Bochum. Unter Klaus Toppmöller erlebte der VfL Bochum Sternstunden auf Europas Bühne. Der 69-Jährige denkt gerne an die Erfolge und die Stadt zurück.

Klaus Toppmöller kann sich nicht beklagen. Er sei seit 40 Jahren verheiratet, sagt er am Telefon. Er habe drei Kinder. Und die erste Corona-Impfung. „Ich freue mich auf das erste Glas Bier, das ich draußen trinken kann.“ Vielleicht an der Mosel, wo er geboren wurde und noch heute lebt.

Klaus Toppmöller im Jahr 2019 in seinem Wohnort Rivenich.
Klaus Toppmöller im Jahr 2019 in seinem Wohnort Rivenich. © dpa

Klaus Toppmöller konnte sich beklagen. Und wie. In seiner Karriere als Trainer sagte er oft, was er dachte. Und er machte, was er wollte. Klaus Toppmöller hatte Erfolg. Mit Eintracht Frankfurt sagte er etwas zu früh „Bye-Bye Bayern“ und verpasste 1994 die Meisterschaft. Mit Bayer Leverkusen schaffte er 2002 das Vize-Triple aus Platz zwei in der Bundesliga und Champions-League- sowie Pokalfinalteilnahme. Doch eine Station liegt ihm besonders am Herzen: „Das Beste in meiner Karriere war Bochum. Da habe ich mich am wohlsten gefühlt.“

Es beruht, zumindest dieser Tage, auf Gegenseitigkeit. Am Sonntag (15.30 Uhr/Sky) kann der VfL Bochum mit einem Sieg oder einem Unentschieden im Heimspiel gegen den SV Sandhausen die Bundesliga-Rückkehr perfekt machen – oder am letzten Spieltag doch noch auf den Relegationsplatz zurückfallen. „Bochum schafft das. Definitiv“, sagt Klaus Toppmöller.

Toppmöller: „So etwas siehst du nie wieder“

Wegen der erfolgreichen Saison wird momentan oft an die großen Zeiten des VfL erinnert. An die Aufstiege, an die Europapokal-Nächte. Ein Name fällt zwangsläufig: der von Klaus Toppmöller, der den Revierklub 1997 ins Achtelfinale des Uefa-Cups gegen Ajax Amsterdam führte. „Das war eine wunderschöne Zeit in Bochum“, schwärmt der inzwischen 69-Jährige. „Es hat schon Spaß gemacht.“

Klaus Toppmöller - Nationalspieler und Erfolgstrainer

Klaus Toppmöller (69) wechselte 1972 von Eintracht Trier zum 1. FC Kaiserslautern. In 204 Spielen traf der Stürmer 108-mal für den FCK. 1980 zog es den dreimalige Nationalspieler nach Amerika zu Dallas Tornado. In Deutschland beendete er nach sechs Jahren beim FSV Salmrohr im Sommer 1987 seine Spielerkarriere.

Nach seinem Abschied in Salmrohr trainierte er zunächst kleinere Vereine (SSV Ulm, Wismut Aue, Waldhof Mannheim) und dann in der Bundesliga Eintracht Frankfurt (Juni 1993 bis April 1994), den VfL Bochum (November 1994 bis Juni 1999), Bayer Leverkusen (Juli 2001 bis Februar 2003) und den HSV (Oktober 2003 bis Oktober 2004) - unterbrochen von einem Intermezzo beim 1. FC Saarbrücken (Juli 1999 bis November 2000).

Nachdem er von Februar 2006 bis April 2008 die georgische Nationalmannschaft trainiert hatte, endete seine Trainer-Karriere.

Klaus Toppmöller spricht mit schwerer, wie die Mosel dahinfließender Stimme. Als das Gespräch auf die Europapokalnächte kommt, werden seine Worte schneller. Nach dem Sieg gegen den FC Brügge trat der VfL Ende November beim niederländischen Spitzenklub Ajax Amsterdam an und führte zur Halbzeit dank zweier Treffer von Thomas Reis und Tomasz Waldoch. „Ich habe zu unserem Zeugwart gesagt: Hol’ die Kamera, so etwas siehst du nie wieder. Als er zurückkam, stand es 2:2“, erinnert sich Toppmöller an die 2:4-Pleite. Im Rückspiel endete der Rausch mit einem Kater an der Castroper Straße. Wieder führte der VfL, diesmal durch Tore von Norbert Hofmann und Zoran Mamic. Doch erneut drehte Amsterdam die Partie zum 2:2.

Toppmöller über VfL-Trainer: „Thomas Reis passte perfekt“

Verteidiger Thomas Reis, heute Cheftrainer des VfL, war 1995 von Eintracht Frankfurt nach Bochum gewechselt. Ein Coup von Klaus Toppmöller, wie er erzählt. „Thomas Reis war ein technisch feiner Fußballer. Er passte perfekt in mein System. Das war überragend.“ Der Mann mit den markanten lockigen Haaren ist nicht bescheiden. Er habe die Viererkette eingeführt, mit seinen Trainingsmethoden verblüfft, aus wenig in Bochum viel gemacht. 1996 schaffte er nach dem Abstieg mit Bochum den Wiederaufstieg, sorgte er in der Bundesliga für Furore. „Zauberhaft“ sei die Mannschaft um Dariusz Wosz gewesen, „wunderbar“ die Stadt, die Leute. 1999 folgte der erneute Abstieg in Liga zwei und sein Ende in Bochum. Klaus Toppmöllers Erklärung für den Misserfolg, ganz typisch: „Weil die besten Spieler immer aus Bochum weggehen. Das ist auch heute noch so.“

Dass Klaus Toppmöller überhaupt in Bochum landete, hatte er Reinhard Rauball zu verdanken. Eigentlich wollte er 1994 zu Dynamo Dresden wechseln, er sei mit dem Klub einig gewesen, erbat sich aber eine Nacht Bedenkzeit. Da kam dann noch der Anruf von VfL-Manager Klaus Hilpert. „Wir trafen uns auf einer Autobahnraststätte.“ Weil er Hilpert nicht kannte, rief er seinen Kumpel Rauball an. Der langjährige BVB-Präsident versicherte ihm, Bochum sei eine gute Adresse. Er behielt Recht.

Der heutige Bochumer Trainer Thomas Reis grätscht 1997 im Uefa-Pokal gegen Sunday Oliseh von Ajax Amsterdam.
Der heutige Bochumer Trainer Thomas Reis grätscht 1997 im Uefa-Pokal gegen Sunday Oliseh von Ajax Amsterdam.

Die Spiele des VfL Bochum verfolgt Klaus Toppmöller immer noch „intensiv“, genauso wie die von Leverkusen und RB Leipzig, wo sein Sohn Dino Toppmöller Co-Trainer ist. An Hamburg, seine letzte Trainerstation in Deutschland, denkt er nicht gerne zurück. 2003 engagierte ihn der HSV. Begleitet von lautem Krach wurde Klaus Toppmöller nach nicht einmal einem Jahr entlassen. Der Erfolg ließ zu wünschen übrig, im Pokal war der Klub schon in der ersten Runde an Paderborn gescheitert. Was erst später herauskam: Die Partie war von Schiedsrichter Robert Hoyzer manipuliert worden. Ein Einschnitt im Leben von Klaus Toppmöller. „Da habe ich die Lust komplett verloren, in Deutschland eine Mannschaft zu trainieren“, sagt Klaus Toppmöller. Ihn zog es für zwei Jahre ins Ausland, nach Georgien. So zauberhaft wie in Bochum wurde es nie mehr.