Bochum. Die Corona-Krise stürzt die Bochumer Hallengesellschaft BOVG tief in die roten Zahlen. Die Hoffnungen ruhen jetzt auf dem Herbst und Winter.
Die Corona-Krise stürzt die Bochumer Veranstaltungs-GmbH (BOVG) tief in die roten Zahlen. "2020 wäre das erfolgreichste Jahr unserer Geschichte geworden", sagt Geschäftsführer Andreas Kuchajda im WAZ-Gespräch. Mit einem Umsatzverlust von mindestens 60 Prozent werde es nun "unser schlimmstes Jahr".
Die Ruhrbau-Messe im Ruhrcongress und die Weinmesse in der Jahrhunderthalle waren am 8. März die letzten öffentlichen Veranstaltungen. Seither sind in allen BOVG-Spielstätten die Lichter aus. "Mehr als 100 Veranstaltungen sind weggebrochen", sagt Andreas Kuchajda. 59 der 77 Beschäftigten sind in Kurzarbeit. Auf vier Millionen Euro, Stand heute, wird das Minus für 2020 beziffert. Mehr als sieben Millionen Jahresumsatz waren angepeilt.
300 statt 3000 Besucher im Ruhrcongress
Es könnte noch schlimmer kommen. Von Carolin Kebekus und Sascha Grammel bis Torsten Sträter und Paul Panzer, von "Meute" bis Max Raabe, von Rock- und Musicalshows bis zu Märchenstücken: Mehr als 20 Gastspiele sind vom Frühjahr und Frühsommer in den Herbst und Winter verlegt worden. Hinzu kommen ab Oktober Shows u.a. mit Chris Norman, Helge Schneider, Patricia Kelly und den Temptations. Dabei ist nach wie vor ungewiss, ob das Verbot für Großveranstaltungen über den 31. August hinaus verlängert wird. Alle Hoffnungen auf das Jahresende wären dahin. "Das wäre der Super-GAU", heißt es in der Branche.
Doch selbst wenn das Verbot aufgehoben würde: Die Abstands- und Hygieneregeln, sollten sie erwartungsgemäß fortbestehen, würden die Veranstalter vor immense Probleme stellen. Bei der BOVG haben sie das Maßband angelegt. "Im Ruhrcongress würden nach den derzeiten Vorgaben 300, maximal 400 Besucher Platz finden", rechnet Andreas Kuchajda vor. 3000 sind es normalerweise, unbestuhlt 5000. Wie, rätseln Agenturen, Künstler und Hallenvermieter gleichermaßen, kann unter diesen Bedingungen wirtschaftlich gearbeitet werden? Und: Wie sollen ausverkaufte Shows nachgeholt werden, für die 3000 Karten verkauft, aber nur 300 Besucher erlaubt sind?
Parteien nutzen Kongressräume
Andreas Kuchajda redet nicht drum herum: "Auf viele Fragen gibt es aktuell keine Antwort. Man kann nur auf Sicht fahren." Dabei ist zumindest ein Silberstreif am Horizont erkennbar. Das Kongressgeschäft kann in bescheidenem Rahmen wieder anlaufen. Dazu hat die BOVG ein Konzept entwickelt, das allen Corona-Regeln gerecht werden soll. Vorteil: Platz ist reichlich vorhanden. So wird die Premiere der Ratssitzung Ende April im Ruhrcongress als Erfolg bewertet. Parteien nutzen die Kongressräume fortan auch für ihre Versammlungen zur Aufstellung der Kandidaten für die Kommunalwahl im September. Die FDP macht am Samstag (23.) den Anfang. Zudem liegen Anfragen für Hochschul-Prüfungen vor.
"Der Aufwand für die Abstandsregeln, die Besucherführung und die ausreichende Hygiene ist groß. Aber wir können in unseren Häusern zumindest wieder ein ausgewähltes Spektrum an Veranstaltungen anbieten", sagt der BOVG-Chef, weiß aber auch: "Mittel- und langfristig kann das alles keine Perspektive sein."
Urbanatix und Eissalon sind weiter gesetzt
Drei Gewissheiten hat Andreas Kuchajda in einer Zeit voller Ungewissheiten für sich gewonnen. Erstens: "Das Messe- und Kongressgeschäft wird sich deutlich wandeln. Unternehmen und Agenturen haben erkannt, dass digitale Formate ebenso effektiv, aber deutlich preiswerter sind." Zweitens: "Bis es wieder zu Konzerten mit Stehplätzen kommt, wird es noch lange dauern." Drittens: "Es wird Einschnitte bei den Besucherzahlen geben. Die Frage ist: Werden die Menschen nach Corona noch Lust und Geld haben, Konzerte oder Comedy-Shows zu besuchen?"
Die Zuversicht lebt fort. Zwei Höhepunkte zum Jahresende, beide in der Jahrhunderthalle, sind laut BOVG nach wie vor fest eingeplant: das Urbanatix-Festival im November und der Eissalon Ruhr ab Dezember.