Bochum-Gerthe. Ehemalige Apotheke im Gerther Stadtteil-Kern steht seit Jahrzehnten leer. Politik im Bochumer Norden drängt auf Beseitigung der Schrottimmobilie.

Die Politik im Bochumer Norden wird nicht müde, auf den viele Jahre bestehenden Leerstand der ehemaligen Gerther Apotheke am Castroper Hellweg inmitten des Stadtteils, gegenüber vom Beginn der Fußgängerzone, hinzuweisen. Immer wieder versuchten die Fraktionen in der Bezirksvertretung Nord, gegen den zunehmend verfallenen Bau vorzugehen – bislang ohne Erfolg.

Die SPD-Fraktion im Bezirk, allen voran Bezirksbürgermeister Henry Donner, entfachte zuletzt erneut eine Debatte. „Früher war die Gerther Apotheke der Mittelpunkt und das Aushängeschild des Stadtteils. Die Straßenbahnhaltestelle wurde nach ihr benannt, bevor man sie dann in ,Gerthe-Mitte’ umbenannte“, so Donner.

Gebäude war ehemals ansehnlicher Ortsmittelpunkt in Bochum-Gerthe

Bis zum Tod der Apotheker-Eheleute Grothe war das Gebäude ein ansehnlicher Ortsmittelpunkt an zentraler Stelle am Castroper Hellweg und prägte das „Einfahrts-Tor“ nach Gerthe.

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Doch seit langer Zeit sei zu beobachten, dass der bauliche Zustand schlechter werde und dass inzwischen eine Schrott-Immobilie den Mittelpunkt des Stadtteils verschandele. Beabsichtigte stadtbildprägende Maßnahmen, die den Ortskern Gerthes attraktiver gestalten sollen, würden durch den baufälligen Zustand dieses Gebäudes ad absurdum geführt. Donner: „Der Zustand des Hauses stört das gesamte Erscheinungsbild Gerthes und ist mit dem Wohn- und Geschäftsumfeld nicht vereinbar.“

Die SPD stellt dem Bauordnungsamt eine Reihe von Fragen – wie die nach dem Eigentümer der Immobilie, wann dieser beabsichtige, das Haus wieder in einen ansehnlichen Zustand zu versetzen und welche Mittel die Stadt an der Hand hat, um ihn zum Eingreifen zu drängen.

Schmierereien überziehen die Front des Gebäudes. Anwohner und Kaufleute ärgern sich über den Anblick.
Schmierereien überziehen die Front des Gebäudes. Anwohner und Kaufleute ärgern sich über den Anblick. © FUNKE Foto Services | Alexa Kuszlik

Ernüchternde Antworten auf ihren Vorstoß in die gleiche Richtung erhielt die CDU-Fraktion schon im vergangenen Jahr. Im Januar 2019 sprach die CDU vom „optischen Schandfleck im Zentrum von Gerthe“. Die Idee: Die Entwicklung der Wohnbaufläche Gerthe-West könnte eine Möglichkeit eröffnen, dieses Problem zu beseitigen.

Auf Einsicht des Besitzers hoffen

Auf ihre Frage, welche Chancen die Verwaltung sieht, im Einvernehmen mit dem Eigentümer die Situation zu ändern, lautet die Antwort: Grundsätzlich sei das Herantreten an den Eigentümer der Immobilie der erste Schritt für eine mögliche Verbesserung der Situation vor Ort. Die beratende Unterstützung stünde dabei im Vordergrund.

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Doch dies sei sehr zeitaufwendig und ohne Kooperation des Hausbesitzers nicht von Erfolg gekrönt. Tatsächlich kann die Stadt in erster Linie nur auf Einsicht des Besitzers hoffen. Erst dann, wenn das Gebäude so baufällig ist, dass Passanten durch das brüchige Gemäuer verletzt werden könnten, kann die Verwaltung das Haus sichern und die Kosten vom Eigentümer zurückholen.

Fördermittel vom Land beantragen

Da das Grundstück nicht in einem ISEK-Gebiet (integriertes städtebauliches Entwicklungskonzept) liege und es derzeit keine anderen Fördermöglichkeiten gebe, fehle der Anknüpfungspunkt, um das Thema anzugehen. Denn grundsätzlich besteht die Chance, Fördermittel vom Land zu beantragen, um Schrottimmobilien aufzukaufen. Überdies: Eine Kontaktaufnahme mit dem Besitzer war bislang gar nicht notwendig, da das Objekt durch das Bauordnungsamt im sogenannten Schrottimmobilien-Kataster eingefügt ist, indes nicht mit akutem Handlungsbedarf.

Grundstück und Gebäude sichern

Anders in Wattenscheid: Seit Jahren vermüllt und verfällt die Schrottimmobilie Günnigfelder Straße 126. Hier sieht die Stadt Handlungsbedarf und will konsequenter eingreifen.

Das betonte Stadtbaurat Dr. Bradtke im Juni im Hauptausschuss. Die Stadt will als „Ersatzvornahme“ Grundstück und Gebäude sichern und verschließen und geht, was die Kosten anbelangt, in Vorleistung – um Gefahren für Dritte abzuwenden.

Das Geld will man sich später vom Besitzer wiederholen; ob es gelingt, bleibt abzuwarten.

Auch aus bauordnungsrechtlicher Sicht sieht die Verwaltung keinen Grund zum Handeln, weil eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit, etwa durch herabfallende Gebäudeteile oder Dachpfannen auf den Gehweg, nicht vorliege. Somit ist auch nicht geplant, dass die Stadt das Gebäude kauft und selbst saniert.

Von öffentlichem Interesse

Henry Donner kann sich damit nicht abfinden: „Ich werde nicht locker lassen. Der Anblick des vernachlässigten Gebäudes ist von öffentlichem Interesse. Kürzlich wurde mir berichtet, dass dort Ratten im Keller seien. Das könnte über das Gesundheitsamt ein Anknüpfungspunkt sein.“ Er bezweifle, dass das Bauordnungsamt das Haus von oben bis unten inspiziert habe. Andere Städte seien da rigoroser: „Es gibt mehr Möglichkeiten, als Stadt einzugreifen, wenn man will.“