Bochum-Harpen. Das Sozialamt hat Obdachlose am Rosenberg untergebracht. Nachbarn fühlen sich belästigt. Bezirk Bochum-Nord hält an Wohnprojekt fest

Im Sommer letzten Jahres wurde die Bezirksvertretung Bochum-Nord aufgeschreckt, als sich Anwohner am Rosenberg im Umfeld der Flüchtlingsunterkünfte Am Nordbad über Belästigungen beschwerten. Doch nicht Geflüchtete waren die Verursacher von Lärm und Dreck, sondern neue Bewohner, die das Sozialamt dort untergebracht hatte - ohne Kenntnis der Bezirksvertreter.

Vorübergehend nutzt das Sozialamt leerstehende Kapazitäten auf dem Gelände des ehemaligen Schwimmbads für die Unterbringung nicht nur Wohnungsloser - also Menschen, die ihre Bleibe etwa durch einen Brand verloren haben, die im Konzept vorgesehen sind - sondern auch Obdachlose, psychisch Kranke und Suchtkranke. "Im August lag deren Anteil bei 47 Prozent", erklärte Martin Morche, Vorsitzender des SPD-Ortsvereins Rosenberg, als er sich gemeinsam mit Katja Schröder, Vorsitzende des Stadtbezirks Bochum-Nord, vor Ort ein Bild machte.

Politiker im Bochumer Norden nicht informiert

Was ihn aufbrachte: Die Politik sei über diese Entwicklung nicht informiert worden. Befürchtet wurde ein zweites "Zillertal": Dort wuchs der Ärger der Riemker Nachbarn wegen unzumutbarer Belästigungen durch rumänische Zuwanderer, bis die Stadt das Problemhaus 2014 für unbewohnbar erklärt hatte.

Inzwischen hat sich die Lage am Nordbad etwas entspannt. Aktuell leben noch 48 Obdachlose dort. Andrea Henze, Leiterin des Sozialamtes, informierte die Bezirksvertretung Bochum-Nord in der jüngsten Sitzung, nachdem das Gremium mehrfach bei der Verwaltung auf Aufklärung gedrängt hatte. Sie räumte ein: "Vorgesehen war im Konzept eine Belegung von fünf Prozent. Da sind wir drüber." Henze gab Versäumnisse der Verwaltung zu und versprach, künftig die Bezirksvertretung zu informieren bzw. zu beteiligen.

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Zu der Belegung erklärte sie, dass die Zahl der Bewohner von 172 auf 158 und die darin enthaltene Anzahl der Wohnungs- und Obdachlosen von 73 auf 53 gesunken sei. Die Sozialverwaltung sei dabei, die Gruppen zu trennen und die Situation zu bereinigen.

Das Sozialamt habe einen der Modulbauten für diese Personengruppe geöffnet, um die Lage zu entzerren. "Wir bauen den Anteil weiter ab." Das aber gehe nicht so schnell; "es stehen einfach nicht genügend Unterkünfte zur Verfügung". Die Situation der Obdachlosen in Bochum habe sich verschärft. "Wir arbeiten mit hiesigen Wohnungsunternehmen zwecks Unterbringung zusammen." Zudem startete die Stadt das Projekt "Shelter", über das auch private Eigentümer ermuntert werden sollen, diese Menschen unterzubringen.

Betreuer mit psychiatrischen Erfahrungen

Am Nordbad wird ab Mai ein neuer Betreuungsanbieter gesucht - der Vertrag mit "Plan b" läuft aus - der besonders auch für die neuen Zielgruppen Experten aufweisen kann, z.B. mit psychiatrischen Erfahrungen.

Die Politik fordert derweil eine Perspektive für den Standort Nordbad. Sie hält fest an den Plänen, dort Wohnbebauung zu installieren. Bezirksbürgermeister Henry Donner: "Als die Flüchtlingsunterkünfte dort eingerichtet wurden, hieß es immer, es sei keine Lösung auf Dauer." Zudem habe der Zuzug von Migranten stetig abgenommen, viele seien bereits in Wohnungen gezogen. Zwar sei durch die Amtsleiterin der Bezirk erstmals informiert worden, doch bleibe die Situation unbefriedigend.

Bezirk Nord hält am Wohnungsbau fest

"Wir geben das Wohnungsbauprojekt nicht auf. Dazu gibt es auch einen gültigen Bebauungsplan." Die Pläne waren gekoppelt an den sechsspurigen Ausbau der A43 in den Jahren Ende 2024/2025.

Dazu wäre ein elf Meter hoher und 500 Meter langer Lärmschutzwall erforderlich geworden, dessen Kosten sich Straßen-NRW und Stadt Bochum teilen wollten. Doch der Ausbau soll nach aktuellen Plänen inzwischen an der Anschlussstelle Harpen enden. "Dann reicht ein einfacher Schutzwall aus. Den sollte dann der Bauträger errichten, was baurechtlich festgeschrieben werden kann", so Donner.

Ziel von Unterkünften müsse sein, die Menschen in eigene Wohnung zu bringen. "Nach Auflösung des Standortes Ende 2024 muss der vorhandene Bebauungsplan umgesetzt werden." Dazu erklärt Sozialamtsleiterin Andrea Henze auf WAZ-Nachfrage: "Das ist auch unser Ziel."

Info: Spiel-, Grün- und Wohnbereich

Vorgesehen ist nach dem Bebauungsplan Nr. (Nr. 822 - Freizeitgelände Rosenberg) die Schaffung eines eigenständigen Grün- und Freizeitbereiches, der insbesondere dem Nutzen der Kinder und Jugendlichen des gesamten Stadtteils dient, sowie ein neues Wohnquartier.

Hier sind 18 Einfamilienhäuser und drei Mehrfamilienhäuser in offener, zweigeschossiger Bauweise mit einem Staffelgeschoss vorgesehen.

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