Bochum. In bester Citylage will die Stadt Bochum zwei Grundstücke verkaufen. Kritiker bemängeln, die Pläne zum Schutz von Natur und Klima reichten nicht.

Hinter verschlossenen Türen wird die Politik am Donnerstag im nichtöffentlichen Teil des Haupt- und Finanzausschusses über die Verkaufs- und Baupläne auf der attraktiven Innenstadtfläche nahe dem Bermudadreieck an der Kreuz- und Neustraße informiert. Nach Kritik des Bochumer Klimaschutzbündnisses werden nun immerhin Eckpunkte zum Klimaschutz öffentlich genannt. „Das reicht aber nicht“, so Ingo Franke vom Klimaschutzbündnis.

Verwaltung nennt Vertragsdetails zu Klima und Umwelt

Die Klimaschützer hatten eine Beschwerde an die Stadt gerichtet und angeregt, dass die Passagen des Kaufvertragsentwurfs, die Aspekte wie Klimaschutz und Klimaanpassung, Verwendung erneuerbarer Energien sowie Natur und Artenschutz betreffen, öffentlich gemacht werden. Dieser Anregung folgt die Stadt nun.

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Demnach sieht das städtebauliche Grobkonzept, das nach Informationen dieser Zeitung von NRW.Urban erstellt wurde, u.a. vor, dass fünf der zwölf Bäume an der Neustraße erhalten bleiben. Zu dem Konzept gehört „ein detailliertes, einheitliches und bindendes Begrünungskonzept“, wie es heißt – mit Innenfreiraum sowie ausgeprägten Fassaden- und Dachbegrünungen und Photovoltaikanlage.

Fünf Bäume an der Neustraße sollen stehen bleiben

Für das Grundstücksgeschäft an der Neustraße sollen u.a. folgende Vertragsbestandteile gelten: Der Abstand des drei- bis fünfgeschossigen Neubaus, zu dem eine Tiefgarage gehört, „wird so geplant, dass sich der natürliche Zuwachs der angrenzenden Rotbuche nicht negativ auf dessen Gesundheit auswirkt und die Krone als natürlicher Schattenspender für die geplante Dachterrasse dient“, heißt es in einer Verwaltungsvorlage. Geplant ist auf dem Areal, auf dem der Bioschokoladenhersteller Ecofinia seinen Verwaltungssitz nehmen will, auch eine Terrasse für eine Außengastronomie.

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Ein Vorschlag: Verpachten statt verkaufen

In einem weiteren offenen Brief regt das Bochumer Klimaschutzbündnis an, den Verkauf der Grundstücke an der Kreuz- und Neustraße „nicht zu überstürzen“. Elf konkrete Punkte sollten nach seiner Ansicht in den Verträgen berücksichtigt werden.

Gefordert wird u.a., die Grundstücke nicht zu verkaufen, sondern zu verpachten, alle Pkw-Stellplätze mit E-Ladesäulen auszustatten, mindestens 50 Prozent der Fassaden zu begrünen, die unverschatteten Dachflächen komplett zu begrünen und die gesamte nicht bebauten Fläche zu 100 Prozent unversiegelt zu lassen. Die im Zentrum des gesamten Areals vorgesehene Feuerwehraufstellfläche soll als Blühwiese angelegt werden.

„Die fünf in das Konzept integrierten Bestandsbäume an der Neustraße ermöglichen eine Abkühlung des Café-Bereiches sowie des angrenzenden Gebäudes an der Neustraße“, so der Wortlaut in der Vorlage. Die Innenhofflächen sollen großzügig begrünt und mit einer standortgerechten Artenauswahl bepflanzt werden.

Verkaufserlös könnte bei etwa 520.000 Euro liegen

Keine öffentlichen Angaben gibt es über den Kaufpreis für die beiden Grundstücke. Der durchschnittliche Preis für unbebaute Gewerbegrundstücke liegt in Bochum momentan bei 79 Euro je Quadratmeter, der Spitzenpreis lag 2021 bei 171 Euro. Das ist im aktuellen Grundstücksmarktbericht nachzulesen. Angesichts der guten Lage unweit der Bermudadreiecks dürfte eher ein Preis über dem Durchschnitt in Frage kommen. Bei angenommenen 100 Euro je Quadratmeter würde die Stadt für die 5200 Quadratmeter also beim Verkauf 520.000 Euro einnehmen.

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Klimaschutzbündnis fordert konkretere Vereinbarungen

Mehrere Monate dauert der Abriss an der Kreuzstraße. Die Gebäude der ehemaligen Firma Gustav Schwager wurden dort abgerissen. Zwei IT-Startups aus Bochum wollen sich dort niederlassen.
Mehrere Monate dauert der Abriss an der Kreuzstraße. Die Gebäude der ehemaligen Firma Gustav Schwager wurden dort abgerissen. Zwei IT-Startups aus Bochum wollen sich dort niederlassen. © FUNKE Foto Services | Svenja Hanusch

Ähnliche Bestandteile wie an der Neustraße sieht der Vertrag auch für das Grundstücksgeschäft an der Kreuzstraße vor: Auf dem etwa 3000 Quadratmeter großen Gelände, wo im Auftrag der Bochum Wirtschaftsentwicklung (WEG) monatelang die Altgebäude der „Firma Gustav Schwager Nachf.“ abgerissen wurden und der Boden saniert wurde, gelten die genannten Rahmenbedingungen etwa in Sachen Dach- und Fassadenbegrünung. Auch dort ist eine „großzügige Begrünung des Innenraums“ vorgesehen, die Planung geht von 1380 Quadratmeter Grünfläche aus. Der Lageplan sieht ebenfalls fünf Bäume vor, die neu gepflanzt werden müssten. Die beiden IT-Startups Salesviewer und 9Elements haben nach eigenem Bekunden „großes Interesse, sich an der Kreuzstraße niederzulassen“.

Kritiker fordern konkrete Vereinbarungen

Aus Sicht des Klimaschutzbündnisses reichen diese Vereinbarungen nicht aus. „Die Vorschläge, die die Verwaltung gemacht hat, sind so unkonkret, dass später gar nicht genau beurteilt werden kann, ob sie umgesetzt wurden oder nicht“, so Bündnissprecher Ingo Franke.

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Die Klimaschützer begrüßen zwar, „dass ein kompletter Kahlschlag, wie noch zu Beginn der Vermarktungsaktivitäten von der Bochumer WEG in Kauf genommen, nunmehr vom Tisch ist“, wie es in einem weiteren offenen Brief heißt. Aber damit ein noch vorzulegendes Begrünungskonzept „keine bloße Alibifunktion“ habe, müssten Maßnahmen konkret festgelegt werden und auch Bestandteil der Kaufverträge sein. „Schlupflöcher“ dürfe es nicht geben.