Bochum. VW lässt sich im früheren Opel-Werk in Bochum nieder. Der Bau des Entwicklungszentrums der Softwareschmiede Volkswagen Infotainment hat begonnen.
Gut 50 Jahre lang war Bochum die Opel-Stadt. Jetzt wird daraus eine VW-Stadt – zumindest ein bisschen. Auf dem Technologiecampus Mark 51/7, dem früheren Opel-Werk im Stadtteil Laer, entsteht das Hauptquartier der Volkswagen Infotainment GmbH, der Automotive-Softwareschmiede des VW-Konzerns. Am Donnerstag wurde der Grundstein für das 78 Millionen Euro teure Projekt gelegt.
Platz für bis zu 1200 Arbeitsplätze
In zwei Jahren will das 2014 gegründete Unternehmen, das Soft- und Hardwarekomponenten in den Bereichen Vernetzung und Datenaustausch für alle Fahrzeug-Marken aus dem VW-Konzern entwickelt, mit seiner derzeit 840-köpfigen Belegschaft vom Campus der Ruhr-Uni und zwei weiteren Standorten nach Laer umziehen. Bis dahin arbeiten die Ingenieurinnen und Ingenieure zum Beispiel an Softwarelösungen für die Nachfolgemodelle der VW-ID-Serie, so Geschäftsführer Bernhard Krauße. Schon Mitte 2023 sollen die Entwicklungshalle und die Labore entstehen, ein halbes Jahr später dann auch Büros und das Parkhaus für 450 Fahrzeuge.
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Der Investor, die niederländische Ten Brinke Group, die das Entwicklungszentrum baut und an VW vermietet, hat auf dem an prominenter Stelle gelegenen 20.700 Quadratmeter großen Areal noch Ausbaureserven. Bis zu 1200 Beschäftigte könnten in Zukunft dort für VW arbeiten. Und kaum jemand zweifelt, dass diese Kapazitäten benötigt werden. Volkswagen Infotainment, das aus der ehemaligen europäischen Entwicklungsabteilung von Blackberry hervorgegangen ist, wächst rasant. Mit 200 Mitarbeitern fing 2014 alles an. „Und jetzt kratzen wir schon an der 1000er Marke“, so Bernhard Krauße.
Volkswagen glaubt an Bochum
„Natürlich sind wir uns der Bedeutung dieser Fläche bewusst“, sagt sein Geschäftsführerkollege Tobias Nadjib. „Wir haben uns noch einmal für einen Standort entscheiden dürfen und wir haben uns erneut für Bochum entschieden. Wir glauben, dass wir genau hier hervorragende Voraussetzungen finden. Wir glauben an Bochum und wir glauben an das Ruhrgebiet.“
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OB bringt Kohlebrocken der Zeche Dannenbaum mit
Eine große Metallkiste haben die beiden Volkswagen-Infotainment-Geschäftsführer Bernhard Krauße und Tobias Nadjib zusammen mit ihren Gästen bei der Grundsteinlegung eingemauert. Sie enthält u.a. ein VW-Modellauto, ein Wolf-Plüschtier (für den Zweitstandort Wolfsburg), ein Holzschuh mit dem Schriftzug des Investors Ten Brinke und ein Stück Kohle.
„Das stammt genau von dieser Fläche“, so Bochums Oberbürgermeister Thomas Eiskirch, der das schwarze Gold mitgebracht hatte. Denn: Wo künftig VW-Mitarbeiter tätig sind und wo früher bis zu 20.000 Opelaner tätig waren, haben einst Kumpel der Zeche Dannenbaum geschuftet.
Die Feier zur Grundsteinlegung fiel wegen der Coronapandemie zwar etwas kleiner aus als es sich der Gastgeber gewünscht hätte. Alle 840 Mitarbeiter konnten dennoch live dabei sein. Die Zeremonie wurde nämlich gefilmt und direkt in die Büros und Heimarbeitsplätze der Beschäftigten übertragen.
„Fläche, Köpfe und Nachbarn“, das sind nach Einschätzung von Bochums Oberbürgermeister Thomas Eiskirch (SPD) die entscheidenden Kriterien, die für Mark 51/7 sprechen. Indes: Mittlerweile ist in NRW’s einst größtem zusammenhängenden Entwicklungsareal so gut wie kein Platz mehr. Der Erfolg hat buchstäblich den Platz gefressen. „96 Prozent sind vermarktet“, so Eiskirch. „Aber wir sind dabei, an anderer Stelle die Voraussetzung für Ansiedlungen zu schaffen.“ Kluge Köpfe biete vor allem die Ausbildung an den nahe gelegenen Hochschulen. Und die Nachbarschaft sei ideal für den Tech-Austausch. Längst gilt Bochum als eine der wichtigsten Adressen in Europa in Sachen IT-Sicherheit. Und auch andere Unternehmen der Branche siedeln sich auf Mark 51/7 an; allen voran die an der Ruhr-Uni gegründete Bosch-Tochter Escrypt.
NRW-Wissenschaftsminister lobt Mark 51/7
Auch NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) lobt die herausragende Wissenschafts- und Wirtschaftslandschaft in und um Bochum. Mark 51/7 sei „eine Veredelung von Industrieflächen im Zentrum der Metropole Ruhr.“ Dass VW sich für Bochum entschieden habe, sei ein gutes Signal für das gesamte Land und ein „ermutigendes Zeichen für ambitionierten Strukturwandel“. Es habe Nordrhein-Westfalen beflügelt, dass VW das Auto der Zukunft hier mitentwickelt.“ Ende der 1960er Jahre, so Pinkwart, als Opel hier mit der Autoproduktion begonnen habe, „sprach noch niemand davon, dass das Auto von morgen ein Smartphone auf Rädern werden könnte.“
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VW wird es in Bochum mitgestalten. Und: So ganz ist der „Vorgänger“ auch nicht aus Bochum verschwunden. Ein paar Kilometer weiter südlich in Langendreer betreibt Opel mit 700 Beschäftigten noch sein Warenverteilzentrum für Europa. Dort ist Drehscheibe für Autoteile, die an mehr als 5000 Händler auf dem gesamten Kontinent geschickt werden.