Hofstede. Bochumer Politikerin bringt engagierte Bürger und städtische Verwaltung zusammen. Aufwertung von Hofstedes „Grüner Lunge“ muss bezahlbar sein.

Die Halde Hannibal soll als Naherholungsgebiet erhalten bleiben. Eine Reaktivierung als Gewerbefläche ist vom Tisch. Dafür hatte sich die Interessengemeinschaft (IG) „Grüne Lunge Hofstede“ 2017 stark gemacht. Ein vom Umwelt- und Grünflächenamt erstelltes Konzept für die Aufwertung der bewaldeten Halde sorgte nun Ende Juni zunächst für Skepsis: Allein Wegebau-Maßnahmen werden darin mit 250.000 Euro kalkuliert. Zu viel, nicht zielführend, urteilten die Aktiven der IG.

Konstruktiver Dialog

Statt nun einfach Kritik vom Stapel zu lassen, vermittelte Ratsmitglied Martina Schnell (SPD) zwischen Bürgern und Verwaltung und organisierte eine gemeinsame Begehung der Halde. In rund eineinhalb Stunden entwickelte sich ein konstruktiver Dialog, der zeigt: die Vorstellungen liegen nicht so weit auseinander, wie es die geschätzten Kosten suggerieren könnten.

Ort für Mensch und Tier

„Wir als IG ‚Grüne Lunge Hofstede‘ hatten vorgeschlagen, die Wege als Waldwirtschaftswege zu belassen und den steilen südlichen Zugang zur Halde zu schließen. Wir möchten eine Naturhalde, keine Nobelhalde“, fasste Heinz Rittermeier den Standpunkt zusammen. Ein Betrag von 250.000 Euro wirke sich dabei eher abschreckend auf das Projekt aus. „Die Halde soll begehbar und der Natur erhalten bleiben, Mensch und Tier sollen sich hier wohlfühlen. Dafür müssen auch die Kosten kommunizierbar sein.“

Der Wald auf der Halde Hannibal hat sich gut entwickelt. Weitgehende Eingriffe sind deshalb nicht geplant.
Der Wald auf der Halde Hannibal hat sich gut entwickelt. Weitgehende Eingriffe sind deshalb nicht geplant. © FUNKE Foto Services | Dietmar Wäsche

https://www.waz.de/staedte/bochum/bochum-wie-aus-der-zechenhalde-hannibal-ein-wald-wurde-id229244716.htmlMarcus Kamplade vom Umwelt- und Grünflächenamt erläuterte vor Ort, wie die geschätzte Summe zustande kommt. In die Kalkulation sei alles eingeflossen, auch Wege, die ursprünglich nicht diskutiert wurden: „Ich muss die Halde als Ganzes betrachten und den Idealfall der kompletten Wiederherstellung skizzieren. Das ist Sinn und Zweck eines Gesamtkonzeptes.“ So schlagen letztlich rund 1,8 Kilometer Wege zu Buche, die wiederum nicht allesamt sofort hergerichtet werden müssten.

Maßnahmen priorisiert

Gebaut werden könne daher über Jahre in Abschnitten – sobald Mittel vorhanden seien. Bei der Priorisierung war man sich schnell einig: der untere Weg, der von „In der Provitze“ vorbei an Kleingartenanlage und Sportplatz bis zur Poststraße führt und eine Senke, auf einem abgehenden Weg hinauf zum Phönixberg, stehen ganz oben auf der Liste. Dafür seien rund 15.000 Euro nötigt, schätzt Marcus Kamplade.

Pädagogisches Konzept erarbeiten

Das erstellte Konzept der Verwaltung bezieht weitere Vorschläge der IG „Grüne Lunge Hofstede“ ein, die auch von der rot-grünen Koalition im Rat angebracht wurden. Für ansässige Kindergärten und eine Grundschule soll ein pädagogisches Konzept entwickelt werden.

Weiterhin sollen neue Abfallbehälter aufgestellt werden. Auch Schilder mit historischen Informationen oder Hinweisen auf die heimische Flora und Fauna sind eine Option.

Die neuen Wege sollen auf einer Breite von 2.50 m angelegt werden. Gefällestrecken müssen im Zuge der Verkehrssicherheit neu asphaltiert werden, bei anderen „ist es erforderlich, die verkrautete Wegedecke abzuziehen, mit Schotter zu regulieren und dann die wassergebundene Deckschicht wiederherzustellen“, heißt es seitens der Verwaltung.

Generell sollen nicht alle Wege wieder reaktiviert, einige zugewachsene stattdessen der Natur endgültig zurückgegeben werden. Auch ein ehemaliger Platz auf dem Plateau der Halde bleibt laut Planungsvorschlag und im allgemeinen Einverständnis.

Offene Mittel nutzen

Erste Mittel könnten aus einer anderen Maßnahme genutzt werden, so Ratsmitglied Martina Schnell: „Ursprünglich waren Mittel für einen Weg im Zuge des neuen Gewerbegebiets an der Freudenbergstraße eingeplant. Diesen musste jedoch bereits das ausführende Unternehmen wiederherstellen, so dass hier offene Gelder zur Verfügung stünden. Die Entscheidung, ob diese Mittel zumindest teilweise als Anschubfinanzierung für die Halde genutzt werden können, liegt bei der Bezirksvertretung.“

Durchforstung im Winterhalbjahr

https://www.waz.de/staedte/bochum/neue-ideen-fuer-die-halde-hannibal-in-bochum-hofstede-id227712211.htmlDie Durchforstung des Waldgebietes der Halde Hannibal werde vom „Technischen Betrieb in den Forstwirtschaftsplan für das Winterhalbjahr 2020/21 aufgenommen und entsprechend ausgeführt“, heißt es weiter in der Antwort der Verwaltung. Der Mischwald – größtenteils Bergahorn, Erlen, Robinien und Eschen – soll gepflegt, kranke Bäume entfernt und durch neue ersetzt werden. Einigkeit herrschte auch über die vorgeschlagenen Standplätze von neuen Bänken an Wegkreuzen.

„An einem Strang gezogen“

Mit dem Ortstermin sei ein wichtiger Schritt zum Erhalt von Hofstedes „Grüner Lunge“ gemacht worden, freut sich Heinz Rittermeier: „Gut, dass die Politik diese Gespräche ermöglicht. Wir haben heute einige Konsenspunkte erreicht, an einem Strang gezogen.“ Sukzessiv, hoffen Rittermeier und Dirk Cottmann (IG) stellvertretend, könne nun etwas für den natürlichen Erhalt gemacht werden.

https://www.waz.de/staedte/bochum/nord/stadt-korrigiert-rvr-halde-hannibal-soll-gruenflaeche-bleiben-id215958137.htmlMit ersten baulichen Maßnahmen rechnen die Verantwortlichen erst in 2021. Martina Schnell: „Wir haben uns bestimmt nicht das letzte Mal hier zum Dialog getroffen und sind auf einem guten Weg. Jetzt braucht es Geduld und Geld.“