Bochum. Der Hauptangeklagte im Mordfall ist vielfach vorbestraft. Nach Haftstrafen bekam er zuletzt Bewährung. Danach geschah der Mord.
Der Hauptangeklagte (37) im Prozess um den Raubmord an einem Hausbesitzer (68) in Hordel ist bereits sieben Mal vorbestraft. Mehrfach saß er monatelang im Gefängnis. Nach der letzten Straftat bekam er aber wieder eine Bewährungschance. Danach wurde der Mord an der Sechs-Brüder-Straße begangen.
„Der Günter könnte noch leben“, sagte eine Prozessbesucherin, nachdem sie die vielen Vorstrafen gehört hatte und offensichtlich nicht verstehen konnte, warum der Hauptangeklagte damals überhaupt noch in Freiheit war. Günter hieß das Opfer mit Vornamen.
Angeklagter will bald wohl eine Erklärung abgeben
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Ob aber der Hauptangeklagte auch der Mörder ist, muss erst das Schwurgericht klären. Auch am zweiten Verhandlungstag am Donnerstag machte der 37-Jährige von seinem Schweigerecht Gebrauch. Wohl erst am dritten Sitzungstag will sein Verteidiger eine Erklärung vortragen.
Laut Anklage soll der 37-Jährige am 4. Februar 2019 mit einem Komplizen in das Haus des Rentners (68) eingedrungen sein, mit Sturmhauben maskiert und einem Brecheisen. Dort wurde das Opfer massiv geschlagen, zu Boden gebracht, gefesselt und so großflächig am Kopf mit Klebeband umwickelt, dass es qualvoll erstickte. „Ich krieg keine Luft! Ich krieg keine Luft!“ soll der Sterbende gerufen haben.
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Die Einbrecher durchsuchten das Haus nach Wertsachen und flüchteten mit einer Beute von offenbar keinem hohen Wert. Die gehbehinderte Lebensgefährtin (71) wurde am Hals ergriffen, in der Küche zu Boden gestoßen und dort mit einer Jacke zugedeckt. Darunter musste sie ausharren, bis die Täter verschwunden waren.
Ein Leben auf der Straße mit Drogen
Der Hauptangeklagte war 2012 aus Polen nach Deutschland gekommen. Ohne Beruf, ohne Mittel. Er jobbte hier als Fliesenleger, zuletzt bezog er Hartz IV. Er lebte auf der Straße in Bochum oder wohnte in einer Wohnung in Wattenscheid und in Hamme. Er nahm Drogen. Und seit 2015 beging er immer wieder Straftaten.
Mit Schwarzfahren und Fahren ohne Fahrerlaubnis fing es an, dann wurde es krimineller: gefährliche Körperverletzung und Diebstähle, teilweise mit Waffen. Mit einem Elektroschocker in der Tasche stahl er zum Beispiel aus einem Baumarkt an der Stadtgrenze zu Bochum zwei Seitenschneider (46 Euro). Zuletzt, nach mehreren Inhaftierungen, räumte ihm die Justiz 2018 erneut eine Chance ein: 18 Monate Haft auf Bewährung plus 200 Sozialstunden war die Sanktion für einen gemeinschaftlichen Kupferkabel-Diebstahl mit einem Cutter-Messer in der Tasche. Seit März 2018 war er wieder frei, nachdem er in der JVA Bochum gesessen hatte.
Brief aus der U-Haft an sein Kind: „Ich bin ein schäbiger Vater“
Der Mitangeklagte (24) ist nicht vorbestraft
Der Mitangeklagte (24), ein arbeitsloser Mann aus Gelsenkirchen, ist nicht vorbestraft. Er soll im Auto vor dem Tathaus gewartet haben. Auch er will wohl erst am 14. November eine Erklärung abgeben.
Sein Vater (47) war am Donnerstag im Gerichtssaal, verweigert aber die Zeugenaussage.
In Polen wegen anderer Straftaten im Gefängnis sitzt der dritte Tatverdächtige. Er soll ebenfalls in dem Haus gewesen sein, vermutet die Staatsanwaltschaft Bochum. Sie will, dass er ausgeliefert wird.
Das Schwurgericht ließ am Donnerstag auch einen auf Polnisch geschriebenen Brief des 37-Jährigen an sein Kind von einer Dolmetscherin verlesen und übersetzen. Er wurde im Mai 2919, in der U-Haft, verfasst. „Grüß Dich, mein Kind“, heißt es dort. Er bittet um Entschuldigung wegen nicht eingehaltener Versprechen und sagt: „Ich bin ein schäbiger Vater.“ Er sitze wieder im Gefängnis, diesmal für lange. Aber: „Ich werde nicht jammern. Hier gibt es auch ein Leben.“ Er komme in der JVA besser klar als in Freiheit. „Ich liebe Dich sehr, ich vermisse Dich.“
Der Brief schließt: „Dein Papi, der Schuft!“
Am 14. November wird der Mordprozess fortgesetzt.