Bochum. Die Stadt Bochum bereitet sich vor, Kinder aus der Ukraine auf die Schulen zu verteilen. Eine große Hürde: Keiner weiß bisher, wie viele es sind.

Rund 1500 Menschen, die aus der Ukraine geflohen sind, sind in Bochum bisher offiziell erfasst – darunter gut 400 Kinder. Die Zahl der Ukrainer, die seit kurzer Zeit hier leben, dürfte aber deutlich höher sein, weil sie sich nicht direkt registrieren lassen müssen. Sobald Kinder aber hier gemeldet sind, müssen sie auch in die Schule gehen. Die Stadtverwaltung beschäftigt sich deshalb intensiv mit der Frage: Was kommt auf die Schulen in Bochum zu?

Wie viele Ukrainer besuchen Bochums Schulen künftig? Antwort nicht möglich

„Wir haben versucht, einen Überblick zu bekommen. Doch es gibt keine klare Lage“, erläuterte Schulverwaltungsamtsleiter Stephan Heimrath in der Sitzung des Schulausschusses am Dienstag, 22. März. Das gehe nicht nur Bochum so, sondern allen Städten und Kommunen.

Man arbeite derzeit mit der Zahl, dass rund 30 Prozent, der geflüchteten Ukrainer schulpflichtig sind. „Das ist aber eine erste Arbeitshypothese, die mit Vorsicht zu genießen ist, das kann sich noch verändern“, betont Heimrath. Das macht deutlich: Eine konkrete Planung ist für das Schulverwaltungsamt derzeit kaum möglich.

Flüchtlingsrat NRW- „Land muss Ausländerbehörden entlasten“Die Stadt hat aber bereits eine Auflistung aller Schulen im Stadtgebiet erhalten– aufgeschlüsselt nach Jahrgangsstufen. „Wir haben knapp 2000 freie Schulplätze gemeldet bekommen“, so Heimrath, der von einer großen Loyalität spricht. Auch private Schulen hätten viele Plätze angeboten.

„Die Schulen sind bis an die Schmerzgrenzen gegangen, wie viel man in die Klassen packen könnte.“ Auch Schuldezernent Dietmar Dieckmann verdeutlicht: „Ich bin wirklich dankbar, dass die Schulen uns so unterstützen.“ Dass die Schulen bei der Angabe der freien Plätze an ihre Grenze gegangen sind, wolle und dürfe man aber keinesfalls ausnutzen, betont er.

Erste ukrainische Kinder sitzen schon in Bochums Schulklassen

Ziel ist es, die Schülerinnen und Schülern in den Regelklassen zu integrieren – die ersten Kinder aus der Ukraine sitzen bereits in den Bochumer Klassen. So zum Beispiel an der Lina-Morgenstern-Schule, am Dienstag wurde hier das erste Kind aufgenommen. „Der Kontakt wurde über ehemalige Eltern hergestellt“, erklärt Schulleiter Paul Roos. Die Eingangsklassen seien nun mehr als voll, in der dritten und vierten Klasse könnten noch Schülerinnen und Schüler aufgenommen werden.

Roos: „Uns wurden bereits Links mit Material zur Verfügung gestellt, auch in ukrainischer Sprache.“ Zudem habe die Schule eine Mail von einem ukrainischen Lehrer bekommen, der seine Hilfe angeboten hat. Die Kommunikation mit dem Schulamt und dem Kommunalen Integrationszentrum, das die Kinder und Jugendlichen den Schulen zuweist vermittelt, laufe gut.

An der Anne-Frank-Realschule wartet man derzeit auf die ersten Flüchtlingskinder aus der Ukraine – wie auch an anderen Schulen in Bochum.
An der Anne-Frank-Realschule wartet man derzeit auf die ersten Flüchtlingskinder aus der Ukraine – wie auch an anderen Schulen in Bochum. © FUNKE Foto Services | Dietmar Wäsche

Auch an den weiterführenden Schulen bereitet man sich vor, zum Beispiel an der Anne-Frank-Realschule. „Wir verfügen über reichlich Erfahrungswerte“, sagt Schulleiterin Joan M. Krebs-Schmid. Schon vor der Flüchtlingswelle gab es hier sogenannte DaF-Klassen (Deutsch als Fremdsprache), die bis heute beibehalten wurden. Acht Plätze sind hier derzeit frei für Kinder und Jugendliche aus der Ukraine, an anderen Schulen seien es sogar mehr. Hinzu kommen Kapazitäten in den normalen Klassen.

Bochumer Tierschützerinnen retten Katzen und Hunde aus KiewDie Courage-AG bereite derzeit eine Begrüßung für die neuen Schülerinnen und Schüler vor, ebenso habe sich eine sogenannte „Willkommens-Gruppe“ aus Lehrkräften gebildet – neben weiteren Solidaritätsaktionen wie zum Beispiel dem Sammeln von Spenden.

Zuteilung der Schülerinnen und Schüler ist herausfordernd

Wer welche Schule besucht, hängt auch davon ab, wo die Familien untergebracht sind. Doch: „Eine große Schwierigkeit ist, dass wir gar nicht wissen, wo Familien in den nächsten Wochen eine dauerhafte Unterkunft finden“, erklärt Gerhard Blaschke aus dem Schulverwaltungsamt. So könnte es sein, dass auch ein Schulwechsel notwendig ist – wenn das dauerhafte Zuhause der Familie zu weit von der Schule entfernt ist.

Lehrerverband fordert Hilfe für Schulen

Um den geflüchteten Kindern aus der Ukraine gerecht zu werden, hat der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, Heinz-Peter Meidinger, rasche Hilfen für die Schulen gefordert. „Es ist eine einfache Rechnung: Wenn wir einmal von 250.000 geflüchteten Kindern, die nach Deutschland kommen könnten, ausgehen, brauchen wir dafür 10.000 bis 15.000 Lehrer mehr“, sagte Meidinger dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.

Es sei eine richtige Idee, ukrainische Lehrkräfte einzubinden. Diesbezüglich gebe es auch in Bochum schon zahlreiche Anfragen – von Personen die neben Ukrainisch und/oder Russisch auch Deutsch und/oder Englisch sprechen, so die Stadtverwaltung.

Schulverwaltungsamtsleiter Stephan Heimrath erklärte im Schulausschuss, dass man in Bochum trotz der vielen Plätze, die Schulen angeboten haben, schnell an Grenzen kommen könnte. „Zum Beispiel, wenn besonders viele Kinder im Grundschulalter kommen.“

Auch hier gibt es bereits eine Idee, die aber eher als Notlösung gesehen wird: An den beiden Sekundarschulen könnten ukrainische Klassen eingerichtet werden, da es hier noch etwas Platz gebe. „Das wäre pädagogisch aber nicht mehr so wertvoll“, verdeutlicht Schuldezernent Dieckmann.

Schulen in Bochum haben 2000 Plätze für FlüchtlingskinderErnst Steinbach (SPD), Vorsitzender des Schulausschusses, resümierte am Ende dieses Punktes im Schulausschuss, dass es sich hierbei um keine einfache Sache handle: „Ich wünsche allen Beteiligten, dass das gelingt“, sagte er.