Bochum. Die ersten ukrainischen Kinder sitzen nun in Bochums Schulen. Die Solidarität ist enorm – gleichzeitig ist man sich der Herausforderung bewusst.

Die ersten Schülerinnen und Schüler aus der Ukraine haben Platz genommen in den Schulen in Bochum. Fünf sitzen beispielsweise in den Klassen des Neuen Gymnasiums, vier in denen der Goethe-Schule. Auch an der Märkischen Schule wartet man auf die ersten Kinder und Jugendlichen aus der Ukraine, die ankommen werden. „Wir gehen an die äußersten Grenzen, was die Kapazitäten angeht. In einer Notsituation wie dieser muss man zusammenrücken“, verdeutlichen die Leitungen dieser Schulen stellvertretend für die Gymnasien in einem Gespräch.

Unklar, wie viele ukrainische Kinder und Jugendliche aus der Ukraine kommen

Rund 2000 Plätze gibt es an den Schulen in Bochum laut Stadtverwaltung für die geflüchteten Kinder, von der Grundschule bis hin zum Berufskolleg. Die Vermittlung übernimmt das Kommunale Integrationszentrum. Wie viele Schülerinnen und Schüler bald einen Platz brauchen, kann zum jetzigen Zeitpunkt niemand sagen – und so weiß auch niemand, was genau auf die Schulen zukommt.

„Vor uns liegt ein langer Prozess, für den wir Unterstützung brauchen“, verdeutlicht Peter Müller, Leiter der Goethe-Schule. Das fängt an bei Lehrerkräften, beinhaltet aber auch den Aspekt, dass viele der Kinder und Jugendlichen, die aus der Ukraine geflohen sind, traumatisiert sind. „Das wird zunehmen, weil wir Schüler aufnehmen werden, die den Krieg über Wochen erlebt haben“, so Müller.

Kommunales Integrationszentrum vermittelt Flüchtlingskinder

Bochum- Weitere acht Millionen Euro FlüchtlingskostenDie Kinder und Jugendlichen, die bisher am Neuen Gymnasium und an der Goethe-Schule angekommen sind, sprechen Deutsch. „Das sind Familien, die schon vorher eine Beziehung zu Deutschland hatten oder deren Kinder an einer deutschen Schule in der Ukraine gelernt haben“, erklärt Oliver Bauer, Schulleiter des Neuen Gymnasiums. Die Anfragen kamen unmittelbar nach dem Krieg, oft von Bekannten oder Verwandten.

Für die Vermittlung der Ukraine-Flüchtlinge ist in Bochum das Kommunale Integrationszentrum zuständig. Die Zusammenarbeit läuft wirklich gut“, bestätigt Kerstin Guse-Becker. Sie sei unkompliziert, die Schulen würden Listen erhalten, auf denen zum Beispiel steht, wie gut die Deutschkenntnisse sind – zudem findet eine Zuordnung nach Jahrgangsstufen statt. Das Kommunale Integrationszentrum kümmert sich auch um die Anerkennung von Zeugnissen. Der Vorteil: Das ukrainische und deutsche Schulsystem ähneln sich sehr.

Integration in die Regelklassen

Es gibt drei Optionen, wie die Schülerinnen und Schüler aus der Ukraine am Unterricht teilnehmen. Gerade wenn die Deutschkenntnisse schon sehr gut sind, kommen sie komplett in eine Regelklasse. Eine Alternative ist die sogenannte Teil-Integration: Die Kinder und Jugendlichen besuchen normale Klassen, haben aber einige Stunden Deutsch-Unterricht – zusammen mit anderen Flüchtlingen. Die letzte Möglichkeit ist eine separate Klasse. „Dagegen haben wir uns bewusst entschieden. Die Kinder sollen ankommen und Freundschaften aufbauen“, erklärt Peter Müller von der Goethe-Schule.

So plant die Stadtverwaltung

Die Stadt schätzt, dass mindestens 30 Prozent der Flüchtlinge aus der Ukraine Kinder und Jugendliche sein könnten. 2000 freie Plätze haben die Schulen – von der Grundschule bis hin zum Berufskolleg – für die jungen Ukrainer zur Verfügung gestellt.

„Die Schulen sind bis an die Schmerzgrenzen gegangen, wie viel man in die Klassen packen könnte“, so Schulverwaltungsamtsleiter Stephan Heimrath im Schulausschuss Ende März. Dafür sei man dankbar. Gleichzeitig könne es sein, dass diese Anzahl an Plätzen nicht ausreicht. Auch hier gibt es bereits eine Idee, die aber eher als Notlösung gesehen wird: An den beiden Sekundarschulen könnten ukrainische Klassen eingerichtet werden, da es hier noch etwas Platz gebe.

Wie wichtig der Besuch der Schule für die Kinder und Jugendlichen ist, verdeutlicht zudem auch Kerstin Guse-Becker, Leiterin der Märkischen Schule: „Sie müssen das normale Schulleben erleben, die Normalität hilft gegen Traumata.“ Sie und ihre Kollegen der anderen Schulen sprechen aus Erfahrung – kennen die Situation noch aus dem Jahr 2015. Außerdem gibt es die Unterstützung von Schulseelsorgern und der Bezirksregierung.

Ukraine-Krieg ist in Schulen allgegenwärtig

Bochum wird gesammelte Spenden für Geflüchtete verdoppelnDas Thema Ukraine-Krieg ist an den Gymnasien in Bochum allgegenwärtig – in unterschiedlichen Unterrichtsfächern, außerdem gibt es unzählige Solidaritätsaktionen: die Unterstützung der Gesellschaft Bochum-Donezk, Peace-Zeichen, die auf den Schulhöfen geformt wurden, das Sammeln von Geld- und Sachspenden. „Toll ist, dass viele junge Menschen für dieses Thema brennen“, sagt Oliver Bauer vom Neuen Gymnasium. Kerstin Guse-Becker ergänzt: „Trotz der ganzen Anstrengungen gibt es einen positiven Effekt für die ganze Schulgemeinschaft. Dass man etwas tun und anpacken kann, ist durchaus etwas Schönes.“