Bochum. Papier sparen will die Stadt Bochum in den nächsten Jahren. Aktuell aber schreibt sie eine riesige Papiermenge aus, mehr als noch 2020 und 2021.
Papierlos soll die Verwaltung der Stadt Bochum werden. 80 Prozent ihrer Dienstleistungen will sie bis 2030 online anbieten. Noch aber entpuppt sich die Bürokratie als Papiermonster. Die Stadt hat eine Jahreslieferung von 27,3 Millionen Blatt Papier ausgeschrieben; davon 27 Millionen Blatt im DIN-A4-Format. Das sind 7,3 Millionen Blatt Papier mehr als bislang verbraucht wurden. Es scheint so zu sein, dass die Digitalisierung langsamer voranschreitet als gewünscht.
Stadt Bochum erwartet ähnliche hohen Papierverbrauch wie vor Corona
Erklärt wird die hohe Papierbestellung so: 2019 wurden 23,3 Millionen Blatt Papier benötigt und abgerufen, heißt es in der Verwaltung. „In den folgenden Jahren ist der Papierverbrauch insbesondere durch die Corona-Pandemie und Teleheimarbeit gesunken. Da jedoch absehbar damit zu rechnen ist, dass z. B. Veranstaltungen im Jahr 2022 wieder anlaufen werden, ist davon auszugehen, dass es zu einem vergleichbaren Papierverbrauch wie im Jahr 2019 kommen wird.“
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Außerdem habe die Pandemie erhebliche Auswirkungen auf die Beschaffung von Papier und die Planung von Bedarfen. Ausgeschrieben wurde die relativ hohe Papiermenge, um, wie es heißt, „auch bei Lieferschwierigkeiten und Schwankungen am Markt weiterhin handlungsfähig“ zu bleiben. Die potenzielle Bestellung beinhalte eine Abweichung von 20 Prozent nach oben und nach unten. Sollten im Bestellzeitraum vom 1. Mai 2022 bis 30. April 2023 etwa 20 Prozent weniger als die bestellte Menge benötigt werden, das wären 21,8 Millionen Blatt Papier, läge der Verbrauch sogar noch unter dem von 2019.
Wenn es denn tatsächlich diesen Minderverbrauch geben sollte.
108.300 Blatt Papier pro Arbeitstag
Die nun ausgeschriebene Menge von 27,3 Millionen Blatt Papier hat ein Gewicht von etwa 135 Tonnen. Aufgetürmt würde das einen 2,7 Kilometer hohen Berg ergeben, umgerechnet würde es einen Verbrauch von knapp 75.000 Blatt Papier pro Tag und von 108.300 Blatt pro Arbeitstag bedeuten.
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Über die Kosten der angestrebten Bestellung schweigt sich die Stadt aus. Da die Ausschreibung noch laufen, „können keine Angaben gemacht werden“, heißt es. Eine Schätzung sei wegen er stark schwankenden Preise am Markt derzeit nicht möglich.
Hier dennoch ein Versuch: Nach einer Abfrage im Internet kosten 100.000 Blatt DIN-A4-Papier knapp 700 Euro. 27 Millionen Blatt würde demnach etwa 189.000 Euro kosten.
Schulen haben enormen Papierbedarf
Die größte Papiermenge wurde im vergangenen Jahr für die Kernverwaltung beschafft: 18,5 Millionen Blatt Papier. Davon wurden allerdings etwa 2,6 Millionen Blatt von Tochterunternehmen der Stadt abgerufen. „Mit Auslaufen der Pandemie und den angestoßenen Digitalisierungsprozessen ist ein sinkender Papierverbrauch in der Kernverwaltung zu erwarten“, so Stadtsprecher Peter van Dyk.
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Auffällig ist, dass der Verbrauch in den Schulen steigt. Sie schreiben alle sechs Monate selbst Lieferungen in Höhe von etwa 12,4 Millionen Blatt Papier aus, d. h. sie verbrauchen jährlich knapp 25 Millionen Blatt Papier. Zusätzlich seien 2021 noch 1,2 Millionen Blatt Papier vom Kontingent der Verwaltung an die Schulen gegangen. Und das obwohl über einen längeren Zeitraum ausschließlich online unterrichtet wurde.
Elektronische Arbeitsprozesse werden getestet
Papier sparen will die Stadt auf unterschiedliche Weise: Seit Jahresbeginn tauscht sie sich mit Bundes- und Landesgerichten über ein „besonderes elektronisches Behördenpostfach“ aus. Darüber werden prozessrelevante Unterlagen mit den Gerichten digital ausgetauscht und müssen nicht mehr in Papierform verschickt werden. Außerdem werde die von der Stadttochter Shift Digital entwickelte Software für elektronische Arbeitsprozesse in einer Pilotphase im Amt für Personalmanagement, Informationstechnologie und Organisation erfolgreich genutzt. Dies führe zu einer Reduzierung von Papier und sei ein wichtiger Erfolg für die Digitalisierung von Geschäftsprozessen.
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Noch mehr Papier einsparen will die Verwaltung durch den Ausbau und flächendeckende Einsatz der E-Akte und die Digitalisierung von externen Dienstleistungen. „Das sind zwei wichtige Maßnahmen, die in den nächsten Jahren zur Einsparung von Papier maßgeblich beitragen“, so Stadtsprecher van Dyk. Auch die Digitalisierung interner Geschäftsprozesse und die verstärkte Nutzung von Homeoffice werde dazu führen, den Papierverbrauch weiter zu reduzieren.