Bochum. Zu schnelle Radfahrer auf Trassen nerven viele Bochumer. Das weiß auch die Fahrradstaffel der Polizei. Die kennt aber auch Fehler der Autofahrer.

„Ihr könntet viel öfter hier stehen“, sagt der ältere Radfahrer auf der Bochumer Erzbahntrasse zu zwei Polizeikräften. „Ich hatte nie Probleme mit der Polizei.“ Aber offenbar mit anderen Radfahrern: „Diese Rennradfahrer! 90 Prozent haben doch einen an der Klatsche!“ Sogar an Kindern würden sie vorbeirasen.

Die Polizeikräfte heißen Evelyn Glenz und Tobias Krampen und sitzen jeweils auf einem Dienstfahrzeug: ein Pedelec mit Satteltasche. Sie sind auf Fahrradstreife. Geduldig hören die beiden dem sportlichen Radfahrer zu, was er so alles auf dem Fahrrad erlebt.

Einige Radfahrer würden meinen: „Ich kann so schnell fahren, also darf ich das auch“

Die Fahrrad-Staffel der Polizei im Gespräch mit den sehr geübten Radfahrern Willi Wendt (grüne Jacke) und Jürgen Oppenkowski auf der Erzbahntrasse in Bochum.
Die Fahrrad-Staffel der Polizei im Gespräch mit den sehr geübten Radfahrern Willi Wendt (grüne Jacke) und Jürgen Oppenkowski auf der Erzbahntrasse in Bochum. © FUNKE Foto Services | Dietmar Wäsche

Wie ein paar Minuten zuvor schon einem anderen, ebenfalls etwas älteren Radfahrer mit Helm und Helmkamera, der sie vor dem Bochumer Rathaus angesprochen hatte und ihnen sein Radfahrerherz ausschüttete. Auch er geißelte das zu schnelle Radfahren auf den Trassen.

Das ist kein Zufall, denn die Polizei weiß, dass unangepasstes Tempo auch auf Radwegen und -trassen ein großes Problem ist. Einige Radfahrer würden irrtümlicherweise meinen: „Ich kann so schnell fahren, also darf ich das auch“, sagt Polizeihauptkommissar Krampen. Konkretes Beispiel Springorum-Trasse: „Viele denken, dass ist eine Fahrradstrecke. Das stimmt aber so nicht. Es ist eine Gemeinschaftsstrecke.“

Polizei Bochum appelliert an Radfahrer: Notfalls langsamer fahren oder anhalten

Beim Links-Überholen von Fußgängern mit Vollgas und in letzter Sekunde vor dem entsetzten Gegenverkehr wieder rechts einscheren oder sich zwischen Fußgängern auf Zebrastreifen hindurchzwängen, weil ja noch irgendwo ein Lücke besteht, ist sehr gefährlich. Ein rücksichtsvoller Radfahrer würde laut Krampen sagen: „Ich gehe mit der Geschwindigkeit ein bisschen runter, notfalls halte ich auch an.“

Polizeihauptkommissarin Evelyn Glenz meint, dass einige Radfahrer es „ausnutzen, dass sie flexibler sind“ als Kraftfahrzeuge. Ein anderes Beispiel dafür: Vor einer roten Ampel mal eben die Wartezeit durch eine Abkürzung über den Gehweg verkürzen.

Präsenz der Polizei auf dem Rad sorgt automatisch für mehr Disziplin auf den Straßen

Polizeihauptkommissarin Evelyn Glenz aus Bochum übergibt einem Radfahrer eine Infobroschüre zum Radfahren.
Polizeihauptkommissarin Evelyn Glenz aus Bochum übergibt einem Radfahrer eine Infobroschüre zum Radfahren. © FUNKE Foto Services | Dietmar Wäsche

Rund vier Tage pro Woche schwingt sich Krampen zurzeit auf sein Dienstrad, wie jeder Streifenbeamte auch mit Pistole im Holster. Seine neongelbe Uniformjacke und sein leuchtender Helm ziehen die Blicke deutlich mehr an als ein Streifenwagen. Die Polizei auf dem Fahrrad: Das ist für viele immer noch ein Hingucker und gewöhnungsbedürftig. Allein seine Präsenz ermahnt das Gewissen der anderen Verkehrsteilnehmer und diszipliniert ihr Verhalten.

„Guten Tag!“, sagen er und seine Kollegin ganz oft auf der Fahrradtrasse. Umgekehrt werden auch sie spontan gegrüßt, sogar lässig geduzt. „Ich könnt ja mal dorthin fahren...“ Die Berührungsängste, einen Fahrrad- Polizisten anzuhalten, sind deutlich geringer als bei einen Polizeiwagen. Der Kontakt zwischen beiden Seiten ist viel enger.

Polizei Bochum: „Aber auch Radfahrer müssen lernen, sich an die Regel zu halten“

Autofahrer müssen Platz an Radfahrer abgeben Die aus zwölf Beamten bestehende Fahrradstaffel ist ohnehin nicht nur für und wegen der Radfahrer unterwegs. „Unser Ziel ist, sämtliche Verkehrsteilnehmer zusammenzubringen unter dem Aspekt, so viele Unfälle wie möglich zu verhindern.“ Es geht um Aufklärung, Vorbeugung, aber auch um Sanktionierung, wenn jemand nach einem Fehlverhalten nicht einsichtig ist. Es müsse, so Krampen, bei Kraftfahrern mehr Akzeptanz für Radfahrer geschaffen werden; was allerdings noch Jahre dauern werde. „Aber auch Radfahrer müssen lernen, sich an die Regeln zu halten.“

Polizei: „Klingeln ist kein Angriff, sondern ein Aufmerksam machen“

Apropos Regeln: Auf Gehwegen, auf denen „Fahrräder frei“ steht, ist Schrittgeschwindigkeit geboten. Und Evelyn Glenz betont: „Klingeln ist kein Angriff, sondern ein Aufmerksam machen.“ Sie sagt dies, weil einige Radfahrer vor dem Überholen entweder aus Gleichgültigkeit nicht klingeln oder weil sie glauben, dass sich Fußgänger durch ein lautes „Bing!!“ akustisch weggedrängelt fühlen könnten.

Autofahrer halten oft nicht genug Abstand zu Radfahrern

Neuer Chef der Verkehrspolizei Bochum will Raser stoppen Die Anzahl der Fahrradunfälle in Bochum ist zuletzt deutlich gestiegen. Auch deshalb zeigt die Polizei auf zwei Rädern jetzt mehr Präsenz. Auf ihren Streifen sieht die Polizei auch immer wieder, dass Autos einen Radweg zustellen und somit den Radfahrer zwingen, in den gefährlichen Kraftverkehr auszuweichen. Sie beobachtet ferner, dass Autofahrer nach dem Parken einfach die Tür öffnen, ohne auf den von hinten kommenden Radfahrer zu achten („Dooring-Unfälle“). Und sie stellt immer wieder fest, dass Autofahrer nicht genug Abstand halten, wenn sie Radler überholen. 1,5 Meter sind innerorts das Gebot, außerorts zwei Meter. Es gibt Autofahrer, die das gar nicht wissen.

Krampen nimmt Verkehrssündern nicht immer Geld ab. Erst versucht er, Bewusstsein zu schaffen, zu überzeugen. Mitunter ist nur bei Uneinsichtigkeit ein Verwarngeld fällig. „Der Mensch sind nicht dazu gemacht, Fehler einzugestehen“, weiß der Fahrrad-Polizist.