fachkräfte-Arbeitsmarkt“, so Jobcenter-Chef Georg Sondermann, bleibt so mache offene Stelle dauerhaft unbesetzt. „Viele Vermittlungen können nicht greifen, da die Personalanforderungen der Unternehmerschaft nicht erfüllt werden können. Ohne vorherige Fort- und Weiterbildung ist eine Vermittlung nicht möglich, aber Industrie 4.0 hat in der Pandemie nicht haltgemacht“, sagt Frank Neukirchen-Füsers, Chef der Arbeitsagentur Bochum. „Das müssen wir ändern.“ Zumal: 61,3 Prozent der Arbeitslosen sind Frauen und Männer ohne abgeschlossene Berufsausbildung.

Berufliche Bildung gewinnt an Bedeutung

Der Appell des Agentur-Chefs richtet sich indes nicht nur an die Ungelernten und an die Mitarbeiter im eigenen Haus, sondern auch an die Firmen. Denn: „Ich hätte mir gewünscht, dass noch mehr Unternehmen die Zeit während der Kurzarbeit genutzt hätten, ihre Mitarbeiter weiterzubilden. Leider ist dies viel zu wenig in Anspruch genommen worden.“ Die berufliche Fortbildung gewinne eine immer größere Bedeutung.

Insgesamt aber spricht er angesichts der schwierigen Umstände von einem „guten Verlauf“ im zweiten Corona-Jahr. Der Arbeitsmarkt habe sich als robust und stabil erwiesen. Beigetragen dazu habe auch die Kurzarbeit. Ihr Einsatz habe sich in vielen Branchen rentiert. „Wir konnten viele Arbeitsplätze und damit auch Existenzen retten.“ Allerdings mussten in diesem Jahr schon deutlich weniger Unternehmen diese vom Bund finanzierte Hilfe in Anspruch nehmen als noch 2020. Erfreulich sei auch, dass die Arbeitslosigkeit unter Jugendlichen nicht gestiegen sei.

Sozialer Arbeitsmarkt ist ein wirksames Instrument

Leidtragende der Corona-Pandemie sind allerdings die Langzeitarbeitlosen. Deren Zahl ist im Vergleich zum Vorjahr um 17,2 Prozent gestiegen. Abgefedert wurde diese Negativentwicklung dabei sogar noch durch den sozialen Arbeitsmarkt, von dem Personen profitieren, die mindestens fünf Jahre lang arbeitslos sind. Jobcenter-Chef Sondermann berichtet von 165 neuen Stellen mit Hilfe dieses Instruments. Insgesamt 575 Frauen und Männer haben derzeit Jobs auf dem sozialen Arbeitsmarkt, im Vorjahr waren es 546. Dass der Zuwachs nicht noch größer ausgefallen ist, liege daran, so das Jobcenter, dass ein Teil der Anfang 2019 begonnenen Maßnahmen mittlerweile regulär beendet seien. Die Abbrecherquote sei mit 17 Prozent immer noch sehr gut.

„Der soziale Arbeitsmarkt ist ein tolles Instrument“, sagt auch Oberbürgermeister Thomas Eiskirch (SPD). Allein die Stadt und ihre Tochterunternehmen beschäftigten etwa ein Viertel der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in diesem Bereich. Die Erfahrungen mit ihnen seien äußerst positiv, „einige haben wir sogar schon in reguläre Arbeitsverhältnisse übernommen“.

Neue Stellen u.a. in Forschung und Entwicklung

Insgesamt zieht Eiskirch wie auch die Geschäftsführer von Arbeitsagentur und Jobcenter angesichts der besonderen Umstände ein positives Fazit – auch im Vergleich mit den Zahlen für NRW und die Nachbarstädte im Ruhrgebiet. „Ich bekomme monatlich Vergleichszahlen und habe selten den Eindruck, dass wir da hintendran sind“, so Eiskirch. Zu den Daten, die ihn optimistisch stimmen, gehörten auch die Arbeitsplatzzuwächse im Bereich Forschung und Entwicklung; zumal gerade durch die Ansiedlungen auf Mark 51/7 in Zukunft noch etliche weitere neue Jobs geschaffen werden.