Bochum. Mehr als 1500 Menschen aus der Ukraine sind bislang nach Bochum gekommen. Es drohen wieder Unterbringung in Turnhallen und Containern.
Zwischen 50 und 100 Menschen, die vor dem Krieg in der Ukraine flüchten, kommen in diesen Tagen täglich in Bochum an. Und sie wollen – zumindest vorerst – in der Stadt bleiben. 1540 Ukrainerinnen und Ukrainer sind bis zu diesem Montag neu in der Stadt.
Keine weiteren Flüchtlingseinrichtungen vorgehalten
Viele von ihnen sind bei Verwandten und Freunden untergekommen, etliche auch dank spontaner Hilfsaktionen von Bochumerinnen und Bochumern. Aber längst wird klar, dass wie schon in der Flüchtlingskrise 2015/16 in kurzer Zeit eine große Zahl an Schlafplätzen geschaffen werden muss. Denn: Anders als noch vor ein, zwei Jahren erwogen, wurde von den zwischenzeitlich aufgebauten großen Unterbringungskapazitäten mit mehreren Tausend Betten nur wenig für mögliche neue Krisenfälle als Reserve vorgehalten. So wurden allein 2018 fünf Flüchtlingseinrichtungen mit einer Kapazität von 959 Plätzen geschlossen. Nach Absprache mit dem Land so hieß es damals, sollten noch 1008 freie Plätze vorgehalten werden.
Nun ist es so, dass die eigentlich schon zum Abriss vorgesehene frühere Erstaufnahmeeinrichtung an der Unterstraße in Langendreer wieder genutzt wird, von den dort 372 zur Verfügung stehenden Plätzen sind bereits 200 belegt. In den Hotels H+ und Citymass, dem früheren Kolpinghaus Wattenscheid, wurden Zimmerkontingente gemietet, die VBW stellt 30 möblierte Wohnungen zur Verfügung. Aber das reicht längst nicht, händeringend wird nach weiteren Unterkünften gesucht.
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4000 bis 5000 Ukrainer könnten nach Bochum kommen
Erwogen wird etwa, das ehemalige St. Josefs-Krankenhaus des Helios-Konzerns in Linden zu nutzen. Auch Studentenwohnheime oder andere Einrichtungen könnten in Frage kommen. Denn: Wenn NRW-Integrationsminister Joachim Stamp (FDP) mit seiner Vermutung recht behält, dass eine Million Menschen aus der Ukraine nach Deutschland kommen, „würde das 4000 bis 5000 Personen für Bochum bedeuten“, so Sozialdezernentin Britta Anger. Wobei Bochum immer noch vom LEA-Bonus profitiert. Da die Landeserstaufnahmeeinrichtung in der Stadt angesiedelt ist, werden 1000 geflüchtete Personen von dem Kontingent abgezogen, das Bochum, nach dem Königssteiner Schlüssel aufzunehmen hätte.
CDU: 500.000 Euro für „Sondertopf Flüchtlingsarbeit“
Eine bessere Unterstützung der freiwilligen Arbeit von Ehrenamtlichen, die sich bei der Begrüßung und Betreuung von Menschen aus der Ukraine engagieren, mahnt die CDU-Fraktion im Rat an. So fordert sie einen durchgehend besetzten Infopoint am Hauptbahnhof. „Die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer stoßen an ihre Grenzen und brauchen nun eine Stadtverwaltung, die ihnen unter die Arme greift“, so der sozialpolitische Sprecher der CDU-Fraktion Kenan Yildiz.
Außerdem schlägt die CDU einen Shuttleservice für die Abendstunden und die Nachtzeit vor, um ankommende Flüchtlinge schnell zu ihrem Zielort zu bringen. Um die Lage an der zentralen Aufnahmestelle zu entzerren, solle direkt am Bahnhof eine Unterkunftsmöglichkeit geschaffen werden.
Für die Helfer fordert die CDU kostenlose Parkmöglichkeiten. Ehrenamtliche, die Tag und Nacht Flüchtlinge mit dem Auto transportieren, sollten einen Tankgutschein im Wert von 100 Euro erhalten.
Die Fraktion schlägt außerdem einen „Sondertopf“ in Höhe von 500.000 Euro vor, um Vereine und Verbände zu unterstützen, die in der Flüchtlingsarbeit aktiv sind.
Aber ganz gleich, ob 4000 oder 5000 Menschen, für diese Anzahl gibt es – zumindest momentan – noch nicht genug Platz. „Es kann sein, dass es wieder zu Notsituationen kommt“, so die Sozialdezernentin und schließt eine erneute, vorübergehende Nutzung von Turnhallen zur Unterbringung der Menschen aus der Ukraine nicht aus. Das hänge auch von dem Tempo ab, in dem die Menschen nun nach Bochum kommen. „Afghanistan, Syrien – ja. Aber mit der Ukraine hat doch niemand gerechnet“, so Anger.
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Mehr als 100 Container werden anderweitig genutzt
Leerstehende Einrichtungen, wie etwa eine komplette Flüchtlingsunterkunft mit mehreren Hundert Plätzen gibt es nicht. Wohl aber eine Reihe von bereits vorbereitenden Flächen, die z.B. mit den notwendigen Versorgungsleitungen und mit festem Untergrund ausgestattet sind und die als Standorte für Container- und/oder Zeltdörfer in Frage kommen. Nach Auskunft der Dezernentin arbeitet die Verwaltung dazu gerade eine Vorlage aus. Da es in vielen anderen Städten in Deutschland ähnlich aussehen dürfte, droht ebenfalls wie 2015/16 also erneut ein Run auf Unterkünfte, die bestellt werden müssen und deren Lieferzeit einigen Monate betragen könnte. 138 Container, die ursprünglich für die Unterbringung von Flüchtlingen in drei unterschiedlichen Einrichtungen vorgesehen waren, wurden 2017 anderweitig genutzt. Allein 109 von ihnen wurden an elf Schulen als Unterrichtsräume verwendet, weitere knapp 100 zunächst gelagert.
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Etwa 5000 Geflüchtete sind in Bochum geblieben
Weiterhin von der Stadt betreut werden 1499 Flüchtlinge aus 50 Ländern; darunter 260 aus Syrien, 252 aus Afghanistan und 121 aus dem Irak. Die meisten von ihnen sind untergebracht in Flüchtlingseinrichtungen in Querenburg (273), Höntrop (250), Harpen-Rosenberg (200) und Langendreer (181). Sozialdezernentin Britta Anger schätzt, dass etwa 5000 Menschen, die mit Beginn der Flüchtlingskrise 2015/16 nach Bochum gekommen sind, heute in der Stadt leben.