Bochum. Frank Harder, Leiter der Innenstadt-Wache, geht nach über 40 Dienstjahren in den Ruhestand. Er sorgt sich um Entwicklungen im Bermuda-Dreieck.
Noch einmal am kommenden Sonntag dienstlich zum VfL-Spiel – und dann ist Schluss. Nach mehr als 40 Jahren geht Frank Harder, Chef der Bochumer Innenstadt-Wache, in Pension. Wer mehr als 25 Jahre im Schichtdienst der Polizei gearbeitet hat, kann schon mit 61 Jahren den Ruhestand genießen.
Stark bildlich gesagt könnte man sagen: Harder taucht ab, denn: „Ich stehe kurz vor meinem 1000. Tauchgang.“ Der Erste Polizeihauptkommissar (EPHK) mit fünf silbernen Sternen auf der Schulterklappe ist Sporttaucher und kennt die Gewässer des Karibischen Meeres und den Bodensee ebenso wie den Möhnesee.
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Der Bochumer hat richtig was erlebt: Von Mord und Totschlag bis zum sprichwörtlichen Eierdiebstahl kennt er in seinem Bezirk sämtliche Formen des Polizeialltags. Und er kennt auch das Bermuda-Dreieck sehr gut. Die Absperrung an der Brüderstraße, die das gefährliche Fahren von Auto-Protzern durch die Vergnügungsmeile eingeschränkt haben, ist auch sein Werk.
Polizei wurde bei kleinen Routineeinsätzen bedrängt
Seit 2016 gab es dort spezielle Probleme: „Damals ist es auffällig geworden, dass meine Kolleginnen und Kollegen bei kleinen Routineeinsätzen bedrängt werden.“ Vor allem Männer mit Migrationshintergrund und Kunden von Shisha-Bars seien dabei aufgefallen. „Man hat uns damals relativ unmissverständlich zu verstehen gegeben, dass man die Polizei für was auch immer gar nicht braucht.“ Nach dem Motto: Wir regeln das allein. „Dann haben wir massiv Flagge und Präsenz gezeigt.“
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Heute habe sich die Situation im Grunde etwas gebessert, regelmäßige Kontrollen auch mit anderen Ordnungsbehörden werde es aber weiterhin geben.
Respektlosigkeit ist nicht das einzige Problem im Bermuda-Dreieck. „Was uns wirklich Sorge bereitet, ist, dass sich Größen aus dem Bochumer Rotlicht-Bereich jetzt mit Lokalen im Bermuda-Dreieck wiederfinden.“ Harder fürchtet, dass sich dadurch auch die Art von Teilen der Gastronomie ändern könnte.
Bereits Tatsache ist eine andere Entwicklung in Harders Polizeirevier: Die Menge der schwer suchtkranken Menschen, die sich am Buddenbergplatz hinter dem Hauptbahnhof aufhalten, sei deutlich angestiegen. „Ich weiß nicht, ob das der gesamtgesellschaftlichen Situation geschuldet ist, dass viele Menschen durch das soziale Netz fallen und dort dann enden“, sagt Harder.
Harder half mehrfach bei der Polizeiarbeit im Ausland
Frank Harder hat mehrfach im Ausland am Aufbau einer zivilen Polizeiverwaltung mitgearbeitet. Zweimal war er bis zu einem Jahr in Bosnien-Herzegowina, dreimal im Kosovo, einmal in der palästinensischen Hauptstadt Ramallah im Westjordanland.
Harder hat auch die aktuelle Radstaffel der Polizei mit ins Leben gerufen, die in der Innenstadt unterwegs und auch am Buddenbergplatz Präsenz zeigt.
Harder ist auch Dozent bei der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung in Hagen. Dort werden auch Polizisten ausgebildet. Das macht Harder auch künftig weiter.
Der 61-Jährige wird im nächsten November zum zweiten und dritten Mal Großvater. „Da werde ich irgendwie eingeplant, kann ich mir vorstellen. Das mache ich gern.“
Er betont aber auch, dass die Menschen, die dort „abhängen“ würden, den Passanten dort nur in den allerseltensten Fällen etwas antun würden, sondern, wenn überhaupt, sich in der Regel untereinander streiten würden. Die Szene am Buddenbergplatz sei übrigens ein gutes Beispiel für den Zwiespalt zwischen der gefühlten Sicherheit und der objektiven Sicherheit. „Die Kriminalitätszahlen sind seit Jahren gesunken, trotzdem fühlen sich Teile der Bevölkerung extrem unsicher.“
Harder hat 20 Jahre im Innenstadtrevier gearbeitet, die letzten acht Jahre als Wachleiter. In seinem Revier ist polizeilich am meisten los: Rund ein Fünftel aller rund 140.000 Einsätze, die in allen acht Wachen des Bochumer Polizeibezirks (zwei in Herne, eine in Witten, fünf in Bochum) pro Jahr gefahren werden, finden in der Bochumer Innenstadt statt. 70 Streifenbeamte arbeiten dort in drei Schichten. Hinzu kommen sieben Bezirksbeamte.
Und was sind die Tugenden eines guten Wachleiters? Das sei eine schwierige Frage, sagte Harder. Und meint dann: „Eine gesunde Mischung aus Schreibtischaktivität und Einsatzbewältigung.“ Und Einfühlungsvermögen gegenüber dem Kollegium.
Frank Harders Nachfolger steht bereit fest: EPHK Frank Stellmacher, bisher Dienstgruppenleiter im Innenstadtrevier.