Bochum. Bis auf Restparzellen sind die Flächen des Bochumer Westparks vermarktet. Zeit, um eine vorläufige Bilanz zu ziehen. Dabei fing es holprig an.

Die Wiederbelebung der „Verbotenen Stadt“, dem ehemaligen Gussstahlfabrik-Gelände rund um die Jahrhunderthalle, geht in die letzte Phase. Wo sich noch bis Anfang der 90er Jahre am Rande der Bochumer Innenstadt Fuchs und Hase zwischen rostigen Schienen und maroden Industrie-Ruinen „Gute Nacht“ sagten, arbeiten heute moderne Großstadtmenschen oder freuen sich Kulturinteressierte auf Veranstaltungen in der Jahrhunderthalle (wenn nicht gerade Corona regiert). Bis auf kleinere Randparzellen sind die Flächen komplett verkauft. Zeit, um Innezuhalten und eine vorläufige Bilanz zu ziehen.

Bedeutung im nächsten Jahrtausend

Als Ende der 80er Jahre das alte Stahlwerk weitgehend demontiert war, beschwor Prof. Karl Ganser, Kopf und damals von vielen belächelter Visionär der Internationalen Bauausstellung (IBA) Emscher Park, das Potenzial dieser Fläche. Sein Credo damals: „Diese Standorte im Zentrum des Ruhrgebiets mit hervorragender Verkehrserschließung und innenstadtnaher Lage erhalten ihre Bedeutung im nächsten Jahrtausend, wenn die Qualitätsansprüche für Büroinvestitionen und Wohnungen bei insgesamt eher nachlassender Nachfrage weiter steigen.“ Er sollte Recht behalten.

Blick auf die gigantische Fläche der Gussstahlfabrik aus dem Jahre 1980. Zur Orientierung: Links das weiße Gebäude ist die ehemalige Hauptverwaltung. Die Jahrhunderthalle mit dem Hochwasserbehälter befindet sich im oberen linken Viertel der Aufnahme.
Blick auf die gigantische Fläche der Gussstahlfabrik aus dem Jahre 1980. Zur Orientierung: Links das weiße Gebäude ist die ehemalige Hauptverwaltung. Die Jahrhunderthalle mit dem Hochwasserbehälter befindet sich im oberen linken Viertel der Aufnahme. © Regionalverband Ruhr | RVR

Die zu vermarktenden Grundstücke auf dem 35 Hektar großen Riesenareal schienen zu Beginn eher als Ladenhüter bleischwer im „Verkaufsregal“ zu liegen. Zunächst hatte die Landesentwicklungsgesellschaft, heute NRW.Urban, das Stahlwerksareal von Krupp erworben. In den 90er und frühen 0-er Jahren gab es die wildesten Ideen: Der österreichische Konzeptkünstler André Heller wollte seinen Anima-Park nach Bochum bringen, und „Planet of Visions“ von der Hannover-Expo sollte in Bochum zum zweiten Leben erblühen. Ersteres blieb ein Luftschloss, verbrannt ist das andere. Ebenfalls geplatzt aufgrund des schwierigen Baugrunds ist ein einst hochgelobtes Wohn-Siedlungsprojekt auf dem Stahlwerks-Plateau.

Einen geheimnisvollen Ort erhalten

Überliefert sind die Ergebnisse eines Symposiums, das Anfang Juni 1995 im Torhaus 5 an der Alleestraße stattfand. Der damalige Stadtbaurat Helmut Ahuis baute sprachlich und konzeptionell eine Brücke von der Industrie-Geschichte hin zu moderner Stadtplanung.

Er schrieb: „Vor allem keine Halbheiten und Zwischenlösungen! Wenn es uns hier gelingt, die Poesie dieses Ortes zu bewahren und diesen geheimnisvollen Ort mitten in der Stadt zu schaffen, wird das dem gesamten Rest zugute kommen.“ Ob es gelungen ist, wird die Zeit zeigen.

Doch dann stellten sich die ersten Erfolge ein. Projektmanager Burkhardt Bahrenberg ist von ganz Beginn an dabei. Was glaubt der Fachmann ist das Geheimnis des Erfolgs? „Vielleicht ist es einfach der lange Atem, den wir als öffentliches Unternehmen gehabt haben. Ein Privatentwickler hätte vielleicht eher die Geduld verloren.“

Mittlerweile sind alle entspannt

Auch wenn Bahrenberg keine Einzelheiten nennen darf, ist er doch mittlerweile sehr entspannt. Für das letzte rund 8000 Quadratmeter große Einzelgrundstück an der Wattenscheider Straße gebe es einen vielversprechenden Interessenten. Und auch zwei kleinere Grundstücke auf dem Stahlwerksplateau sieht er bereits recht bald in guten Händen.

Stadtbaurat Markus Bradtke stimmt in das Loblied mit ein. „Es sah nicht immer so erfolgreich aus, aber heute sind wir hochzufrieden.“ Vielleicht liege es daran. Wenn erst einmal ein interessanter Käufer vorangegangen sei, kämen andere „und die sagen sich dann, da wäre ich gerne Nachbar“. So geschah es etwa, nachdem sich die Kultur Ruhr GmbH zum Wechsel aus Gelsenkirchen entschlossen habe.

Die Stadt selbst hat mehr oder weniger eine Mittlerrolle inne. In Abstimmung mit einzelnen Käufern und Bauherren kann sie über für alle gültige Gestaltungsrichtlinien Einfluss nehmen, um so eine gewisse bauliche Qualität zu erhalten.

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