Bochum. Recherchenetzwerk outet mehrere Personen aus Bochum. Die Stadt prüft die Vorwürfe. Wie ein Fußballverein reagiert und rasche Konsequenzen zieht.
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Die Stadt Bochum beschäftigt angeblich zwei Männer, die den rechtsextremen „Hammerskins“ angehören sollen. Dies geht aus der aktuellen Veröffentlichung des antifaschistischen Recherchenetzwerks „Exif“ über Strukturen und Organisation der „Hammerskins“ hervor. Entsprechend groß ist die Unruhe in der Bochumer Stadtverwaltung, die nach Informationen der WAZ mittlerweile auch Kontakt mit der Polizei aufgenommen hat.
„Die ,Hammerskins’ tragen ihr rassistisches und menschenverachtendes Weltbild in die Gesellschaft, sie leben unerkannt in der Nachbarschaft und üben ,gut bürgerliche’ Berufe in zum Teil verantwortlichen Positionen aus“, heißt es wörtlich in der im Internet kursierenden Veröffentlichung von „Exif“. Demnach soll es mindestens sechs Personen aus Bochum geben, die sich aktiv in dieser rechten Bruderschaft tummeln, zum Teil in Führungspositionen. Einige gehörten dem „Chapter Westfalen“ der „Hammerskins“ an.
Stadt bestätigt Hinweise: Prüfung der Vorwürfe
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Zu den Enthüllungen äußert sich Stadtsprecher Thomas Sprenger auf Anfrage der WAZ: „Ja, wir haben diese Hinweise auch bekommen. Wir überprüfen dies derzeit, um dann entsprechende Konsequenzen zu ziehen. Generell ist zu sagen, dass rechtsradikale Auffassungen oder Tendenzen mit dem öffentlichen Dienst nicht zu vereinbaren sind. Die Stadt Bochum steht für Offenheit und Toleranz, da darf für solche Bestrebungen kein Platz sein.“
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Geschockt zeigt sich auch der 2. Vorsitzende des LFC Laer, Frank Gisselmann. In dem Verein sei, Exif-Recherchen zufolge, ein Ehepaar als Fußball-Trainer aktiv gewesen, das ebenfalls der Hammerskin-Szene zuzurechnen sei. „Wir haben uns sachkundig gemacht und sofort reagiert. Die Betroffenen sind ab sofort von allen Aufgaben im Verein suspendiert“, so Gisselmann.
In einer Stellungnahme auf der Homepage des Vereins macht dieser zudem klar. „Es gibt hier keinen Raum für Rassismus und Diskriminierung in unserem Verein.“ Für die Betroffenen sei „einzig der Ausschluss aus dem LFC Laer 06 die logische und notwendige Konsequenz“. Der Verein, der mit rund 400 Mitgliedern in den Bereichen Fußball, Disc-Golf und Lacrosse aktiv ist, habe sich sofort mit dem Landessportbund, dem Bochumer Bündnis gegen Rechts und auch der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus im Regierungsbezirk Arnsberg in Verbindung gesetzt.
Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus
Wer als Verein, Kommune, Organisation oder Einzelperson Beratungsbedarf im Zusammenhang mit Rechtsextremismus hat, kann sich an die „Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus“ wenden. Die Stelle wird von ganz unterschiedlichen Seiten, darunter auch Bund und Land NRW, getragen. Für den Regierungsbezirk Arnsberg und damit auch für Bochum zeichnet als Träger das Amt für Jugendarbeit der Ev. Kirche von Westfalen verantwortlich. Wer Beratung oder Hilfe braucht, wendet sich unter Tel. 02304/755280 oder per Mail info@ambr-arnsberg.de direkt an die Beratungsstelle.Referent Jonas Flick erklärt: „Uns geht es darum, zu informieren und gemeinsam Lösungen zu finden“. Dabei leiste die Beratungsstelle auch Unterstützung, wenn es zu einer internen Auseinandersetzung etwa in einem Verein komme. Dies sei immer dann besonders sensibel, wenn etwa Kinder oder Jugendliche davon betroffen seien.
Eine weitere in Bochum lebende Person gehöre sogar zu den wichtigsten „Hammerskins“ in Deutschland. Er bekleide zwar kein öffentliches Amt, sei jedoch in der Szene sehr aktiv. Das antifaschistische Bochumer Netzwerk „Recherche Bo“, das die Exif-Recherchen verbreitet und per Mail unter anderem an Stadt, Presse und Polizei geschickt hat, lässt einen Vertreter mit dem Pseudonym Malte Schröder sagen: „Es bleibt eine wichtige Aufgabe für die Bochumer Zivilgesellschaft, sich aktiv gegen offene und geheime Nazistrukturen zu stellen.“ Das Recherchenetzwerk zeigt übrigens die betroffenen angeblichen „Hammerskins“ sowohl im Bild als auch mit vollem Namen.
Gruppe hat hohes Gewaltpotenzial
Laut NRW-Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2020 vertreten die „Hammerskins“ als subkulturell geprägte Rechtsextremisten mit festem hierarchischen Aufbau rassistische, fremdenfeindliche, nationalistische und antisemitische Positionen, „gepaart mit einem hohe Gewaltpotenzial“. Dabei spiele Musik die bestimmende Rolle, so die Verfassungsschützer. Die Gruppe wird zudem vom Verfassungsschutz beobachtet.
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Die Gruppierung der „Hammerskins“ und einzelne Personen aus dieser Gruppierung sind auch der Polizei Bochum bekannt. Nach Darstellung des Staatsschutzes der Polizei existiere in Bochum „jedoch weder ein regionaler Schwerpunkt noch gibt es polizeilich bekannte Vorkommnisse unter Beteiligung der Gruppierung bzw. einzelner Personen. Gleichwohl verfolgt die Polizei Bochum die Aktivitäten der Gruppierung aber mit der gebotenen Aufmerksamkeit.“
Dabei teilt die Polizei im Zusammenhang mit der jüngsten Outing-Aktion mit, dass es mittlerweile mehrere Verleumdungsanzeigen gegen unbekannt aufgrund der jüngsten Veröffentlichungen gebe. Der Persönlichkeitsschutz sei dabei einer der Gründe, warum sich die Polizei zu einzelnen Personen nicht äußere. Erst im März dieses Jahres gab es in Bochum eine ganz ähnliche Outing-Aktion gegen einen Mann, der angeblich dem Umfeld der verbotenen Neonazi-Gruppe „Combat 18“ zuzurechnen gewesen sei.