Düsseldorf. Warum die Liberalen kurz vor der Landtagswahl die schwarz-gelbe Zusammenarbeit rühmen und dennoch Hürden zu SPD und Grünen abbauen.

Knapp vier Monate vor der Landtagswahl übt sich die nordrhein-westfälische FDP in einem beachtlichen Spagat. Beim digitalen Landesparteitag am Wochenende betonte der liberale Landesvorsitzende Joachim Stamp, zugleich Vize-Ministerpräsident der amtierenden schwarz-gelben Landesregierung, die aus seiner Sicht erfolgreiche Zusammenarbeit mit der CDU und den festen Willen zur Fortsetzung dieser Partnerschaft nach dem 15. Mai. Parallel zu den Treueschwüren machte sich die FDP mit dem beschlossenen 90-seitigen Wahlprogramm aber inhaltlich auffallend locker für eine Ampel-Koalition auch in Düsseldorf.

Bei der Landtagswahl 2017 erzielte die FDP mit 12,6 Prozent ein starkes Ergebnis. In ähnliche Dimensionen will man auch diesmal kommen und peilt Platz 3 an. Da CDU und SPD jedoch schwächeln, deutet aktuell alles auf ein Dreier-Bündnis hin: Jamaika- oder Ampel-Landesregierung. Die NRW-FDP will jeden Eindruck vermeiden, nach der Bundestagswahl ins linke Lager gewechselt zu sein. Nur so kann man weiter auf Zweitstimmen unzufriedener CDU-Stammwähler hoffen und den Bilanzstolz einer schwarz-gelben „Entfesselungspolitik“ mit 400.000 neuen sozialversicherungspflichtigen Jobs seit 2017 glaubwürdig zu Markte tragen.

Hürden zu möglichen Ampel-Partnern werden abgebaut

Unverkennbar werden jedoch im Wahlprogramm Hürden zu SPD und Grünen abgebaut. Stamp bekannte sich minutenlang zur Beitragsfreiheit in den Kitas und zu angestrebten 1000 Talentschulen in sozialen Brennpunkten - beides Gassenhauer des SPD-Oppositionsführers Thomas Kutschaty. Die Liberalen nahmen nach Jahrzehnten eisernen Kampfes sogar Abschied von Studiengebühren. Wie die Grünen will man jetzt auch einen unabhängigen Polizeibeauftragten, was bei der Union wenig Gegenliebe findet. Bei den heftig umstrittenen Straßenausbaubeiträgen für Eigentümer fuhr man dem CDU-geführten Kommunalministerium in die Parade: Die FDP fordert nun wie die SPD die Komplettabschaffung und distanziert sich von einer nicht einmal zwei Jahre alten schwarz-gelben Minireform.

Mehr Fremdeln mit Wüst als mit Laschet

Die liberalen Lockerungsübungen fallen in eine Phase, in der sich FDP und CDU in der Corona-Politik entfremden. Neu-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) wird anders als Amtsvorgänger Armin Laschet nicht als Bruder im Geiste einer liberalen Pandemie-Linie wahrgenommen. Atmosphärische Störungen sind überdeutlich. Der Chef der Jungliberalen, Alexander Steffen, machte daraus beim Parteitag keinen Hehl: „Wir sehen in Hendrik Wüst, der bei Corona bisher leider mehr Markus Söder als Armin Laschet gespielt hat, und der CDU in erster Linie einen Konkurrenten und keinen Verbündeten, und das muss im Wahlkampf klar werden.“