Bochum/Witten. . Immer wieder werden vor allem ältere Menschen Opfer von „falschen Polizisten“. Polizeisprecher Volker Schütte im Gespräch: „Man ist sprachlos.“
Die Telefon-Betrüger versuchen es immer wieder. Vor allem gegenüber älteren Menschen geben sie sich als echte Polizisten aus und zocken dann mit zahlreichen Tricks die Ersparnisse ab. WAZ-Redakteur Bernd Kiesewetter befragte dazu Polizeisprecher Volker Schütte.
Was sagen Sie dazu, dass diese perfiden Tricks trotz unzähliger Warnhinweise immer wieder funktionieren?
Volker Schütte: Es ist einfach unglaublich und man ist irgendwie sprachlos. Das schauspielerische Talent dieser Trickbetrüger ist so ausgereift, dass keiner von uns glauben soll, nicht auch auf diese kriminellen Maschen reinfallen zu können.
Die Masche ist ganz, ganz mies und skrupellos. Die Täter sitzen oft in professionellen Callcentern im Ausland und rufen von dort an. Diese Gespräche gehen oft über mehrere Stunden.
Wie sehen diese Tricks zum Beispiel aus?
Die Kriminellen melden sich etwa mit solchen Worten: „Guten Tag, ich bin von der Polizei. Im Notizbuch eines festgenommenen Einbrechers haben wir ihren Namen und ihre Telefonnummer gefunden!“ Die Trickbetrüger erkundigen sich nach den finanziellen Verhältnissen und fragen gezielt nach, ob sich in der Wohnung Bargeld und Schmuck befindet oder ob es Schließfächer gibt.
Die meisten erkennen die Masche schnell und beenden das Gespräch. Aber es gibt auch andere Fälle, bei denen die Täter Erfolg haben.
Ja. Hier ein Fall aus Altenbochum vor wenigen Monaten: Unter Vortäuschung, ein verdeckter Ermittler zu sein, rief ein Mann bei einem 89-jährigen Senior an und erklärte, dass man zwei Osteuropäer festgenommen habe. Diese hätten gestanden, dass sie im Bankschließfach des Geschädigten das Geld gegen Falschgeld ausgetauscht hätten. Für die weiteren Ermittlungen sei es nun unabdingbar, dass der Bochumer dieses Falschgeld aus seinem Schließfach holt und der Polizei zwecks Spurensicherung übergibt.
Und wie reagierte das Opfer?
Der Senior hat sich zu seiner Bank begeben, dort einen fünfstelligen Geldbetrag abgeholt und diesen einem angeblichen Zivilbeamten übergeben.
Wie hoch ist die Beute jeweils?
Manchmal sind dies mehrere Zehntausend Euro. An dieser Stelle nochmal ganz, ganz deutlich: Die Polizei erfragt die Vermögensverhältnisse nicht – weder per Telefon noch an der Haus- oder der Wohnungstür! Die Bürger sollten unbekannten Personen keine Auskünfte über ihre Vermögensverhältnisse oder andere sensible Daten geben. Und ihnen auch nicht die Haus- oder Wohnungstür öffnen.
Worauf sollten die Angerufenen besonders achten?
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Falsche Polizisten nutzen die technischen Möglichkeiten, um glaubhaft rüberzukommen. So erscheint bei ihren Anrufen im Telefondisplay sehr häufig die Rufnummer der Vermittlung des Polizeipräsidiums bzw. die „110“ mit der aktuellen Vorwahl 0234. Diese Telefonnummern werden aber von der echten Polizei grundsätzlich nicht übertragen! Die illegale Methode, mit der Telefonate unter einer vorgetäuschten Rufnummer geführt werden, ist unter dem Begriff „Call ID Spoofing“ bekannt.
Wie kommen die Täter an die Rufnummern der Opfer?
Oft aus dem klassischen Telefonbuch oder aus entsprechenden Dateien. Dort suchen sich die Täter Vornamen aus, wie sie in älteren Zeiten üblich und gängig waren.
Haben Sie auch einen Rat an die jüngere Generation?
Sie sollte ihre Eltern und Großeltern unbedingt über die miese Masche der „Falschen Polizisten“ aufklären!
Gibt es Schwerpunktaktionen der Täter?
Ja. Am 16. Januar etwa stand Bochum in einer bislang nie dagewesenen Wucht im Visier von dreisten trickbetrügern. Hunderte von Bürgern haben an diesem Dienstag einen Anruf von falschen Polizisten erhalten. Bleiben Sie misstrauisch und vorsichtig! Die Anrufe der schauspielerisch talentierten Täter könnten heute in Bochum weitergehen. Und sollte das so sein, informieren Sie sofort die richtige Polizei – über den Notruf „110“!
>>> INFO: Trickdiebe gibt’s auch in anderen Rollen
Für Trickdiebe, die in Wohnungen aktiv werden, gibt es nur ein einziges ernsthaftes Hindernis, das sie überwinden müssen: die gesperrte oder geschlossene Wohnungstür. Deshalb sollte man die Wohnungstür niemals sofort öffnen und immer erst Sperrbügel oder Sicherheitskette anlegen.
Oft täuschen sie eine offizielle Funktion vor und kommen nicht nur als falsche Polizisten, sondern auch als Handwerker, als Mitarbeiter der Stadtwerke, von der Hausverwaltung, von der Kirche, von der Rentenversicherung oder Krankenkasse, von der Post oder vom Sozialamt.
Dabei kündigen sie sich sogar vorher telefonisch an, um mögliche Bedenken schon im Voraus zu zerstreuen und ein Vertrauensverhältnis zum Opfer aufzubauen.