Bochum. Das in Bochum geplante Haus des Wissens mit Bücherei, VHS und Markthalle könnte zur Elbphilharmonie der Stadt werden. Die Kosten explodieren.

Alles wird teurer: Benzin, Brot, Baustoffe. Die Stadt Bochum kommt das teuer zu stehen. Die Kosten für das geplante Haus des Wissens mit Bücherei, VHS und Markthalle explodieren. Knapp 153 Millionen Euro soll nach aktuellen Berechnungen das Prestigeprojekt des OB nun kosten.

153 Millionen: „Haus des Wissens“ in Bochum wird immer teurer

Erst vergangenes Jahr hatte die Stadt eingeräumt, dass statt der ursprünglich veranschlagten 64 Millionen Euro die 100-Millionen-Euro-Grenze gerissen werde. Nun kommen noch einmal 50 Millionen oben drauf. Das bestätigten Oberbürgermeister Thomas Eiskirch (SPD), Stadtbaurat Markus Bradtke und Kämmerin Eva-Maria Hubbert am Donnerstag im Gespräch mit der WAZ.

D

Auch interessant

ie Mehrkosten erklären die Verantwortlichen mit zusätzlichen Qualitäten, unvorhergesehen Arbeiten im alten Telekomblock und steigenden Preisen. Eine Fahrradgarage mit 300 Plätzen im Keller soll das Haus des Wissens ebenso aufwerten wie das frei zugänglich geplante Regenrückhaltedach in knapp 15 Metern Höhe. „Ein Ort für alle“, verspricht Bradtke.

Eine Geothermie-Anlage soll das Haus zudem zukunftssicher und autark machen. Das sei auch mit Blick auf den Ukraine-Krieg eine Aufgabe, „die sich aus dem Zeitgeist und dem Klimanotstand ergibt“.

Die notwendige Entkernung des Gebäude mit dem Abriss aller Decken verursachten ebenfalls Mehrkosten. Geplant war bislang, nur einige der Decken zu entfernen. Eingerechnet ist zudem ein Puffer für weitere Kostensteigerungen und Ungewissheiten, die beim „Bauen im Bestand“ auftauchen könnten.

Prestigeobjekt für den Oberbürgermeister

Ungeachtet dieser Kostenexplosion hält der OB das Projekt unverzichtbar für Bochum. „Die Entwicklung der Innenstädte ist das Thema dieses Jahrzehnts“, so Eiskirch. „Das Haus des Wissens ist dafür ein wichtiger Impuls.“ Bochum sei Vorreiter bei der Umgestaltung seiner City, so Bradtke. Moderne Innenstädte seien nicht mehr nur zum Einkaufen da, sondern auch um dort zu wohnen, lernen, arbeiten und seine Freizeit zu verbringen. „Während andere noch nachdenken, bauen wir schon.“

So soll er 2026 aussehen: der alte Telekomblock gegenüber dem Rathaus. VHS, Bücherei und eine Markthalle sollen in dem Gebäude eine Heimat fiden. Oben drauf soll ein Regenrückhaltedach das Klima verbessern.
So soll er 2026 aussehen: der alte Telekomblock gegenüber dem Rathaus. VHS, Bücherei und eine Markthalle sollen in dem Gebäude eine Heimat fiden. Oben drauf soll ein Regenrückhaltedach das Klima verbessern. © Cross architecture, Bild: rendertaxi

Das Haus des Wissens wird bislang von einer breiten politischen Mehrheit in Bochum getragen. Die Verwaltungsspitze ist zuversichtlich, dass das auch so bleibt und am 21. Juni der Rat die neue Kostenkalkulation genehmigt. Nach einer ersten Information im Ältestenrat stellen Verwaltungsspitze und OB in diesen Tagen die Pläne in den Fraktionen vor.

„Aus persönlicher Sicht ist das Haus des Wissens das prägendste und wichtigste Projekt der letzten und dieser Wahlperiode, also meiner Zeit als OB, die ja vielleicht noch etwas länger dauern wird“, mit diesen Worten soll Eiskirch bei den Grünen um Zustimmung geworben haben. Sprecher Sebastian Pewny und rund zwei Drittel der Fraktion hat er überzeugt.

„Das Haus des Wissens ist exakt der Grund, warum wir als Politiker gewählt wurden. Wir sollen nicht das Bestehende verwalten, sondern unsere Stadt mutig weiterentwickeln“, sagt Pewny. „Diesen Kurs müssen wir gerade auch in schwierigen Krisenzeiten fortsetzen. Ja das Teil wird sehr teuer. Wie teuer genau. Das kann anlässlich steigender Baupreise niemand genau vorhersagen. Aber sollten wir es deshalb lassen? Ich finde: Nein.“

Mehrere Fraktionen beraten Anfang der Woche

Bei der SPD wird am Montag beraten „Es gibt noch keine abschließende Meinung der Fraktion. Wir haben diskutiert, es gibt wenige kritische Stimmen“, sagt der Vorsitzende der Fraktion, Burkart Jentsch. „Persönlich bin ich sehr dafür.“ Städtische Bauprojekte seien generell schwierig. Nach einer ersten Prognose lasse die Detailplanung die Kosten regelmäßig steigen.

Bochums neu geplante Stadtbücherei.
Bochums neu geplante Stadtbücherei. © Cross architecture, Bild: rendertaxi

„Das ist ein super tolles Projekt. Die Frage aber ist: Ist es uns das wert?“, sagt CDU-Fraktionschef Christian Haardt. „Wir lassen uns für die Meinungsbildung Zeit.“ Jedem, der sich auskenne, sei klar gewesen, dass noch Kosten hinzu kommen, weil Leistungen wie zum Beispiel Baunebenkosten und Honorare für Architekten bislang fehlten.

„Die Kostenexplosion hat einige überrascht, mich nicht“, sagt indes Jens Lücking, Vorsitzender der Fraktion UWG:Freie Bürger. „Das war vorhersehbar, deswegen haben wir ja dagegen gestimmt.“ Die IHK habe nicht umsonst Abstand von ihrem Neubau genommen und die Reißleine gezogen.

Lücking: „Wir sollten das auch tun und mit Andor Baltz verhandeln. Möglicherweise könnte man den Telekomblock für die Verwaltung umbauen und im Hof eine Markthalle eröffnen. Für Stadtbücherei und Volkshochschule reichen doch auch Räume in Citypoint und Drehscheibe. Das wäre eine vernünftige Lösung.“

Der Kaufmann Baltz hatte das Gebäude gegenüber dem Rathaus 2013 gekauft und mit einem Aufschlag von 1,2 Millionen Euro für 6,5 Millionen Euro 2018 an die Stadt weiterverkauft. Im Kaufvertrag ist die Nutzung des Gebäudes für Bücherei, VHS und Markthalle weitgehend vorgeschrieben. Anderenfalls kann Baltz das Gebäude zurückfordern.

Umbau des Husemannplatzes soll acht Millionen Euro kosten

Der neue Husemannplatz: Hier ein Blick von der Viktoriastraße aus Richtung Kortumstraße. Rechts entsteht ein Pavillon mit Spielplatz, Cafe und Toiletten, am Ende soll ein Wasserspiel digitale Projektionen ermöglichen.
Der neue Husemannplatz: Hier ein Blick von der Viktoriastraße aus Richtung Kortumstraße. Rechts entsteht ein Pavillon mit Spielplatz, Cafe und Toiletten, am Ende soll ein Wasserspiel digitale Projektionen ermöglichen. © Sinai Landschaftsarchitekten Berlin

Ungeachtet dessen treibt die Stadt ihre Planungen für den Husemannplatz voran. Auch hier explodieren die Kosten. Statt ursprünglich zwei Millionen Euro werden nun acht Millionen veranschlagt. Die erste Anhörung zum Baubeschluss findet am kommenden Donnerstag, 19. Mai, in der Bezirksvertretung Mitte statt. Entschieden wird im Ausschuss für Mobilität und Infrastruktur am 14. Juni.

Kommentar zum Thema.