Bochum. Die Initiative „Radentscheid Bochum“ nimmt es nicht hin, dass ihr Bürgerbegehren unzulässig sein soll. Und sie erfährt Unterstützung.
Die Fahrrad-Initiative „Radentscheid Bochum“ wird sich mit der Einschätzung eines von der Stadt beauftragten Rechtsgutachtens, dass ihr Bürgerbegehren zur Stärkung des Radverkehrs in Bochum „unzulässig“ sei, nicht abfinden.
Der externe Gutachter hatte „formale Mängel“ bei der Abstimmungsfrage und den Inhalten der Forderungen festgestellt. Dem Rat soll am 1. April in einer Sondersitzung, eine Beschlussvorlage vorgelegt werden, in dem die Unzulässigkeit des Bürgerbegehrens festgestellt wird. Allerdings: 17.000 Menschen in Bochum haben für die Ziele des Radentscheids ihre Unterschrift abgegeben – mehr als nötig, um eine positive Entscheidung des Rates oder andernfalls eine Bürgerabstimmung („Bürgerentscheid“) herbeizuführen.
Bochumer Initiative „Radentscheid“ plant eine Vollversammlung und öffentliche Aktionen
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Die Initiative „Radentscheid“ prüft jetzt, ob sie den Klageweg betritt. Für den 30. März hat sie eine „Vollversammlung“ anberaumt, auf der „weitere Schritte“ besprochen werden. Auf der Ratssitzung am 1. April wird es „eine Aktion“ geben, weitere schon in den nächsten Tagen.
Bochum- Viertes „Geisterrad“ erinnert an toten Radfahrer„Wenn man das Gutachten jetzt liest, kann man sich schon fragen: Wofür hätten wir denn eigentlich ein Bürgerbegehren einreichen dürfen? Ist es dann überhaupt möglich, mit dem Mittel der direkten Demokratie auf die umfassende Verbesserung der Radverkehrssituation hinzuwirken?“, so Radentscheid-Vertreter Benedikt Edeler.
Bochumer Radinitiative sieht „eine breite stadtgesellschaftliche Rückendeckung“
Die Stadt hatte der Initiative vorgeworfen, ihr Angebot einer frühen Zulässigkeitsprüfung nicht angenommen zu haben. Die Initiative kontert aber, dass sie sich vor Einreichung des Bürgerbegehrens schon selbst unabhängig juristisch habe beraten lassen. Edeler: „Jetzt sind wir eher froh darüber, dass wir die Prüfung der Zulässigkeit nicht schon vor dem Sammeln der Unterschriften beantragt haben. So hatten wir die Gelegenheit, ein halbes Jahr lang positive Stimmung für das Thema zu verbreiten, eine breite stadtgesellschaftliche Rückendeckung aufzubauen und eine politische Debatte in Gang zu setzen.“
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Außerdem erklärt die Initiative, dass derselbe Gutachter im Jahr 2020 bereits ein Radentscheid-Bürgerbegehren in Bielefeld für unzulässig erklärt habe. Aber: „Ein Gegengutachten erwirkte eine vertragliche Vereinbarung zu den Zielen des Radentscheids mit dem Stadtrat.“ Und in anderen Städten seien die Radentscheide, die dem Bochumer sehr ähnelten, auch durchgekommen.
ADFC Bochum fordert einen „breit getragenen politischen Kompromiss“
Der ADFC erklärte: „Die Feststellung der formalen Unzulässigkeit entbindet niemanden aus der Verantwortung, eine gemeinsame Lösung zu finden.“ Der Fahrrad-Club hofft, dass es wie in Bielefeld auch in Bochum noch „zu einem breit getragenen politischen Kompromiss“ kommt. „In Anbetracht der vielen geleisteten Unterschriften und des hiermit manifestierten Bürgerwillens würden wir es sehr begrüßen, wenn sowas auch noch in Bochum möglich ist.“
Die SPD arbeitet für die Ratssondersitzung einen „Dringlichkeitsantrag“ aus. Darin sollen die Ziele des Radentscheides „zu großen Teilen“ übernommen werden. „Wir hoffen, dass unser Antrag von möglichst vielen Fraktionen getragen wird und damit den Willen der etwa 17.000 Menschen aufgreift, die den Radentscheid mit ihrer Unterschrift unterstützt haben“, sagt Burkart Jentsch, Vorsitzender der SPD im Rat.
Linke in Bochum: „Endlich auf Vollgas schalten“
Die Bochumer Links-Fraktion unterstützt den Radentscheid weiterhin. „Es bleibt dabei, dass Bochum beim Ausbau der Radinfrastruktur endlich auf Vollgas schalten muss“, so Fraktionschef Horst Hohmeier.
Die Grünen haben neben dem städtischen Rechtsgutachten sogar ein eigenes erstellen lassen – mit demselben Ergebnis. Fraktionschefin Barbara Jessel sagt aber: „Zwar ist der Radentscheid formal unzulässig, aber das soll uns im Stadtrat ja nicht daran hindern, die Aspekte des Radentscheids, die mehrheitsfähig bzw. konsensfähig sind, in einem Antrag zu beschließen.“
„Stadtgestalter“: „SPD stemmt sich mit aller Macht gegen den Bürgerentscheid“
Volker Steude von den „Stadtgestaltern“ meint: „Tausende von Bürgern haben das vorliegende Begehren unterschrieben. Die Stadtverwaltung straft das mit inhaltlicher Missachtung und schwachen formalen Argumenten. Die SPD stemmt sich mit aller Macht gegen den Bürgerentscheid zur Radverkehrspolitik.“
Schon bei der Schätzung der Kosten für die Umsetzung der Radentscheid-Ziele (425,5 Millionen Euro) habe die Verwaltung versucht, das Bürgerbegehren „zu torpedieren“ – indem „ein Vielfaches“ der üblichen Kosten veranschlagt worden sei.