Bochum-Hamme. Mit ihrem 85. Lebensjahr setzt sich die Bochumer Keramikerin Christel Humpert zur Ruhe. Es gibt aber noch einen letzten Tag der offenen Tür.
Wer Christel Humpert zuschaut, wie sie ihre Töpferscheibe dreht, den Ton in gleichmäßige Formen bringt und dabei mit ruhiger Hand jeden Griff ausführt, der könnte schnell meinen, Töpfern sei kinderleicht. Doch das trügt: "Man braucht schon etwa drei Jahre, bis man eine vernünftige Schale, die nicht schief ist, selbst töpfern kann", sagt die Künstlerin.
Sie muss es schließlich wissen: Als 85-Jährige blickt sie heute auf Jahrzehnte als Keramikerin zurück. Mit gerade einmal 19 Jahren begann sie ihr Studium der Keramik an der Fachhochschule Münster bei Irene Griepentrop. "Ich hatte mich erst für Bildhauerei interessiert, aber dort wurde mir gesagt, ich habe zu wenig Kraft und solle mir etwas ,Weicheres' suchen", erinnert sich Humpert und lacht.
Finanzamt mitgestaltet
Bereut haben dürfte sie es nicht: 1964 erfolgte die Werkstattgründung am Balkehof in Hamme, ganz nah an der A40. "Wohl Tausende" Vasen, Schalen, Teller, Figuren und Tassen hat Humpert, die gebürtig aus dem Münsterland kommt, seitdem getöpfert. "Ich habe Bochum zugetöpfert", sagt die 85-Jährige. Ihr Bruder sei außerdem Florist, da habe es ganz gut gepasst, dass sie die passenden Gefäße herstellen könne.
Doch ihre Profession ist weitaus vielfältiger: Während Humpert anfänglich hauptsächlich Vasen und Krüge herstellte, widmete sie sich dann der Geschirrkeramik. Vor allem blaue Engobe-Malerei auf grauem Grund zeichnet ihr Geschirr aus. "Ich habe auch montierte Arbeiten gemacht und beispielsweise den Eingangsbereich des Bochumer Finanzamtes gestaltet", sagt sie.
Scherben brachten kein Glück
Ebenso zählten Brunnen, Stelen und Figuren für den Außenbereich zu ihren Projekten, Aufträge kamen aus dem ganzen Bundesgebiet. Arbeiten von Humpert werden in Ausstellungen und Museen im In- und Ausland gezeigt - von Herne über Düsseldorf bis nach Coburg und Valencia.
Zu ihrer Handschrift zählen tropfenartige Gefäßformen, auch für Tiere und Köpfe für Haus und Garten ist Humpert bekannt. "Beim Geschirr sind Blau und Weiß meine Farben, deshalb bezeichne ich mein Sortiment auch als Landhauskeramik", erklärt Humpert. Scherben gab es in Humperts Laufbahn mehrfach, Glück gebracht haben sie ihr allerdings nicht immer.
Lehrlinge ausgebildet
"Am ärgerlichsten war: Mein Brennofen ist mal kaputt gegangen, da haben sich gerade Waren für knapp 5000 DM-Mark darin befunden", erinnert sie sich. Der Elektriker kam, reparierte den Schaden und schloss die Sicherungen neu an.
"Sie waren vertauscht und beim nächsten Brennvorgang war wieder eine ganze Ladung kaputt", erzählt Humpert. Denn wenn der Strom beim Brennen unterbrochen worden sei, sei die Keramik hinüber. Auch Lehrlinge hat Humpert ausgebildet, außerdem Kurse für Hobby-Töpferei gegeben und jährlich Ausstellungen im eigenen Haus und Garten veranstaltet.
Geschäft schließt
Nun will sich die Keramikerin aber zur Ruhe setzen, das Geschäft offiziell schließen. "Zwangsläufig, so viel kann ich einfach nicht mehr arbeiten", sagt sie. Mit 65, als andere längst in Rente gingen, stellte Humpert nur ihren Ausbildungsbetrieb ein. Ganz die Finger vom Ton wird sie aber kaum lassen: "Ich werde bestimmt nicht ganz aufhören zu Töpfern und auch weiter Kurse im Hobbybereich geben", sagt Humpert.
Am Wochenende (12./13.) öffnet sie ihre Türen allerdings für Außenstehende zum letzten Mal. Keramiken für Haus und Garten gibt es dann zu Sonderpreisen, auch Einzelstücke und Lampen können Besucher erwerben.
Gleichklang ist wichtig
Einen Tipp den die Künstlerin für alle hat, die am Töpfern interessiert sind: "Wenn man nicht ruhig ist, kann man den Ton nicht bezwingen. Man muss in einem Gleichklang sein", sagt sie. Das Zentrieren müsse man lernen, es handele sich schließlich um einen Beruf.
Zu schnelle Erfolge dürfe man also nicht erwarten. In den nächsten Wochen und Monaten dürfte es also ruhiger werden am Balkehof, die Töpferscheibe seltener rotieren. Vielleicht isst Humpert in ihrem Garten dafür ein Stück Kuchen mehr - natürlich nur von selbst getöpfertem Geschirr.
Tag der offenen Tür
Die Töpferei Christel Humpert befindet sich am Balkehof 1. Am Samstag und Sonntag (12./13.) findet der letzte "Tag der offenen Tür" statt. Dann können von 10 bis 18 Uhr Keramiken zu Sonderpreisen erworben werden. Es gelten die aktuellen Corona-Regeln.
Töpferkurse finden in der Regel samstags von 10 bis 14 Uhr statt, plus drei Stunden Nachbearbeitung und zwei Stunden Glasieren. Termine online: www.landhauskeramik-humpert.de