Bochum-Gerthe. An der Christopherus-Schule in Bochum-Gerthe erproben Studentinnen der Hochschule für Gesundheit ein Projekt. Kreidebilder als Therapie-Ansatz.

Schwungvoll malt Jonas Faust (13) eine Schnecke auf das Pflaster, daneben einen Sack: „Für Geschenke. Ist ja bald Weihnachten.“ Der Schüler gehört zu einer Gruppe von Jugendlichen an der Gerther Christopherus-Schule mit Förderschwerpunkt geistige Entwicklung, die am Kreideprojekt teilnehmen, das vier Ergotherapie-Studentinnen der Hochschule für Gesundheit (HSG) entwickelt haben. Julia Kühn, Sofia Müller, Marleen Teutemacher und Lara Reitz wollen eine Lanze brechen für die Akademisierung der Gesundheitsberufe.

Gesundheitsberufe als Studiengänge

Zumeist werden Ergotherapeuten in Deutschland noch schulisch ausgebildet und müssen die Kosten selbst tragen. Das Studium ist noch nicht so verbreitet, Die HSG ist eine der wenigen Hochschulen, die es anbietet. Der Studiengang geht über sieben Semester und endet mit dem Bachelor. Da sind andere Länder in Europa schon weiter, wo Gesundheitsberufe als Studiengänge angeboten werden.

Die HSG-Studentinnen (v.l.) Sofia Müller, Julia Kühn, Lara Reitz und Marleen Teutemacher erläutern den Schülern der Christopherus-Schule die Ergotherapie.
Die HSG-Studentinnen (v.l.) Sofia Müller, Julia Kühn, Lara Reitz und Marleen Teutemacher erläutern den Schülern der Christopherus-Schule die Ergotherapie. © FUNKE Foto Services | Claudia Heindrichs

Die jungen Frauen zwischen 20 und 22 Jahren haben als Prüfungsprojekt die Kreideaktion entwickelt. „So bekommen wir Zugang zu den Schülern“, sagt Sofia Müller, die über ihre Mutter, Christopherus-Schulleiterin Michaela Münch-Müller, den Kontakt knüpfte.

In Motive versunken

Über die Bilder, die nach und nach auf dem Schulhof entstehen, erfahren die Studentinnen, welche Hobbys, welche Vorlieben die Jugendlichen haben. Die Kälte macht den Jugendlichen an diesem Tag nichts aus. Bei strahlendem Sonnenschein sind alle gleich in ihre Motive versunken.

Über die Bilder kann die Ergotherapie ansetzen und den teils mehrfach behinderten Schülern helfen, den Alltag besser zu meistern und Funktionen zu stärken zugunsten von mehr Lebensqualität. „Die Ergotherapie bezieht den Kontext des Patienten ein; „wir sagen lieber Klienten“, verbessert Sofia Müller (21). So werden Elternhaus, Schule und das soziale Umfeld möglichst betrachtet. Die Studentinnen ermuntern die Jugendlichen, ihre Lieblingsbeschäftigungen, -tiere und -farben zu benennen. Lizzy etwa tanzt gern Hip-Hop, Mia liebt Pferde.

Kindern eine Stimme geben

So nutzen die Mädels und Jungs das Malen mit Kreide, um ihren Vorlieben Ausdruck zu verschaffen. Für Mia muss Studentin Sofia beim Pferdemotiv ein wenig einspringen; dann macht sich die Schülerin ans Ausmalen. „Wir gucken, wo das Problem liegt, welche Defizite vorliegen“, erklärt Marleen Teutemacher, „doch wir deuten sie natürlich nicht aus den Bildern. Vielmehr können sie helfen, den Kindern eine Stimme zu geben“.

Schule plant einen Anbau

Die Christopherus-Schule im Zentrum von Gerthe will sich den Menschen im Stadtteil mehr öffnen. Dazu ist ein Anbau geplant, der zum Ort der Begegnung, zur „guten Stube“ werden soll. Die Schule steht in enger Kooperation mit dem Verein „Gerther Treff“.

Was in Gerthe fehlt, findet Schulleiterin Michaela Münch-Müller, sei neben dem Jugendtreff U 27 eine Begegnungsstätte für alle Altersgruppen, eben auch für Senioren.

Denn Kinder und Jugendliche gelten als große Zielgruppe in der Ergotherapie, vor allem solche mit Behinderungen haben einen Förderbedarf. Auf die Wünsche und Interessen des Klienten hinzuarbeiten ist dabei der Ansatz. Sofia Müller: „Wir möchten in der Ergotherapie wissenschaftlich arbeiten, um bessere Therapieerfolge zu erzielen.“