Bochum. Ratten fühlen sich am Bochumer Hauptbahnhof sichtlich wohl – vor allem am Südausgang. „Die Ratten haben jede Scheu verloren“, sagt ein Passant.
„Aaah!!“ ruft die junge Fußgängerin am Bochumer Hauptbahnhof erschrocken. Deutlich verstört starrt sie auf den Boden und sieht zwei Ratten vor ihren Füßen über den Gehweg flitzen. Raschen Schrittes flüchtet sie zur rund 30 Meter entfernten Universitätsstraße und blickt sich dabei vorsichtshalber immer wieder um. Es herrscht Dämmerung neben dem Südausgang des Bahnhofs. Dann gehören Ratten dort zum Alltagsbild.
Es geht um den von Fußgängern stark genutzten Bereich zwischen Buddenbergplatz und Bahnunterführung, direkt am Bahndamm entlang. Dort stehen ein rund sechs Meter langer Müllcontainer des USB und, hinter einem Schiebetor, mehrere große Müllcontainer der Bahn. Dort scheinen sich die Ratten wohl zu fühlen.
Ratten klettern am Bochumer Bahnhof die Wand hoch
Auch interessant
So wohl, dass sie in der Dämmerung und im Dunkeln alle paar Minuten aus dem Spalt unter dem Tor hervorkriechen und den Fußweg kreuzen, um dort selbst oder auf den angrenzenden Grünstreifen weitere Essensreste zu finden, die dort achtlos weggeworfen wurden. Oft verstecken sie sich auch unter dem verschlossenen USB-Container, der dort seit vielen Jahren für den Abfall der Markthändler bereitsteht. Manchmal krabbeln sie auch auf dem schmalen Grünstreifen, der sich Richtung Ferdinandstraße hinzieht – unmittelbar neben den Passanten.
„Sie haben mittlerweile jede Scheu verloren“, sagte am Dienstag ein Mann, der täglich dort mit seinem Hund hergeht. Vor allem im Sommer sei richtig was los. Er verweist auch auf die Wand vor dem dortigen Fahrradständer. Die Wand ist mit stark verästelten Pflanzen bewachsen – dort klettern Ratten regelmäßig rauf und unter und kaum einer sieht sie darin. Auch nicht die Frau, die am späten Montagnachmittag arglos ihr Fahrrad dort abstellte. Nur einen Meter vor ihrem Kopf turnte eine dicke fette Ratte durchs Gestrüpp.
Rattengift kommt am Hauptbahnhof zum Einsatz
Vor ihren Füßen befindet sich eine weitere Ratte. Sie ist tot. „Achtung! Rattengift!“ steht dort auf einem Aufkleber an einem Absperrgitter. „Kinder und Haustiere fernhalten! Blutgerinnungshemmstoff.“ Damit werden die Tiere getötet. Sie verbluten, nachdem sie bewusstlos geworden sind.
Eine Gefahr geht von den Tieren nicht aus, sagt der Bochumer Schädlingsbekämpfer Karl-Heinz Jericho, der auch für die Stadt arbeitet. Ratten gebe es auch an einigen Schulen und Kindergärten – „überall“.
314 Ortsbegehungen nach Hinweisen von Bochumern
Im vergangenen Jahr hat das Gesundheitsamt insgesamt 314 „anlassbezogene Ortsbegehungen“ unternommen, wie Stadtsprecherin Charlotte Meitler auf Anfrage sagt. Bürger hatten die Stadt über den Mängelmelder oder direkte Anrufe informiert. „Ein vermehrtes Aufkommen von Meldungen“ habe es zum Buddenbergplatz geben, zum Bereich westlich der Jahrhunderthalle in Hamme, zur östlichen Region um den Hofsteder Bach in Hordel sowie zum Bahnhofsbereich in Höntrop.
Auf Privatflächen ist der Eigentümer selbst verantwortlich
„Grundsätzlich treten Ratten überall dort auf, wo sie Nahrung finden“, erläutert die Stadt. Die Verwaltung kümmere sich dann um das Problem.
Auf Privatgrundstücken ist der Eigentümer verantwortlich. Das Gesundheitsamt fordert die Eigentümer auf, Schädlingsbekämpfer zu beauftragen. Aber: „Grundsätzlich kann eine Rattenpopulation nur so weit wie möglich minimiert werden, es können nicht alle Ratten dauerhaft getötet werden.“
Die Gründe für die Population am Hauptbahnhof sieht die Stadt zum einen am zweimal in der Woche dort stattfindenden Wochenmarkt. „Dies begünstigt, dass die Nagetiere nach dem Marktende reichlich Nahrung finden“, sagt Charlotte Meitler. Außerdem würde die Bahn in einem abgezäunten Bereich in einer Müllpresse Essensreste zusammendrücken.
Der Ordnungsdienst der Stadt Bochum soll den Bereich der Rattenplage jetzt noch einmal „gezielt“ kontrollieren. Von der Deutschen Bahn war am Dienstag noch keine Stellungnahme zu den Ratten am Hauptbahnhof Bochum zu bekommen. Diese wird für Mittwoch erwartet.