Bochum. Der Umbau des Telekomblocks in der City von Bochum in ein Haus mit VHS, Bibliothek und Markthalle verzögert sich. Auch die Politik muss umdenken.
„Deutschlandweit einmalig“, „Bildungs-Ikone“, „Platin-Standard“ – drei Dezernenten und der Chef der Wirtschaftsförderung sparten am Mittwoch in Bochum nicht mit Superlativen, um „den wichtigsten Beitrag zur Innenstadtentwicklung“ in gleißendes Licht zu tauchen. Anlass war der fertige Vorentwurf der Architekten für das „Haus des Wissens“. Am 24. Juni soll der Rat den Beschluss zur Realisierung des Leuchtturm-Projektes fassen.
Die harten Nachrichten zum gewaltigen Wortgeklingel: Das „Haus des Wissens“ wird zwei Jahre später als bislang berichtet fertig, erst Ende 2026, und deutlich teurer als versprochen. 90 Millionen Euro sollte der Umbau des Telekomblocks gegenüber dem Bochumer Rathaus bislang kosten. Volkshochschule, Bibliothek, der Hochschulverbund „Univercity“ und eine Markthalle sollen dort untergebracht werden.
Leuchtturmprojekt in Bochum kostet 100 Millionen Euro
„Von einer Kostenexplosion zu sprechen, wäre grundlegend falsch““, warb Stadtbaurat Markus Bradtke beim Pressetermin im Telekomblock um Verständnis. Der Vorentwurf enthalte „eine enorme qualitative Verbesserung“ und sei auch daher teurer. „Er bietet aber auch die Chance, mehr Fördermittel zu bekommen.“
Mit 61 Millionen Euro reinen Baukosten rechnet Kämmerin Eva-Maria Hubbert nach einer „vertieften Kostenschätzung“, das sind sieben Millionen Euro mehr als geplant. Eine Berechnung der Kosten zum Ausbau des Hauses liegt noch nicht vor. Es sei aber „nicht ganz abwegig“, dass das Projekt am Ende die 100-Millionen-Euro-Grenze reiße, so Bradtke. Ein Drittel der Gesamtkosten hofft die Stadt über Fördermittel finanzieren zu können.
Große Treppenlandschaft empfängt Besucher im „Haus des Wissens“
„Wir als Verwaltung sagen selbstbewusst, das Projekt ist zustimmungsfähig“, gab sich Bradtke am Mittwoch mit Blick auf die politischen Beratungen optimistisch. Auch weil nachhaltiges Bauen und hohe Umweltstandards die „Lebenszyklus-Kosten“ senken würden. „Vielleicht muss man bei einem solchen Projekt auch mal den Rücken gerade machen und sagen: das ist es uns wert.“
Architekt Marcus Sporer vom Aachener Büro Cross Architecture stellte den großen Wurf vor. „Eine große Treppenlandschaft als zentrales Element“ soll Besucher am Eingang gegenüber dem Rathaus begrüßen. „Da flaniert man dann hoch.“ Geradeaus geht es in die Markthalle, die auch einen Eingang an der Viktoriastraße bekommt. Dort soll es auch eine Bar geben.
Markthalle, Gastronomie und ein urbaner Garten auf dem Dach
In den Obergeschossen befinden sich VHS, Bibliothek, Seminarräume und Büroräume. Reichlich Tageslicht, das durch große Fenster und Lichtschächte ins Innere gelangt, soll das barrierefreie „Haus des Wissens“ durchfluten. Die offene Architektur ermöglicht einen guten Überblick. An der Ecke Willy-Brandt-Platz/ Viktoriastraße soll eine Gastronomie eröffnen.
Jury entscheidet über den Namen
„Haus des Wissens“ gilt bislang als Arbeitstitel für den umgebauten Telekomblock.
Bis zum Ratsbeschluss Ende Juni soll der endgültige Name feststehen. Eine 15-köpfige Jury wird diesen aussuchen. Neben Oberbürgermeister Thomas Eiskirch und einigen Dezernenten werden Kommunalpolitiker und vier zufällig ausgesuchte Bürgerinnen und Bürger dem Gremium angehören.
Auch WAZ-Leser hatten sich an Vorschlägen versucht: BoWissMarkt, CityCenter (CC), Haus der Möglichkeiten, place-bo, COM Bo, Rathaus-Karree und Bochumer Allerlei wurden genannt.
Den Arbeitstitel „Haus des Wissens“ zu übertrumpfen, dürfte gar nicht so leicht werden, heißt es aus Jurykreisen.
Freuen dürfen sich Bochums Bürgerinnen und Bürger nicht nur über Freianlagen an der Längsseite des Gebäudes zum Schlegelturm hin, sondern auch über urbane Gärten auf dem Dach des Gebäudes. Eine „Himmelstreppe“, Gartenlogen, in denen Gemüse und Obst angebaut werden kann, und ein Wandelgang unter großen Bäumen sind geplant. Sporer: „Man wird mitten im Grünen sitzen und nicht das Gefühl haben, in der Bochumer Innenstadt zu sein.“
Rück und Umbau des Telekomblocks beginnt Mitte 2022
Vorausgesetzt, die Politik stimmt zu, soll es Mitte nächsten Jahres losgehen – mit dem Rück- und Umbau des Telekomblocks. „60 Prozent der Decken müssen herausgenommen werden“, so Kulturdezernent Dietmar Dieckmann. Das 100 Jahre alte Gebäude muss zudem auf Schadstoffe untersucht werden. Die Stichworte hierzu lauten: PCB und Asbest.
Der Neubaustart ist für das 2. Quartal 2023 vorgesehen, fertig sein soll das „Haus des Wissens“ Ende 2026. Zwei Jahre zuvor, so kündigte Wirtschaftsförderer Ralf Meyer am Mittwoch an, werde man die Suche nach Betreibern von Markthalle und Gastronomie beginnen.