Bochum. Zwei Bochumer Industrieunternehmen impfen von Mittwoch an ihre Beschäftigten: Thyssenkrupp und Eickhoff. Das Interesse der Belegschaften ist groß.
Anrufe und Anfragen von Kolleginnen und Kollegen hat es zuhauf gegeben in den vergangenen Wochen. Die immergleiche Frage an Tammo Thies, Betriebsarzt bei Thyssenkrupp in Bochum, und sein Team: „Wann wird bei uns geimpft?“ Jetzt geht es los.
36 Impfkandidaten bei Thyssenkrupp am ersten Tag
Am Mittwoch verimpft der Arbeitsmediziner die ersten Biontech-Dosen an Beschäftigte des Werks an der Essener Straße. 36 Mitarbeiter des größten Industrie-Arbeitgebers in der Stadt kommen zum Auftakt der Impfkampagne in den Genuss des Schutzes gegen Covid-19. Sie haben sich als erste auf der Online-Plattform des Unternehmens dafür angemeldet.
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„Das Interesse an einer Impfung bei uns ist groß“, sagt Tammo Thies. Der 44-Jährige rechnet mit einer Beteiligung von 60 bis 70 Prozent der Belegschaft. Allein 1500 Mitarbeiter hat Thyssenkrupp an der Essener Straße, weitere 800 an der Castroper Straße.
Labor ist umfunktioniert zum Impfzimmer
Am Tag vor dem Impf-Auftakt ist alles vorbereitet. „Wir nehmen jeden einzeln am Eingang in Empfang“, so der Betriebsarzt. Seine Mitarbeiterinnen Yvonne Müssigbrot und Sandra Lilienthal erledigen die Anmeldeformalitäten. Und nach einem kurzen Vorgespräch mit dem Impfkandidaten setzt Tammo Thies im Impfzimmer, dem vorübergehend umfunktionierten Labor in dem zweigeschossigen Flachbau mitten auf dem Betriebsgelände, die Spritze an.
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„Das Impfen selbst dauert nicht sehr lange und geschieht nicht anders als etwa bei einer Grippeimpfung. Der organisatorische Aufwand ist allerdings deutlich größer.“ Dazu gehört u. a. die Datenmeldung an das Robert-Koch-Institut. Nicht zuletzt deshalb werden während der Impfwochen auch externe Helfer da sein.
17 Ampullen mit je sechs Impfdosen in der ersten Woche
Zum besonderen Aufwand gehört das Aufziehen des Impfstoffes, der – anders etwa als bei der Grippeimpfung – nicht automatisch in einer Spritze geliefert wird. Sechs Impfungen sind in einer Flasche enthalten. 17 Flaschen hat die Apotheke am Dienstag für die erste Impfwoche geliefert. 17 mal 6 – macht 102. So viele Thyssenkrupp-Mitarbeiter werden diese Woche in Bochum geimpft. Nächste Woche werden es 84 sein.
Und danach? Das hängt von der Gesamtmenge der Bestellungen aller knapp 6200 Betriebsärzte in Deutschland und der Zuteilung durch das Bundesgesundheitsministerium ab. Viele Wochen werden vergehen, bis alle Impfwilligen im Betrieb ihre Impfungen erhalten haben.
Johnson als weiterer Impfstoff neben Biontech im Gespräch
Bei durchschnittlich 100 Impfdosen pro Woche und möglicherweise 1400 Kandidaten würde es also 14 Wochen dauern, bis alle einmal versorgt sind. Bleibt es dabei, dass ausschließlich Biontech verimpft wird, würde die Zweitimpfung noch einmal 14 Wochen dauern.
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Es sei denn, die Zuteilungsmengen werden größer. Dann könnte Betriebsarzt Thies noch eine zweite Impfstraße im Betriebsarztgebäude aufmachen. Im Gespräch ist außerdem, dass der Impfstoff von Johnson zum Einsatz kommen könnte. „Der wird nur einmal gespritzt“, so Thies. Ergo könnte es schneller gehen. Die wegen der Impfkampagne verschobenen Alltagsaufgaben, etwa arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen, könnten dann früher wieder aufgenommen werden.
Betriebsarzt hat vorsorglich 1000 Impfpässe bestellt
Wie auch immer. Das Betriebsarzt-Team hat an alles gedacht. „Ich habe vorsorglich auch noch 1000 Impfpässe bestellt“, sagt Thies und hält einige der dunkelgelben Papierausweise – die noch ohne Datenvermerk sind – in der Hand: Und: Auch er selbst ist noch nicht geimpft. Eine von den Hunderten Thyssenkrupp-Impfdosen, die in den nächsten Wochen verimpft werden, landet in seinem Oberarm. Dazu muss kein Arztkollege vorbeischauen. Yvonne Müssigbrot, die Medizinische Fachangestellte im Team, hat die Lizenz zum Spritzen.
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Nur ein paar Autominuten von der Essener Straße entfernt beginnt ein weiteres großes Bochumer Industrieunternehmen am Mittwoch sein Impfprogramm. Der Bergbau- und Windkraftzulieferer Eickhoff macht seinen etwa 1000 Mitarbeitern ebenfalls ein Impfangebot. „Wir rechnen mit 300 bis 400 Mitarbeitern, die sich bei uns impfen lassen wollen“, sagt Geschäftsführer Ulf Achenbach. Wie bei Thyssenkrupp werden es erst einmal 102 in der ersten und 84 Impfkandidaten in der zweiten Wochen sein. „Wir hätten uns auch vorstellen können, noch mehr zu impfen, z.B. Angehörige von Mitarbeitern“, sagt Achenbach. Aber das gäbe die Zuteilung des Impfstoffs nicht her.
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Eickhoff priorisiert: Erst Service-Mitarbeiter, dann Reihenfolge nach Alter
Anders als bei Thyssenkrupp hat Eickhoff eine Priorisierungsliste erstellt. „Das ist in Absprache mit dem Betriebsrat geschehen“, so der Geschäftsführer. Zuerst sollen Servicemitarbeiter in den Genuss einer Impfung kommen; vor allem jene, die im Ausland eingesetzt sind. Danach gebe es eine Reihenfolge, die sich nach dem Alter richtet. Die Betriebsärztin bekommt dabei noch Unterstützung von außen.
Das Impfen der Belegschaft geschehe zum einen aus der Fürsorgepflicht gegenüber den Beschäftigten. „Aber natürlich gibt es für ein Unternehmen dabei auch ein geschäftliches Interesse“, so Achenbach. Geschützte Mitarbeiter, vor allem jene im Außendienst, können dann so bald wie möglich wieder ihre Aufgaben wahrnehmen.