Bochum/Herne/Witten. Volker Schütte ist der bekannteste Polizeisprecher in Bochum, Herne und Witten. Nach 36 Jahren Öffentlichkeitsarbeit hört er auf. „Tschüss!“

„...sagte Polizeisprecher Volker Schütte der WAZ“.

Wie oft haben Leser dieser Zeitung diese Formulierung gelesen! Damit ist jetzt Schluss, denn Volker Schütte, der bekannteste Polizeisprecher in Bochum, Herne und Witten und sicher einer der meistzitierten in ganz NRW, hört auf.

Tag für Tag Zeitungen, Radiosender und TV-Stationen mit Nachrichten versorgt

Mit 62 Jahren geht der Polizeihauptkommissar – wie für alle Polizeibeamte gesetzlich vorgesehen – in den Ruhestand. 36 Jahre lang hat der schlanke und hochgewachsene Polizist Öffentlichkeitsarbeit für seine Behörde gemacht, die letzten 23 Jahre als einer der Pressesprecher im Präsidium. Seine Erfahrung in der polizeilichen Medienarbeit dürfte einzigartig sein. Tag für Tag hatte er den Zeitungen, Radiostationen, TV-Sendern und Internet-Magazinen Auskünfte zu allen möglichen Einsätzen und Arbeitsfeldern seiner Kollegen gegeben.

Schütte verfasste rund 17.000 Pressemeldungen

Volker Schütter war oft mit dem kleinsten Polizeiauto in NRW unterwegs: dem Smart namens „Irmchen“.
Volker Schütter war oft mit dem kleinsten Polizeiauto in NRW unterwegs: dem Smart namens „Irmchen“. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Eine der letzten Pressemeldungen von ihm erschien am Donnerstag in eigener Sache: „Nach circa 17.000 Pressemeldungen, knapp 3000 O-Tönen, weit über 100 erstellten Mitarbeiterzeitungen und zum Glück auch vielen „bunten Geschichten“ sage ich heute Tschüss.“

Die Arbeit schien ihm leicht von der Hand zu gehen, denn Schütte hatte spürbar Freude an seinem Beruf. Außerdem ist er eine positiv gestimmte, freundliche und unkomplizierte Natur, die scheinbar nicht aus der Ruhe zu bringen ist. Wenn ihm eine Presseanfrage zu nervig erschien, hat er sich seinen Teil dazu gedacht, aber trotzdem gute Miene gemacht.

Vor weniger als 20 Jahre wurden Fahndungsfotos noch persönlich in die Redaktionen gebracht

Falsche Polizisten bleiben eine große GefahrDas Verhältnis zwischen Medien – jedenfalls den journalistisch arbeitenden – und der Polizei ist mitunter angespannt, weil Reporter gerne mehr erfahren wollen als es den Ermittlern lieb ist. Aber auch da hat Schütte immer versucht, so weit es ihm möglich war einen Ausgleich zu schaffen. Das kann nicht jede Pressesprecherin und jeder Pressesprecher von sich sagen.

Angefangen hat er die Medienarbeit ausschließlich auf der Schreibmaschine. Meldungen zu Einsätzen wurden immer um 14 Uhr aufs Fax-Gerät gelegt und an die Redaktionen geschickt. Fahndungsfotos wurden dort persönlich vorbeigebracht. „Das klingt so, als sei dies 60 Jahre her“, sagt Schütte. Es ist aber keine 20 Jahre her.

Internet und soziale Medien sorgen für mehr Arbeitsbelastung auch bei der Polizei-Pressestelle

Heute hingegen funktioniert die Nachrichten- und Bild-Übermittlung im Blitztempo. Gleichzeitig laufen bei der Polizeipressestelle immer mehr Anfragen ein. Das liegt nicht nur daran, dass es im Internet-Zeitalter immer mehr verschiedene Medien gibt, sondern auch die „Sozialen Medien“ mit all den verrückten Gerüchten dort, mit denen dann auch die Polizeisprecher konfrontiert werden. „Die Arbeitsbelastung ist definitiv gestiegen.“

Volker Schütte als junger Polizist 1982.
Volker Schütte als junger Polizist 1982. © Unbekannt | Polizei Bochum

Schütte hat als Pressesprecher sehr viel Elend erlebt: entsetzliche Tötungsdelikte, Raubüberfälle, Brände, grausame Verkehrsunfälle. Und Sexualverbrechen wie die des Serienvergewaltigers von der Ruhr-Universität, das „Uni-Phantom“ (1994 bis 2002). In besonderer Erinnerung ist ihm auch das Brandinferno im Bergmannsheil 2016. Wie alle Einsatzkräfte leistet auch ein Polizeisprecher an so einem Tag Schwerstarbeit. Dasselbe gilt für die „9/11-Attentäter“ in den USA, einer von ihnen hatte in Bochum gelebt und studiert. Damals, 2001, stand das Telefon nicht mehr still.

Schütte schreibt auch gerne bunte Geschichten aus dem Polizeialltag

Auch den obdachlosen Mann aus Langendreer, der 2017 in Bochum lebendig unter Pflastersteinen begraben worden ist und nur durch ein kleines Wunder überlebt hat, hat er nicht vergessen. Dann waren da der Siebenfach-Mord eines anfangs 19-jährigen Herners im Rauschgiftmilieu, der erbarmungslose Doppel- und Kindermörder von 2017 in Herne und der Wittener „Satansmord“ von 2001.

„Aber zum Glück gab es auch andere Geschichten, die mir gezeigt haben, wie bunt, facettenreich und

Zum Bezirksbürgermeister der SPD ernannt

Schütte war 2001 auch daran beteiligt, dass „Toto & Harry“ über Jahre hinweg Millionen von Fernsehzuschauern den Bochumer Polizeialltag näher gebracht haben.2020 wurde Schütte in den Rat der Emscherquellgemeinde Holzwickede gewählt und zum Ortsvorsteher (Bezirksbürgermeister, SPD) des Haarstrangdorfs Hengsen ernannt. „Ein Amt, das mir großen Spaß macht.“Schütte ist verheiratet und hat drei erwachsene Kinder und ein Enkelkind. Neben Sport und Gartenarbeit wird er auch für sie jetzt mehr Zeit haben.

skurril der Alltag eines Polizeipressesprechers sein kann“, so Schütte. Der PHK hatte immer eine besondere Freude an launigen und heiteren Berichten. Zu seinen „Lieblingsgeschichten“ zählt er eine Pressemeldung vom 19. Juni 2019:

„Liebe Journalisten, wie bereits im Jahr 2003 melden wir besonders gerne, keine schlimme Kriminalität in Bochum, Witten und auch Herne. Und was kam nach 16 Jahren heut’ erneut ans Licht, üble Straftaten, schwere Unfälle - all das gab es gestern nicht. Das kriminelle Handwerk schien den Ganoven mal egal, entspannten sie sich bei 37 Grad vielleicht sogar am sonnigen Kanal? Doch schreiben wir nun wieder mit Bedauern, dieser Zustand wird bestimmt nicht lange dauern. Aber was sagt uns dieser Umstand doch? Es gibt es immer noch - das berühmte Sommerloch!“