Bochum. Infiziert in der Klausur? Ein Student wirft der Hochschule Bochum vor, das zugelassen zu haben – und hat Beweise. Was die Hochschule erwidert.

Die Hochschule Bochum hat eine Präsenz-Klausur in BWL wie geplant stattfinden lassen, obwohl es Hinweise darauf gegeben hatte, dass mit Corona infizierte Studierende daran teilnehmen wollen. Ein Student (25) wurde im Anschluss daran Ende Januar positiv getestet. Er erhebt schwere Vorwürfe gegen die Hochschule.

Bochumer Student positiv getestet: Das wirft er der Hochschule vor

„Eine Woche vor meiner Präsenz-Prüfung hörte ich von Kommilitonen in meinem Kurs, dass sie Corona haben – oder in einem anderen Fall, dass die gesamte Familie im Haus schon positiv getestet sei, der Kommilitone noch nicht“, sagt der Student der Hochschule Bochum.

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Auch in Whatsapp-Gruppen des Semesters sei von ähnlichen Fällen berichtet worden, ebenso wie im Online-Forum „Studydrive“, in dem sich Studierende dieses Kurses anonym austauschen. Bei „Studydrive“ äußert ein Nutzer, wegen eines positiven Tests in Quarantäne zu müssen: „Ich verstehe nicht, warum nicht einfach eine Online-Klausur gestellt wird. Ich überlege, die Prüfung trotzdem anzutreten, sonst habe ich das ganze Semester umsonst gelernt.“

Kommentare bei „Studydrive“ beunruhigen Mit-Kommilitonen

Unter dem Beitrag kommentieren mehrere anonyme Studierende, sie seien in einer ähnlichen Situation und würden trotz Corona die BWL-Klausuren besuchen. „Da keine Nachschreibtermine angeboten werden, hätten die Erkrankten bei einer Corona-Infektion oder Quarantäne ein Semester warten müssen, bis sie die Klausuren ablegen können“, erklärt sich der BWL-Student das Verhalten potenziell infizierter Kommilitonen.

Der 25-Jährige berichtet, dass er und andere Kommilitonen die Verantwortlichen der Hochschule von diesen Ankündigungen in Kenntnis gesetzt haben. Die Dekanin habe daraufhin eine Mail formuliert, die unserer Redaktion vorliegt. „Uns sind die Chat-Verläufe bekannt, in dem ein Verstoß gegen die geltenden Quarantäne-Vorschriften angekündigt wird“, heißt es darin. Es sei „nicht davon auszugehen, dass dies ernsthaft gemeint ist“. Aufgrund der Anonymität sei außerdem nicht sicher, ob es sich bei den Äußerungen in dem Online-Forum tatsächlich um Studierende der Hochschule Bochum handelt.

Bochumer Student geht notgedrungen zu BWL-Klausur

„Dass mir Kommilitonen direkt gesagt haben, sie hätten Corona – darauf ist die Hochschule gar nicht eingegangen“, kommentiert der 25-Jährige. Notgedrungen sei er also zur BWL-Klausur gegangen – diese habe in kleinen Gruppen, mit Abstand und Maskenpflicht stattgefunden. Anschließend hätten die Studierenden noch zusammengestanden, um sich über die Klausur auszutauschen. „Es war ein komisches Gefühl, genau zu wissen, hier sind welche, die Corona haben.“

Wenige Tage darauf sei er dann positiv getestet worden. Per Mail habe er seinen Professor auf die Infektion hingewiesen, damit dieser die Kommilitonen informiere. Eine Rückmeldung habe er nicht erhalten. „Die Prüfung ist die einzige Möglichkeit, wo ich mich angesteckt haben könnte“, ist sich der Student sicher. „Ich bin die Tage davor gar nicht mehr rausgegangen, steckte in der Klausurenphase, habe nur Hausarbeiten geschrieben, gelernt – selbst Lebensmittel nur bei ,Flink’ bestellt“, sagt der 25-Jährige.

Hochschule Bochum verweist auf Ordnungsverstoß

„Eine direkte Infektion aufgrund der Teilnahme an einer Veranstaltung an der Hochschule war bisher nicht bekannt und ließe sich im Nachgang nur schwer belegen“, teilt Hochschulsprecher Detlef Bremkens mit. Studierende seien darauf hingewiesen worden, dass „eine Teilnahme an Prüfungen ohne gültigen 3G-Nachweis ein Ordnungsverstoß (mit ggf. straf-, ordnungs- und disziplinarrechtliche Sanktionen) ist“. Der 3G-Nachweis schließt eine Infektion allerdings nicht aus.

„Es versteht sich, dass eine wissentliche Teilnahme von Infizierten an Präsenzprüfungen und –veranstaltungen Menschenleben gefährden kann“, so der Sprecher der Hochschule. Auf die Frage nach einem Nachschreibetermin für Studierenden, die am Ersttermin infiziert oder in Quarantäne sind, erwidert der Hochschule, diese zusätzlichen Ersatztermine würden „wie auch vorher üblich, nicht flächendeckend angeboten“.

Hochschule Bochum: Prüfende entscheiden über Präsenzklausuren

Über Präsenzprüfungen würden Prüferinnen und Prüfer selbst entscheiden, dafür gebe es unterschiedliche Argumente. „Das können praktische Prüfungsanteile sein, die bisherige Vorbereitung auf ein bestimmtes Prüfungsformat oder auch formale Vorgaben wie die Anerkennung durch externe Gremien.“

Medizinklausur mit 350 Studenten- Bochums Kliniken unbesorgtZu den Hinweisen aus der Studierendenschaft teilt die Hochschule mit, Mitglieder der Hochschule seien „in Einzelfällen Adressaten häufig anonymer Mitteilungen“. Die Aussagekraft dieser Hinweise könne nicht eingeordnet werden. „Dennoch nehmen wir jeden Hinweis ernst und versuchen, die tatsächlichen Risiken zu bewerten.“ Bei einer anderen Klausur hätten ähnliche Hinweise Studierender dazu beigetragen, dass diese zur Online-Prüfung umgewandelt wurde.

„Ich bin immer noch am Husten“, berichtet der BWL-Student. Aufgrund seiner Impfung habe er nach zwei Tagen Fieber einen milden Omikron-Verlauf gehabt. „Vielleicht hätte ich früher oder später so oder so Corona bekommen“, sagt der Hochschulstudent, „was mich aber aufregt: Die Profs denken zu eindimensional: Neben meinem Studium arbeite ich selbstständig. Wenn ich eine Woche nicht arbeiten kann, bekomme ich einfach kein Geld.“ Die bald anstehende Zahlung des Semesterbeitrags verschärfe die Situation zudem. „Wer zahlt dann meine Miete?“