Bochum. Die Zahl an entdeckter Kinderpornografie steigt in Bochum deutlich an. Der neue Kripo-Chef warnt: Jedes Foto ist eine schwere Straftat.

Der neue Kripo-Chef (58) in Bochum, Herne und Witten wirkt topfit: sportliche Figur, energievoll, direkt. 2009 hat Ralf Gromann sogar einen vollen Triathlon gemeistert: Mehr als zehn Stunden war er nonstop auf dem Radsattel, in den Laufschuhen und der Badehose unterwegs – 3,8 Kilometer in der Ostsee. Die Urkunde hat er in seinem Büro aufgehängt. Er weiß: Ein starker Wille kann Berge versetzen.

Heute kommt der Leitende Kriminaldirektor nur noch eher selten zum Sport: keine Zeit! Die Arbeit ruft. Die WAZ sprach mit ihm im Präsidium.

WAZ: Was sind die aktuell primären Ziele der Kripo Bochum, nachdem die Fallzahlen im Bereich Wohnungseinbruchsdiebstahl seit 2015 so deutlich gesunken sind?

Ralf Gromann: Wir werden uns dem Thema Wohnungseinbruchsdiebstahl weiterhin widmen. Sonst könnte es erneut eine schlechte Entwicklung geben. Wegen Corona und Homeoffice waren die Menschen zuletzt mehr zu Hause, deshalb wurde auch weniger eingebrochen. In den ersten acht Monaten dieses Jahres hatten wir im Stadtgebiet Bochum 282 Einbruchstaten. Das ist im Vorjahresvergleich ein leichter Anstieg um 26 Fälle. Allein deshalb lassen wir nicht nach.

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WAZ: Und wo liegt ein weiteres primäres Ziel?

In der Bekämpfung der Clan-Kriminalität.

WAZ: Gibt es einen weiteren Kriminalitätsbereich in Bochum, in dem die Fallzahlen auffallend zunehmen?

Es gibt einen deutlichen Anstieg bei den Sexualstraftaten, insbesondere bei Besitz und Verbreitung von Kinderpornografie. 634 Fälle wurden im Bochumer Polizeibezirk (mit Herne und Witten) in den ersten acht Monaten 2021 bekannt – 185 mehr als im vergleichbaren Vorjahreszeitraum. Ein Grund ist ein gestiegenes Anzeigeverhalten. Die Bevölkerung ist viel sensibler geworden hinsichtlich einschlägiger Bilder. Aber auch eine Strafverschärfung spielt eine Rolle: Schon der Besitz und das Verbreiten eines einzigen Fotos sind strafrechtlich von einem Vergehen zu einem Verbrechen heraufgestuft worden. Deshalb mein deutlicher Appell auch an Kinder, Jugendliche und Erziehungsberechtigte, sich sehr achtsam in den sozialen Medien zu bewegen: Jeder Besitz und Versand solcher Bilder, insbesondere in Chats, stellt kein Kavaliersdelikt dar, sondern eine schwere Straftat.

WAZ: Gibt es auch positive Entwicklungen?

Was uns sehr freut, ist, dass die Zahlen bei der Gewaltkriminalität – vor allem gefährliche Körperverletzung und Raub – um rund elf Prozent abgenommen haben, die Zahlen bei Taschendiebstählen um rund 28 Prozent.

Bochumer Richter beklagt- Gewaltexzesse nehmen nicht abWAZ: Der Anteil der Frauen an Pöbeleien und Widerstandshandlungen soll sich deutlich erhöht haben.

Das ist meines Erachtens auch Folge einer gesamtgesellschaftlichen Entwicklung: Verrohung und Respektlosigkeiten gegenüber jeder Art von Autorität.

WAZ: Was empfinden Sie, wenn Sie an den auch in Bochum so zahlreich vorhandenen Sprühereien „ACAB“ („All cops are bastards – alle Polizisten sind Bastarde“) vorbeifahren? Nimmt man das als Polizist noch bewusst wahr oder hat man sich daran achselzuckend gewöhnt?

Daran werde ich mich nie gewöhnen. Diese Schmierereien gehören umgehend beseitigt und wenn möglich strafrechtlich verfolgt. Im Übrigen rege ich als Direktionsleiter in Ermittlungsverfahren beim Behördenleiter immer auch separat die Stellung eines Strafantrages an, wenn Polizeikräfte beleidigt worden sind.

Nach 35 Jahren zurück nach Bochum

Ralf Gromann, ausgebildeter Kripo-Beamter, hatte zuletzt die Polizeiinspektion Essen-Mitte geleitet. Davor war er an der Polizei-Hochschule in Münster im Fachbereich Kriminalistik für Aus- und Fortbildung im höheren Dienst zuständig.

Bereits ab 1984 war er als Polizist eine Zeit lang in Bochum im Einsatz, direkt nach der Ausbildung in einer Hundertschaft. „Nach 35 Jahren in verschiedenen Behörden bin ich wieder nach Bochum gekommen. Da schließt sich der Kreis.“

Gromann löst als Kripo-Chef Andreas Dickel ab, der nach 41 Jahren bei der Kripo in den Ruhestand ging.

WAZ: Wie erklären Sie sich, dass zahlreiche Bürger trotz sinkender Fallzahlen in der Kriminalitätsstatistik insgesamt weiterhin glauben, dass alles schlimmer wird?

Ich habe keinen Beleg dafür, dass die Kriminalitätsfurcht wirklich gestiegen ist. Es könnte aber sein, dass die verstärkte Wahrnehmung über Medien und soziale Medien bei dem einen oder anderen Unsicherheit schürt oder verursacht.

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WAZ: Welche Charaktereigenschaften muss ein Kripo-Chef haben?

Wir sind mehr als 400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Man muss eine gewisse Zielstrebigkeit und Beharrlichkeit haben. Für mich ist eine der großen Herausforderungen als Kripo-Chef: Bei der rasanten technologischen Entwicklung mit der Bekämpfung der Kriminalität Schritt zu halten. Was noch bis vor kurzem in der realen Welt passierte, verlagert sich mehr und mehr ins Netz. Dort gilt es dann auch Spuren zu suchen und zu sichern, weil der Täter sich in der virtuellen Welt bewegt. Die Schwierigkeit ist, diese Prozesse neu zu gestalten. Meine Aufgabe ist es, dabei auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einzubeziehen. Bei all dem muss man ausdauernd sein.

WAZ: Welche Argumente führen Sie an dafür, nach der Schule Polizistin oder Polizist zu werden?

Es fängt schon an mit einem interessanten, professionellen dualen Studium. Es ist ein Beruf mit großen Herausforderungen und breiten Verwendungsmöglichkeiten. Allen interessierten Menschen empfehle ich die Werbekampagne in NRW: www.genau-mein-Fall.de