Bochum. Vor zehn Jahren brannte die Disco Zwischenfall in Bochum ab. Aber zerstörte Feuer den Kult-Betrieb? Der frühere Betreiber verrät Überraschendes.

Vor fast genau zehn Jahren, am 18. August 2011, ändert sich für viele Discogänger alles. An diesem Donnerstag brennt es im Haus mit dem weit über die Stadt- und Landesgrenzen hinaus bekannten legendären Zwischenfall in Bochum-Langendreer. Abgebrannt – davon ist bis heute die Rede im Zusammenhang mit der Disco. Doch der Szene-Treff für Gothic-Fans musste aus einem ganz anderen Grund schließen, wie der frühere Betreiber Norbert Kurtz jetzt im Interview mit der WAZ verrät.

Bochum: Vor zehn Jahren bedeutete ein Brand das Aus für die Kult-Disco Zwischenfall

„Die wahre Brandursache wissen bis heute nur die wenigsten“, sagt Norbert Kurtz und erzählt: „Im Zwischenfall hat es gar nicht gebrannt. Das war oben drüber. Dort hat eine Frau gebügelt, wurde über das offene Fenster nach unten gerufen und hat das heiße Bügeleisen abgestellt. Das ist dann aber wohl hingefallen...“ Kurz darauf steigt Rauch auf. „Es hat wohl einen ,Kurzen’ gegeben und es entstand ein Schwelbrand“, erinnert sich Kurtz.

18. August 2011: Großeinsatz der Feuerwehr Bochum am Alten Bahnhof in Langendreer. Es brennt oben im Gebäude der Disco Zwischenfall.
18. August 2011: Großeinsatz der Feuerwehr Bochum am Alten Bahnhof in Langendreer. Es brennt oben im Gebäude der Disco Zwischenfall. © Joachim Hänisch

Er selbst ist zu dieser Zeit gar nicht in Bochum, sondern auf einem Musikfestival. „Der türkische Nachbar von der Trinkhalle hat mich angerufen und mich informiert“, weiß der heute 68-Jährige noch, der zusammen mit DJ und Autor Klaus Märkert 1984 aus dem „Apple“ das Zwischenfall machte. Nicht das Feuer habe dazu geführt, dass das Haus baufällig wurde, sagt Kurtz. „Das war vor allem das Wasser. Die haben ja die ganze Nacht gelöscht, weil immer wieder neue Schwelbrände gefunden wurden.“

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Von Jürgen Boebers-Süßmann

Für Norbert Kurtz bricht an diesem 18. August 2011 eine Welt zusammen. „Das Zwischenfall war ja mein Lebensinhalt, der Laden mit ganz vielen Emotionen verbunden.“ Das sei aber nur die persönliche Schiene gewesen. Das Zwischenfall war auch Job, „eine GmbH, die aus dem laufenden Betrieb heraus plötzlich auf Null war“.

Im Bahnhof Langendreer hat Norbert Kurtz eine neue Heimat für seine Zwischenfall-Veranstaltungen gefunden.
Im Bahnhof Langendreer hat Norbert Kurtz eine neue Heimat für seine Zwischenfall-Veranstaltungen gefunden. © Gero Helm / WAZ FotoPool | Gero Helm

Doch Kurtz erlebt in seinen schwersten Stunden auch eine Welle der Solidarität. „Überall im Pott wurden mir Hallen und die Technik kostenlos angeboten für meine Konzerte. Viele Künstler haben ohne Gage spielt. So kam ich wieder auf die Beine.“ Zum Jahresende 2011 ist „nach ganz viel Schreibkram“ alles abgewickelt, „ohne Konkurs“.

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Zeit für einen Neuanfang. Norbert Kurtz startet als Konzert- und Eventveranstalter wieder durch. Das Zwischenfall lässt ihn dabei nicht los, bis heute. Noch immer gibt es im Kulturbahnhof Langendreer feste Abende für die Zwischenfall-Classic-Disco, mit den früheren DJs. Der Bahnhof sei sein „Hauptanker“, sagt Kurtz. „Das passt prima. So konnte ich in meiner Heimat Langendreer bleiben.“

Neubau ist fast fertig

2016 wurde das Zwischenfall-Gebäude an der Ecke Ümminger Straße/Zwischenfall abgerissen. Nach einiger Zeit wurde mit einem Neubau begonnen.

Dieser Bau ist inzwischen hochgezogen und soll noch in diesem bezugsfertig sein. 36 Mietwohnungen von unterschiedlicher Größe sind geplant. Die Quadratmeterzahl variiert zwischen 40 und 80. Alle Wohnungen sollen barrierefrei sein und über einen Balkon verfügen. Kosten: zwischen 8,50 und 9,50 Euro pro Quadratmeter. Das Erdgeschoss bezieht Netto.

Nachfragen zum Zwischenfall kommen nach wie vor, und auch von weither. „Wir hatten ja früher Besucher aus allen Regionen“, erinnert sich Norbert Kurtz. „Die kamen sogar aus Berlin, Belgien und Holland zu uns nach Langendreer an den Alten Bahnhof.“

Dort, wo früher im Zwischenfall in Bochum-Langendreer getanzt wurde, entsteht gerade ein neues Wohnhaus. Unten zieht Netto ein.
Dort, wo früher im Zwischenfall in Bochum-Langendreer getanzt wurde, entsteht gerade ein neues Wohnhaus. Unten zieht Netto ein. © FUNKE Foto Services | Dietmar Wäsche

Eine Disco in einem Wohnhaus – das sei schon etwas Besonderes gewesen, sagt Kurtz. „Doch die Nachbarn waren uns sehr gewogen“, erzählt er. Das sei vor allem wichtig gewesen, als das Zwischenfall so richtig angesagt war. „Ende der 80er Jahre wurden wir von der Szene förmlich überrannt. Es gab ja auch kaum etwas Vergleichbares für die Gothic- und Gruftie-Szene.“ Da hätten dann schon mal 200 ganz in Schwarz gekleidete Menschen vor der Disco an der Alten Bahnhofstraße gestanden. „Die sahen für einige sicher wie Aliens aus.“

Eine total geile Zeit“, blickt Kurtz gern zurück. Dazu hat er aktuell mehr Zeit, als ihm lieb ist. Nun macht dem Konzert- und Eventmanager Corona zu schaffen. Doch er bleibt optimistisch: „Ich hoffe auf Disco-Veranstaltungen im September.“ Natürlich auch im Zwischenfall-Stil.