Bochum. Bochum muss Radfahrende besser schützen, so der Tenor einer Gedenkveranstaltung. Nach dem Tod eines Radfahrers wurde ein „Ghostbike“ aufgestellt.

Zum vierten Mal wurde in Bochum ein „Ghostbike“, ein sogenanntes Geisterrad, für einen verstorbenen Fahrradfahrer aufgestellt. Das weiß lackierte Rad steht seit Samstag an der Dorstener Straße, Ecke Widumestraße, in der Innenstadt. Dort war am vergangenen Dienstag ein 69-jähriger Radfahrer bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen.

Viertes „Ghostbike“ erinnert an tödlichen Radunfall

„Dass trotz des nasskalten Wetters so viele Fahrradfahrende gekommen sind, weist deutlich auf ein zunehmendes Interesse der Bevölkerung für das Thema hin“, sagt Jutta Schröder von der Initiative „urbanradeling.de“. 60 Teilnehmer waren gekommen: „so viele wie noch bei keinem anderen Ghostbike-Korso in Bochum zuvor“, so Schröder. Sie fuhren – von der Polizei begleitet – vom Rathaus zur Unglücksstelle.

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Die drei weiteren „Ghostbikes“ stehen in Wattenscheid (August 2016), Gerthe (Oktober 2019) und Langendreer (Oktober 2021). Die Aktion ist in den USA entstanden. 2009 wurden erstmals auch in Deutschland Geisterräder aufgestellt.

Situation für Radfahrer kurzfristig verbessern

Es gehe nicht darum, Schuldige zu suchen und zu verurteilen, so Marek Nierychlo vom Radentscheid am Samstag bei dem Gedenken an den verunglückten Radfahrer. Fahrradunfälle seien ein strukturelles Problem, wenn die verkehrstechnische Infrastruktur keine menschlichen Fehler berücksichtige.

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Erneut wurde gefordert, unkonventionelle Wege zu beschreiten, um die Situation für Radfahrende kurzfristig zu verbessern. Als Beispiel wurden Pop-Up-Radwege genannt. Vor einigen Wochen hatte die Radentscheid-Initiative eine Liste mit 17.000 Unterschriften an Oberbürgermeister Thomas Eiskirch (SPD) überreicht. Das Ziel: ein besseres Radwegenetz in Bochum.

Jüngste Studienergebnisse berücksichtigen

Dabei müsse die Stadt, so Gerlinde Ginzel, die Vorsitzende des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) Bochum, in ihrer Ansprache am Samstag, auch jüngste Studienergebnisse berücksichtigen. Ein Radwegstreifen zwischen einer vielbefahrenen Straße und Kfz-Parkplätzen entspreche nicht mehr den neuesten Erkenntnissen einer zeitgemäßen Radwegeplanung.

Aus Sicht der Urbanradeling-Initiative müsse das Fahrradfahren im Straßenverkehr sicherer werden. „Nicht ohne Grund fahren unsichere Menschen lieber auf Fußwegen und Bürgersteigen als auf der Straße Fahrrad“, so Jutta Schröder.

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Mehr Tempo-30-Zonen einrichten

Als gutes Vorbild für den Umbau des Straßen- und Radwegenetzes nennt sie die Niederlande. Dort seien die Verkehrsregelungen dem Fahrradfahren angepasst. „Es gibt breite Fahrradstraßen, vom Autoverkehr gut abgetrennte Fahrradwege und geschwindigkeitsreduzierte Zonen. Ein Umdenken ist also machbar.“ Das könne auch in Bochum gelingen, etwa indem Tempo-30-Zonen eingerichtet werden.

Auf einem Anhänger wurde das Ghostbike zur Gedenkstelle transportiert.
Auf einem Anhänger wurde das Ghostbike zur Gedenkstelle transportiert. © FUNKE Foto Services | Bastian Haumann

Die Stadt könne am Modellprojekt des Deutschen Städtetags teilnehmen, Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit außerhalb von Hauptstraßen einzuführen. Auf Einfallstraßen und Verkehrsadern mit Tempo-50-Regelungen könnten besser gesicherte und baulich abgetrennte Radwege eingerichtet werden.

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Vorschlag: Bochum soll Städteinitiative beitreten

Sieben Städte haben die „Initiative für städteverträglicheren Verkehr – Lebenswerte Städte durch angemessene Geschwindigkeiten“ gegründet, darunter Münster. Bislang 63 Kommunen unterstützen nach Angaben des Städtetags diese Initiative.

Bochum sei zwar seit 2016 Mitglied in der Arbeitsgemeinschaft fußgänger- und fahrradfreundlicher Städte, Gemeinden und Kreise in NRW (AGFS). Die Stadt tue sich aber noch schwer damit, dem eigenen Anspruch einer fahrrad- und fußgängerfreundlichen Stadt gerecht zu werden. So habe sich nach dem tödlichen Unfall eines Radfahrers im November 2016 auf der Bahnhofstraße in Wattenscheid im Kreuzungsbereich an A 40-Auffahrt nichts geändert. „Die Gefahrenstelle ist geblieben“, so Jutta Schröder.