Bochum-Nord. In Bochum-Gerthe soll ein Treff für junge Erwachsene mit Beeinträchtigungen entstehen. Dazu gibt’s schon viele Ideen. Doch es hängt vom Geld ab.

Eine überaus ehrgeizige Idee nimmt Konturen an: Der Christopherus-Haus-Verein strebt in Kooperation mit der Christopherus-Schule in Gerthe ein Jugendprojekt im Herzen des Stadtteils an, das Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit und ohne Beeinträchtigungen gleichsam als Treffpunkt, Bildungsadresse und Freizeitstätte dienen soll.

Auch Schülerinnen und Schüler anderer Förderschulen sind willkommen. Doch das Projekt steht und fällt mit Fördergeldern. Der Christopherus-Haus-Verein hat einen Antrag bei der „Aktion Mensch“ gestellt. Projektleiterin Katya Bremer: „Wir sehen uns ermutigt, dass der Bedarf anerkannt wird.“ Mit einer Antwort werde im Mai gerechnet.

Jugendliche in Bochum wollen am öffentlichen Leben teilhaben

Das leerstehende Ladenlokal an der Turnstraße, wo zuletzt die Ambulanten Dienste saßen, wurde dennoch bereits angemietet; Bremer: „Wenn wir gewartet hätten, ob wir den Zuschlag bekommen, wäre womöglich nichts frei gewesen.“

Der neue Jugendtreff will nicht in Konkurrenz treten zum „U 27“ an der Hegelstraße, sondern vielmehr als Ergänzung gelten. So soll es gemeinsame, inklusive Veranstaltungen geben. Ziel ist es auch, dass die jungen Leute mit Förderbedarf stärker im Stadtteil präsent sein werden. „Jugendliche mit Beeinträchtigungen können am öffentlichen Leben mit anderen bislang nicht teilnehmen. Sie verbringen ihre Zeit in der Schule und in der Familie. Diese Lücke wollen wir schließen“, sagt Katya Bremer.

Der Kicker hat schon einen festen Platz: An der Turnstraße soll es vorrangig um Begegnung und Spaß für junge Leute gehen.
Der Kicker hat schon einen festen Platz: An der Turnstraße soll es vorrangig um Begegnung und Spaß für junge Leute gehen. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

Es geht um Freizeitangebote, um Spielen, Begegnung und Spaß – eben das ganz Normale, was alle Jugendliche sich wünschen. Aber auch lebenspraktische Themen sind vorgesehen wie Handy- und Internetnutzung und Kochen.

Ein zweites Standbein des Projektes ist die Berufsorientierung. Mit dem Bildungsangebot soll der Übergang von der Schule ins Leben erleichtert werden. Dazu nimmt der Christopherus-Verein Kontakte zu Unternehmen auf, die den jungen Menschen Praktika anbieten können. Die „Software AG-Stiftung“ in Darmstadt ermöglicht dabei die pädagogische Begleitung.

Christopherus-Schüler sind am Projekt beteiligt

Zwei pädagogische Teams sind für den Jugendtreff vorgesehen, auch dies abhängig von den Fördermitteln. Jugendliche mit Förderbedarf sollen laut geänderten Richtlinien nicht länger nur in Wohnheimen leben. Mehr eigenständiges, ambulantes Wohnen wird angestrebt. „Unser Ziel ist es, dass eigene Lebensentwürfe im Stadtteil verwirklicht werden können.“ Wer mag, soll die Chance haben, etwa WGs für Menschen mit Behinderung kennenzulernen oder sogar Wohnpraktika auszuprobieren. Dazu soll eine Ferienwohnung als „Trainingsstätte“ angemietet werden.

Gemeinsam mit Christopherus-Schülern wurde bereits eine Projektgruppe gegründet, der u.a. auch Christopherus-Schulleiterin Michaela Münch-Müller, Vertreter des Christopherus-Hauses und Eltern angehören. Damit sich nicht alles allein in Gerthe abspielt, sind auch Expeditionen vorgesehen. Katya Bremer als Koordinatorin plant zudem künstlerische Aktionen wie Theater- und Filmprojekte im Stadtteil.

Geplanter Anbau scheiterte am Geld

Die Bochumer Christopherus-Schule mit Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung bietet Eins-zu-Eins Betreuung.

Die Christopherus-Schule will sich den Menschen im Stadtteil mehr öffnen. Dazu war ein Anbau geplant, der zum Ort der Begegnung, zur „guten Stube“ werden sollte. Die Schule steht in enger Kooperation mit dem Verein „Gerther Treff“. Doch von den Plänen hat sie Abstand genommen. Es gab Finanzierungsprobleme, eil Fördermittel wegbrachen.

Der Umbau soll im Mai starten, sobald die Förderbestätigung kommt, denn bislang sind die Räume – 60 Quadratmeter groß – nicht barrierefrei. Dabei werden die Jugendlichen einbezogen, bauen Möbel, streichen und übernehmen kleine handwerkliche Tätigkeiten.

Der Verein Gerther Treff unterstützt das Vorhaben und spendete aus dem Erlös des Weihnachtsmarktes 1250 Euro. Vorsitzende Marion Kensy: „Als wir uns im Frühjahr 2018 gründeten, war es uns ein großes Anliegen, den Stadtteil mitzugestalten. Das sollte nicht nur durch eigene Taten, sondern auch durch Unterstützung von Menschen oder Institutionen geschehen, die sich für den Stadtteil stark machen. Da passt der Jugendtreff super zu unserer Gründungsidee.“