Bochum. Die WAZ stellt die Bochumer Kandidaten für die kommende Bundestagswahl am 24. September vor. Dazu gehört Sevim Dağdelen von der Partei Die Linke.
Zwei Bodyguards stehen beim WAZ-Interview im Stadtpark in Sichtweite. Weiter hinten hat sich eine Polizeistreife postiert. „Sicherheitseinstufung 3“, sagt Sevim Dağdelen und blickt auf ihre dauerpräsenten Aufpasser.
Ob sie Angst empfinde? „Angst nicht“, sagt die 42-Jährige. „Aber ich bin umsichtiger geworden, um meine Familie und mich zu schützen.“
Mit ihrer klaren Kante gegen Präsident Erdoğan und dessen diktatorischen Kurs ist die Linken-Politikerin zu einer Art Staatsfeind der Türkei geworden. In Talkshows und Nachrichten ist die abseits der Kameras eher zierlich wirkende Bundestagsabgeordnete häufig zu sehen. „Dabei wollte ich nie in Parteien und Parlamente.“ Journalistin oder Anwältin: Das waren die Ziele der Duisburgerin nach Schule, Uni, Gewerkschaft.
Morddrohungen und Hetze in den sozialen Netzwerken
„Ich wollte eine Stimme für die Schwachen sein.“ Dieser Mission sieht sich die Tochter türkischer Einwanderer seit 2005 in Berlin verpflichtet. Mit ihrer Meinung über Erdoğan und dessen Regierungspartei AKP hält sie nicht hinterm Berg: „Das lernt man so im Ruhrgebiet.“ Von übelster Hetze in sozialen Netzwerken erzählt sie.
Von regierungsnahen türkischen Blättern, die sie samt Familie „zum Abschuss freigegeben“ hätten. Von Morddrohungen durch „Islamisten und Faschisten“ auch hierzulande.
Auch interessant
Von der „Verrohung unserer Demokratie, in der demokratisch gewählte Abgeordnete bedroht werden“. Aber auch von dem übergroßen Zuspruch für ihre eindeutige Haltung: in der Hauptstadt ebenso wie im Wahlkreisbüro an der Alleestraße. „Das gibt mir Kraft und Stärke.“
Dağdelen steht auf Platz 3 der Landesliste
Einschüchtern lassen werde sie sich nicht, bekräftigt Sevim Dağdelen, die auf Platz 3 der Landesliste aller Voraussicht nach auch im nächsten Bundestag sitzen wird. Ihren Kampf für Gerechtigkeit und Demokratie, gegen Diktaturen und Unterdrückung weltweit wolle sie fortsetzen. Sehr bewusst habe sie für das WAZ-Gespräch die Gedenktafel im Stadtpark ausgewählt.
Sie erinnert an den Mord an Zwangsarbeitern und politischen Häftlingen unter den Nazis. „Dieses Thema“, sagt sie, „hat mich politisch aktiv werden lassen.“