Bochum-Gerthe. Bodenaufbereiter Ecosoil will nach Bochum-Gerthe kommen. Viele Bürger sind dagegen, der Stadtrat dafür. Nachbar Castrop könnte eingreifen.

Die Ansiedlung der Ecosoil Nordwest GmbH im Bochumer Norden rückt ein Stück näher. Das Unternehmen für Bodenaufbereitung erwartet in der kommenden Woche den positiven Bescheid über seine Bauvoranfrage, so Geschäftsführer Hans-Herrmann Hüttemann.

Stadtrat überstimmt Bezirksvertretung Nord

Hintergrund dafür ist die Entscheidung des Stadtrats, einen Antrag der Bezirksvertretung Nord abzulehnen, für das in Frage kommende, 36.000 Quadratmeter große Areal an der Bövinghauser Straße einen Bebauungsplan aufzustellen. Mit diesem B-Plan sollte die Grundlage für die Ansiedlung kleinerer Gewerbeunternehmen sowie den Bau von Wohnungen geschaffen werden. Der Rat stimmte in seiner jüngsten Sitzung mehrheitlich dagegen und folgte damit einer Verwaltungsvorlage. In dieser heißt es, das Bauvorhaben von Ecosoil sei „planungsrechtlich zulässig“.

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„Für uns ist das ein Meilenstein“, so der Ecosoil-Geschäftsführer. Sein Unternehmen, das sich erst 2016 nach einem Umzug aus Oberhausen auf dem früheren Gelände des Entsorgers Kost in Riemke niedergelassen hat, ist auf der Suche nach einer neuen Betriebsfläche, weil in Riemke der Discounter Lidl Platz für ein neues Logistikzentrum benötigt. In Gerthe ist das Unternehmen fündig geworden. Es will sich auf dem Gelände des früheren Dämmstoffherstellers Philippine niederlassen.

Bezirksbürgermeister appelliert an Ratsmitglieder

Etliche Bürger haben dagegen protestiert. Und auch die Bezirksvertretung Nord hat sich mehrheitlich dagegen ausgesprochen. Vor allem die wachsende Verkehrsbelastung führen Anwohner und Politiker vor Ort an.

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Bezirksbürgermeister Henry Donner (SPD) hat am Donnerstag im Rat noch einmal die Bedenken des Bochumer Nordens vorgetragen und gebeten, sich mit Entscheidung über die „problematische Materie“ Zeit zu lassen und erst später ein Votum abzugeben. Zu dem im Vorfeld mehrfach gehörten Vorwurf, die Bürger im Norden würden eine Verkehrsbelastung fühlen, die faktisch nicht da sei, sagt er: „Die gefühlten und die tatsächlichen Staulängen kann man sich gerne einmal anschauen, am besten im eigenen Fahrzeug.“

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Von Sanierung bis Entsorgung

Ecosoil ist nach eigenen Angaben beschäftigt mit Flächen- und Altlastensanierung, mit der Entsorgung, Verwertung und dem Transport von Böden. Tätig ist das Unternehmen bundesweit, vor allem aber im Ruhrgebiet.

In Bochum hat es neben einigen anderen Firmen an der Altlastensanierung im ehemaligen Opel-Werk in Laer gearbeitet. Dazu gehörte u.a. auch die Sanierung und Baureifmachung der Fläche rund um das frühere Verwaltungsgebäude, dem heutigen O-Werk.

Zuvor schon hatte er alle Ratsmitglieder angeschrieben. Der Tenor: „Die Belastungsgrenze für den Bochumer Norden ist erreicht.“ Erinnert hat er zudem daran, dass die Stadtverwaltung es sechs Monate lang versäumt habe, eine im November 2020 eingereichte Anregung der Bezirksvertretung für einen B-Plan dem Planungsausschuss vorzulegen. „Das ist rechtswidrig“, so Donner.

Castrop-Rauxel könnte Ansiedlung verhindern

Am Ende stimmte die Ratsmehrheit gegen die Anregung der Bezirksvertretung auf Aufstellung eines B-Plans. „Ich habe auch nicht wirklich damit gerechnet, dass wir Erfolg haben“, räumt Donner ein. „Aber ich wollte deutlich machen, welche Konsequenzen die Ansiedlung hat und dass die Mitglieder des Rats nun für dafür die Verantwortung tragen.“

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Ecosoil ist nun einen Schritt weiter. „Das ist erst einmal positiv“, so Geschäftsführer Hüttemann. Alle Hürden hat das Unternehmen allerdings damit noch nicht genommen. Auch in der Nachbarstadt Castrop-Rauxel regt sich Widerstand. Im vergangenen Jahr kam es im Stadtteil Merklinde zu einer Protestkundgebung mit 170 Teilnehmern. Dem Vernehmen nach will sich die Kommune gegen eine Ansiedlung in der Nähe der Stadtgrenze zu Bochum wehren, weil dies den Zielen eines Integrierten Stadtentwicklungsplans (ISEK) zuwiderlaufe.

Ecosoil muss Betriebsgenehmigung beantragen

Und dabei geht es um mehr als „nur“ um Appelle. Ecosoil muss, um seinen Betrieb verlegen zu können, bei der Bezirksregierung in Arnsberg eine Genehmigung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz beantragen. Dazu hört die Genehmigungsbehörde die beiden betroffenen Städte an: Bochum hat – nun – keine Bedenken. Castrop-Rauxel könnte sie in Arnsberg vortragen und damit eine Genehmigung erschweren oder gar verhindern.

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Für Bezirksbürgermeister Henry Donner ist das Thema daher auch noch nicht erledigt. „Die Bezirksvertretung hat alle Möglichkeiten ausgeschöpft, die sie hat.“ Aber: Gerichte, sollte es wie angekündigt Klagen von Anwohnern geben, und die Bezirksregierung könnten einen Umzug von Ecosoil nach Gerthe noch verhindern.