Bochum. VfL-Fan und Oberbürgermeister: Thomas Eiskirch genießt die Rückkehr des VfL Bochum in die Bundesliga. Dass er live im Stadion war, hat Gründe.
Der VfL Bochum ist zurück in der Bundesliga. Nach dem Aufstieg sprach die WAZ mit Thomas Eiskirch (50, SPD). Der Oberbürgermeister von Bochum ist leidenschaftlicher VfL-Fan von Kindesbeinen an.
Herr Eiskirch, der VfL ist nach elf Jahren zurück in der Bundesliga, die Stadt flippt aus. Sie auch?
Ich freue mich riesig über diesen Aufstieg. Ich freue mich als Fan, ich freue mich für das Team, den Verein, die Stadt, vor allem aber für die vielen Fans – auch, wenn sie dieses Jahr nicht dabei sein konnten. Aber beim Aufstieg nicht dabei zu sein, ist immer noch besser, als beim Nicht-Aufstieg nicht dabei zu sein.
Wann haben Sie gemerkt, dass es dieses Jahr klappen kann?
Beim Pokalspiel in Mainz. Das 2:2 durch Robert Tesche in letzter Minute, der Sieg im Elfmeterschießen. Da habe ich gewusst: Die beißen bis zum Ende. Es wurde deutlich, dass das Trainerteam, der Sportvorstand und alle, die Verantwortung tragen beim VfL, alles aus dieser Mannschaft herausgekitzelt haben. Das ist der Lohn für die seriöse Arbeit der letzten Jahre.
Wie sehr haben die Krawalle rund um den Aufstieg, es gab acht verletzte Polizisten, Ihre Freude getrübt? Der Aufmarsch Tausender war ja vorhersehbar, was hätten Polizei, Stadt und Verein anders machen können oder sollen?
Ein Aufstieg ist Emotion pur. Die allermeisten Bochumerinnen und Bochumer haben friedlich und fröhlich gefeiert und sich dabei an die Regeln gehalten. Einen Aufstieg unter Corona-Bedingungen zu feiern, ist aber auch für alle ganz besonders schwierig. Für die Fans ohne jede Frage, aber eben auch für die Ordnungskräfte und die Polizei. Es ist ganz besonders schwierig das richtige Maß zu finden. Steine zu schmeißen überschreitet dieses Maß aber ganz eindeutig. Das ist nicht akzeptabel und belastet die Stimmung für alle anderen.
Aufstieg des VfL Bochum ist der Lohn für seriöse Arbeit
Herr Eisfeld – wie oft muss sich Bochums Oberbürgermeister eigentlich so ansprechen lassen?
Das passiert wirklich ab und zu in Gesprächen. Insbesondere natürlich mit VfL-Fans. Thomas Eisfeld passiert das vermutlich umgekehrt auch. Macht mir aber nichts. Ich trage in der Ostkurve ja sogar sein Trikot.
Wieso das?
Ich fand die Verpflichtung von Thomas Eisfeld sehr gut und habe mir sofort ein Trikot mit seiner Unterschrift geholt. Bei den Namen hat das ja was.
Das Wort kann keiner mehr hören, trotzdem: Seit wann sind Sie mit dem Virus VfL infiziert?
Zum VfL gehe ich seit meinem vierten Lebensjahr. Jetzt über 45 Jahre, seit 30 Jahren regelmäßig. Dauerkarte, Block O rechts. Das ist richtiges Bochum-Gefühl: in der Kurve zu stehen und mit dem VfL zu fiebern. Insofern ist Virus gar nicht so verkehrt.
Welche Erinnerungen haben sich bei Ihnen besonders eingebrannt?
Da gibt es viele. Erfreuliches wie das 6:0 gegen St. Pauli, mit dem wir das erste Mal in den UEFA-Pokal gekommen sind. Ich erinnere mich aber auch, wie trotz Abstieg Holger Aden auf den Schultern der Fans durchs Stadion getragen wurde oder wie Edu über den Ball getreten hat und wir gegen Standard Lüttich im UEFA-Pokal ausgeschieden sind. Oder der überraschende Aufstieg am Tivoli in Aachen. Was aber am meisten bleibt beim VfL, ist das stetige Hoffen und Bangen. Als VfL-Fan muss man leidensfähig sein.
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Auch in dieser Saison?
Durchaus, es gab ja auch Rückschläge. Aber die Mannschaft war sofort wieder da und hat Rückschläge weggesteckt. Egal ob in Hin- und Rückrunde, zuhause oder auswärts – in allen Tabellen ist der VfL unter den Top drei. Diese Konstanz hat den Aufstieg garantiert.
Stimmt es, dass Sie einen Fanclub mitgegründet haben?
Ja, 1997 den VfL-Fanclub Cafe Sachs. Wir haben den Club gebraucht, weil nur Fanclubs Karten für das Auswärtsspiel nach Trabzon bekamen. Nach dem Spiel haben wir den Club dann im fast nüchternen Zustand auf dem Flughafen in Trabzon offiziell gegründet. Den gibt es bis heute. Und seit fast 25 Jahren haben wir die gleiche Präsidentin.
Gratulation an die Mannschaft und Eintragung ins Gästebuch
Wie haben Sie diese Saison verfolgt?
Wie alle anderen auch, am Radio, Tablet oder Fernseher, je nachdem, wie es terminlich möglich war. Man fiebert da aber ganz anders mit als live, wenn es hoch hergeht und von hinten auch mal ein Bierbecher geflogen kommt. Das macht das Stadion aus.
Als Oberbürgermeister hatten Sie jetzt aber die Chance, beim Endspiel gegen Sandhausen im Stadion zu sein. Sie haben lange überlegt, ob Sie das machen sollen, oder?
Ja, ich habe lange überlegt. Als Fan gehöre ich vor den Bildschirm und als Oberbürgermeister ins Stadion. Aber es gebührt sich nun mal, dass die Stadt dem Verein, dem Trainer und der Mannschaft offiziell gratuliert. Wenn man schon nicht auf dem Rathaus-Balkon feiern kann, gehört es wenigstens dazu, sich ins Gästebuch der Stadt einzutragen und belobigt zu werden.
Was kann die Stadt vom VfL lernen?
Zuverlässigkeit, Optimismus, Siegeswillen und Konstanz. Der VfL strahlt Bodenständigkeit aus, nicht viel Chichi drum herum, sondern Konzentration auf das Wesentliche.
Was macht der Aufstieg des VfL mit der Stadt?
Er unterstützt die Stimmung und das Selbstwertgefühl der Bochumer Bürgerinnen und Bürger positiv. Ein Erstligist genießt eine ganz andere nationale und auch internationale Wahrnehmung und damit eben auch die Stadt. Wenn wir als Stadt das mit guten Nachrichten zur Entwicklung unserer Stadt verknüpfen können, dann haben wir beide was davon.
Sie haben diese Verbindung ja zeitgleich mit dem Aufstieg mit einem Banner am Rathaus deutlich gemacht.
Ja, wir können stolz auf Bochum sein: Der Spruch „Unsere Stadt, unser Verein, gemeinsam erstklassig“ spiegelt das wider.
Stadt will Ruhrstadion up to date halten
Wie kann die Stadt den VfL unterstützen? Stichwort: Ruhrstadion.
Ich liebe dieses Stadion, weil es ein echtes Fußballstadion mitten in der Stadt ist, zwei Haltestellen vom Bahnhof entfernt. Seine Gradlinigkeit und die Lage mitten in der Stadt passen zu Bochum. Wichtig ist, das Stadion immer up to date zu halten, um den Anforderungen von Erstligafußball auch gerecht zu werden. Wir prüfen ständig, was wir tun müssen, um das dauerhaft sicherzustellen.
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Viele namhafte lokale Unternehmen unterstützen als Sponsoren den Verein. Auch städtische Gesellschaften gehören dazu. Werden Sparkasse oder Stadtwerke künftig wieder tiefer in die Tasche greifen?
Wir haben uns mit dem VfL damals darauf verständigt, dass wir uns in der Zweiten Liga stärker als üblich engagieren. Im Gegenzug behalten wir das Budget beim Aufstieg bei. In guten wie in schlechten Zeiten…
Die guten Zeiten kommen ja jetzt. Wo werden Sie das erste Heimspiel des VfL in der Bundesliga vor Publikum sehen, in der Ostkurve oder in der Stadtwerke-Lounge?
Ich würde mich sehr freuen, zum Saisonstart überhaupt wieder ins Stadion gehen zu können. Sicher bin ich mir da nicht. Wenn es möglich wäre, stehe ich mit hoher Wahrscheinlichkeit in der Ostkurve. Denn es gibt nur wenige Vereine, bei denen ich im Wort stehe und Gäste zu Heimspielen des VfL einlade.
Auf welche Bundesligaspiele freuen Sie sich am meisten?
Es gibt zwei Spiele, auf die sich alle freuen: Bayern und Dortmund. Ein Derbysieg im Vonovia Ruhrstadion – das wär’s!