Herne/Bochum. Marcel Heße wurde wegen zweifachen Mordes verurteilt. Gericht sah besondere Schwere der Schuld und ermöglicht nachträgliche Sicherungsverwahrung.

Das Landgericht Bochum hat sein Urteil gesprochen. Marcel Heße muss für den Doppelmord an Jaden und Christopher lebenslang in Gefängnis. Verurteilt wurde Marcel Heße, der heute 20 Jahre alt ist, nach Erwachsenenstrafrecht. Gutachter hatten den Herne für voll schuldfähig befunden. Die beiden Morde seien "eine völlig anlasslose Tötung" gewesen, sagte Richter Stefan Culemann in seiner Urteilsbegründung.

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Mit seinem Urteil hat das Gericht dem Antrag des Staatsanwaltes entsprochen, der in seinem Plädoyer die besondere Schwere der Schuld hervorgehoben hatte. Eine Freilassung nach 15 Jahren ist dann in der Praxis ausgeschlossen. Auch eine spätere Unterbringung in Sicherungsverwahrung behielt sich das Gericht vor, wie die Staatsanwaltschaft gefordert hatte. Das in Deutschland höchstmögliche Urteil. Absitzen soll er seine Strafe in einer sozialtherapeutischen Einrichtung.

Marcel Heße mit seinem Verteidiger Michael Emde.
Marcel Heße mit seinem Verteidiger Michael Emde. © Bernd Thissen/dpa

Obwohl der Angeklagte noch zu Hause gewohnt und seine Freizeit mit Computerspielen verbracht habe, gingen die Richter von einer bereits ausgereiften Persönlichkeit aus. "Von einer Jugendverfehlung kann keine Rede sein", sagte Richter Culemann. Marcel Heße hatte sich für die Urteilsverkündung erstmals ein dunkles Sakko angezogen. Zum Prozessauftakt im September 2016 war er noch in Badelatschen und Gefängniskluft vor Gericht erschienen.

Die Verteidigung hielt dagegen eine Verurteilung zu lebenslanger Haft nach Erwachsenenstrafrecht für falsch, weil Marcel Heße eindeutig Reifeverzögerungen aufweise. Das Urteil nahm er ohne Regung auf - wahrscheinlich wird er es sogar akzeptieren. "Nach Lage der Dinge werden wir keine Revision einlegen", sagte sein Verteidiger Michael Emde. "Ich habe mit ihm gesprochen. Er will es nicht."

Die Mutter des neunjährigen Jaden, die die Urteilsverkündung verfolgte, kommentierte das Urteil der achten Großen Strafkammer nur mit einem kurzen "Perfekt". Sie nahm das Urteil mit gemischten Gefühlen auf. "Die Tat wird sie ihr Leben lang begleiten", sagte ihr Anwalt Reinhard Peters nach Prozessende. "Es ist aber wichtig, dass Opfer von Gewalttaten das Gefühl haben, dass eine gerechte Strafe verhängt wird. Das war hier der Fall." Das Gericht verpflichtete Marcel Heße außerdem dazu, insgesamt 90.000 Euro an die Hinterbliebenen der beiden Opfer zu zahlen.

Marcel Heße sagte nie selbst im Prozess aus

Besondere Schwere der Schuld und Sicherungsverwahrung

Wer zu lebenslanger Haft verurteilt wird, kann frühestens nach 15 Jahren freikommen. Das gilt allerdings nicht bei einer "besonderen Schwere der Schuld". Die kann das Gericht feststellen, wenn ein Täter besonders grausam vorgegangen ist oder es mehrere Opfer gab. Eine Freilassung nach 15 Jahren ist dann in der Praxis ausgeschlossen.

Davon unabhängig ist die sogenannte Sicherungsverwahrung. Das Gericht verhängt sie nicht als Strafe, sondern als präventive Maßnahme. Dies soll die Bevölkerung vor Tätern schützen, die ihre Strafe bereits verbüßt haben, aber weiter als gefährlich gelten. Die Täter können theoretisch unbegrenzt eingesperrt bleiben. Die Bedingungen müssen deutlich besser sein als im Strafvollzug, zudem muss es ein größeres Therapieangebot und Betreuung geben. Sicherungsverwahrung kann mit dem Gerichtsurteil oder auch nachträglich angeordnet werden. (dpa)

Anfang März 2017 hatte er zunächst den neunjährigen Nachbarsjungen Jaden und einen Tag später seinen früheren Schulfreund Christopher (22) umgebracht. das gestand er seinerzeit bei den Vernehmungen. Kurz nach den Morden hatte er außerdem Bilder seiner Opfer per Whatsapp verschickt und sich im Internet seiner Taten gerühmt. Drei Tage war Heße damals auf der Flucht, eine Zeit, in der er die Menschen in Herne und Umgebung in Angst und Schrecken versetzte, bis er in einem griechischen Imbiss auftauchte und der Polizei stellte.

Der Prozess hatte ein halbes Jahr später begonnen. Während des gesamten Verfahrens hatte sich der Angeklagte nie geäußert. Nur als am ersten Verhandlungstag seine Personalien verlesen wurden, war von ihm ein "Ja stimmt" zu hören gewesen. Seine Taten gestand er nie selbst, er hatte nur über seinen Verteidiger verlesen lassen, dass die Fakten aus der Anklageschrift richtig seien.

Das Motiv des Herner Doppelmörders bleibt weiter im Dunkeln

Auch nach dem viereinhalb Monate andauernden Prozess, bei dem viele Details dieses grausamen Verbrechens öffentlich wurden, gibt es zum Motiv nur Vermutungen. Es kämen Unzufriedenheit mit dem eigenen Leben, Macht- und Größenfantasien sowie "Befriedigung des eigenen Sadismus und Angeberei" in Betracht, meint der zuständige Staatsanwalt. (mawo/mit dpa)