Hofstede. Stadt will Halde Hannibal für Gewerbe reaktivieren. Bürger gründen Interessengemeinschaft. Für sie ist der Wald das letzte Fleckchen Natur dort.

Nach dem Regen duften die Pflanzen intensiv. Direkt neben der Kleingartenanlage In der Provitze führt ein Fußweg bergan, hinein ins Wäldchen der Halde Hannibal . Doch genießen kann Dirk Lottmann die Natur hier nicht: „Die Stadt will uns das letzte Fleckchen Grün in Hofstede nehmen“, empört er sich.

Er gehört zum harten Kern der Interessengemeinschaft „Grüne Lunge Hofstede“, ebenso wie Werner Klockenkemper, Heinz Rittermeier und Lennart Schnell. Die Gemeinschaft hat einen Bürgerantrag mit 133 Unterschriften – „auf die Schnelle gesammelt“ – zum Erhalt des Waldes beim Oberbürgermeister eingereicht.

Denn die Stadt schlägt vor, den sogenannten Phönixberg, eine Halde der ehemaligen Zeche Hannibal, für Gewerbe zu reaktivieren. Nach der Stillegung begann die Stadt mit der Aufforstung, um die Wohnqualität im Stadtteil zu verbessern.

82 Hektar Gewerbefläche fehlen in Bochum

Der Regionalverband Ruhr (RVR) hatte im vergangenen Jahr die Stadt aufgefordert, zusätzlich Flächen für Gewerbe zu benennen , denn in Bochum fehlten laut Regionalplan Ruhr 82 Hektar Gewerbefläche. Die Halde Hannibal mit 6,5 Hektar Fläche ist in der Diskussion.


Die Halde Hannibal wurde nach Schließung der Zeche begrünt. Nun fürchten die Hofsteder, dass die Halde abgetragen wird zugunsten einer Gewerbefläche.
Die Halde Hannibal wurde nach Schließung der Zeche begrünt. Nun fürchten die Hofsteder, dass die Halde abgetragen wird zugunsten einer Gewerbefläche. © Miriam Fischer

„Und das, obwohl die Fläche nur als bedingt geeignet gilt; es gibt in der Beurteilung Konflikte mit Wohnen, Freiraum und Klimafunktionen“, sagt Heinz Rittermeier. Zudem wäre, so das Fazit des Planungsamtes, die gewerbliche Wiedernutzung des Areals (Die Zeche Hannibal schloss 1973) sehr teuer und aufwändig, denn die Halde müsste abgetragen, die Erde voller Altlasten aufbereitet und gelagert werden.

Stadtsprecher: "Der Aufwand ist vertretbar"

Dennoch schließt die Verwaltung die Reaktivierung des Gewerbegebietes in Hofstede, das in ihrem Besitz ist, nicht aus. Stadtsprecher Peter van Dyk: „Der Aufwand ist vertretbar, wenn über die Halde Hannibal die gewerbliche Nutzung der GMU-Fläche angestoßen werden kann.“

Die Stadt sieht sich diesmal – nach zwei gescheiterten Anläufen vor Gericht – auf gutem Wege, die alte Industriebrache der „Gesellschaft für Metallrückgeewinnung und Umweltschutz“ zwischen Post- und Riemker Straße zu reaktivieren.

Hofsteder befürchten erhöhte Verkehrsbelastung

Für die Hofsteder, die die Halde als ihr Pantoffelgrün bezeichnen, bedeutete das aber auch, dass zusätzlich eine große Erschließungsstraße die Provitze durchschneiden würde. „Die Verkehrsbelastung wird dann unerträglich“, sagt Rittermeier.

Dass das GMU-Gelände wieder gewerblich genutzt wird, davon gehen die Hofsteder aus. Damit aber wächst für sie die Gefahr, dass die Halde abgetragen wird, um eine neue Zuwegung zu schaffen.

Interessengemeinschaft fordert ein Gesamtkonzept

Dirk Lottmann betont, die Nachbarn seien nicht gegen Gewerbe: „Wir brauchen für Hofstede, das schon heute stark belastet ist durch Gewerbe und Verkehr, ein Gesamtkonzept für Natur, Wohnen und Arbeiten. Darin sollte die Halde Hannibal als grüne Lunge erhalten bleiben. Hier ist schon zu viel Wald zugunsten Gewerbe vernichtet worden, etwa an der Riemker Straße.“

Im Herbst soll die zweite Tranche potenzieller Gewerbeflächen dem RVR vorgeschlagen werden. „Dann, so fürchten wir, ist die Halde Hannibal darunter“, sagt Lennart Schnell von der SPD Hofstede. Der Ortsverein zeigt sich solidarisch mit der Interessengemeinschaft.

>>> Auch mehr Flächen für Wohnungsbau gefordert

Die Planungshoheit hat der Regionalverband Ruhr (RVR), der den regionalen Flächennutzungsplan erstellt. Bis zum Jahr 2034, so die Vorgabe an die Städte, müssten aus den Ideen Tatsachen werden.

Noch sind es keine formalen Verfahren, die auch zusätzliche Wohnbauflächen betreffen. In Bochum fehlten laut RVR 24,3 Hektar Wohnfläche.