Bochum. Der fürchterliche Ukraine-Krieg stellt die Landespolitik in den Schatten. Die Kandidaten müssen im Wahlkampf auf der Straße manche Seele trösten.
Landespolitische Themen spielen im Vorfeld der Landtagswahl am Sonntag fast schon eine untergeordnete Rolle. Der Ukraine-Krieg stellt alles in den Schatten. Das jedenfalls berichten unisono Politiker von SPD, CDU und Grünen an ihren Wahlkampfständen in Bochum. Und auch beim Auftritt der Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht stehen die Folgen des russischen Verbrechens im Vordergrund.
Ukraine-Krieg ängstigt die Menschen und lenkt von Landtagswahl ab
„Jeder Zweite spricht über den Krieg. Die Menschen haben Angst“, sagt Christian Haardt. Der CDU-Kandidat im Wahlkreis 108 steht am orangefarbenen Stahlcontainer seiner Partei auf der Kortumstraße für Gespräche zur Landtagswahl bereit. Statt einer Bilanz von fünf Jahren Schwarz-Gelb ist aber Wladimir Putin Thema. Oder kleine Wahlgeschenke. „Haben Sie eine Waffel für die Kleine?“, fragt eine junge Mutter. Der Kandidat liefert, auch zwei Tütchen mit veganen Gummibärchen.
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Wenige Meter weiter berichtet Andrea Busche (SPD) ähnliches. Die Bewerberin im Wahlkreis 107 freut sich aber auch über Gespräche mit vielen jungen Leuten, die unzufrieden seien. „Die Jugendlichen wollen in der Schule besser aufs Leben vorbereitet werden“, sagt Busche. „Wie eröffne ich ein Bankkonto? Was ist bei einem Mietvertrag wichtig? Das sind Fragen, die nach der Schule anfallen und zu denen man nichts gelernt hat.“ Im neuen Landtag will sich Busche daher starkmachen für eine andere Schulpolitik.
„Kriegstreiber!“ Am Stand der Grünen auf der Huestraße berichtet Fraktionssprecher Sebastian Pewny von Beschimpfungen, die sich seine Partei in diesen Tagen anhören müsse. Der Kurswechsel der Grünen ist halt nicht jedermanns Sache. Lob gebe es aber auch für die Arbeit von „Robert und Annalena“. Ähnlich wie bei der SPD sei die Bildungspolitik in NRW ein Thema. „Viele fragen sich, wie das Schulsystem der Zukunft aussieht“, berichtet Pewny.
Wagenknecht fordert einen Preisdeckel für Energie
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Auf dem Dr.-Ruer-Platz steht derweil Sahra Wagenknecht auf der Bühne. 30 Minuten dauert die Rede der wohl prominentesten Politikerin der Partei „Die Linke“. Knapp 200 potenzielle Wählerinnen und Wähler hören Wagenknechts Kritik an rasant steigenden Preisen und spenden Beifall. Das Entlastungspaket aus Berlin sei seinen Namen nicht wert. „Das darf man der Regierung nicht durchgehen lassen!“, fordert sie. „Was machen die Menschen, die am Monatsanfang schon ein leeres Konto haben?“
Auch Wagenknecht verurteilt den Angriffskrieg Russlands. „Die Sanktionen aber schaden der russischen Wirtschaft weniger als uns“, sagt sie – und fordert einen staatlichen Preisdeckel für Energie. Die Mineralölkonzerne geißelt sie als Abzocker.
Wagenknecht weist zudem auf politische Widersprüche hin. Während Russlands Angst vor einer Nato-Mitgliedschaft angeblich unbegründet sei, seien die USA vehement gegen einen chinesischen Militärstützpunkt auf den Salomonen Südpazifik. „Hier wird mit zweierlei Maß gemessen.“
Die Landtagswahl ist in diesem Moment so weit entfernt wie die Inselgruppe im Südpazifik von Bochum oder „Die Linke“ vom Einzug in die Staatskanzlei in Düsseldorf.