Bochum. . Im Mordfall Rottstraße hat die Kripo einen 34-jährigen Kriminellen aus Recklinghausen festgenommen. Ein DNA-Abgleich belastet ihn schwer.
- Der Mordfall Rottstraße könnte zumindest teilweise geklärt sein. Die Kripo nahm einen 34-jährigen Recklinghäuser fest
- Ein DNA-Abgleich brachte die Ermittler auf seine Spur, allerdings bestreitet der Verdächtige die Täterschaft
- Der Mann ist wegen Raubes, Körperverletzung und Drogendelikten vielfach vorbestraft und saß schon einmal im Gefängnis
Fast ein halbes Jahr mussten die Ermittler immer mit dem Kopf schütteln, wenn sie nach einem Erfolg in dem grausamen Mordfall Rottstraße gefragt wurden. Doch jetzt konnte Staatsanwalt Michael Nogaj einen Durchbruch vermelden.
Am vorigen Freitagnachmittag wurde ein 34-jähriger Recklinghäuser in der Nähe seiner Wohnung festgenommen. Er soll dabei gewesen sein, als am Morgen des 10. Februar ein älteres Ehepaar in seiner Erdgeschosswohnung an der Rottstraße mit unsagbarer Brutalität ausgeraubt worden ist. Schränke und Schubladen waren durchwühlt. Die Kripo vermutet, dass eine dreistellige Summe Geld und Schmuck erbeutet worden sind.
Brutalität war „deutlich überdreht“
Die 79-jährige Frau starb am Tatort. Sie wurde, so Nogaj, gewürgt, geschlagen, getreten und erlitt zwei Messerstiche in den Hals. Auf dem Boden im Schlafzimmer blieb sie tot liegen. Neben ihr, im Bett, lag ihr Mann. Nach einer Beinamputation braucht er einen Rollstuhl.
Auch er wurde geschlagen, gegen den Kopf, außerdem wurden ihm beide Augäpfel zerrissen, so dass er erblindete. Diese Gewalttätigkeit, sagt Gerhard Sobolewski, Leiter der „Mordkommision Rottstraße“, sei „deutlich überdreht“ und „überhaupt nicht nötig gewesen, um den Willen der Eheleute zu brechen“.
Auch nach der Tat erlebte der Rentner die Hölle. 20 Stunden lag er neben seiner toten Frau und konnte sich nicht bemerkbar machen, vielleicht war er auch lange bewusstlos. Erst in der Nacht zum darauffolgenden Tag hörte ein Nachbar seine Hilferufe, so dass die Polizei ihn fand. Er starb am 4. März.
Vorbestraft und schon im Gefängnis gesessen
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Trotz großen Aufwandes mit Spürhunden, Phantombild, einer Handzettelaktion am Tatort und äußerst zeit- und personalintensiven DNA-Untersuchungen hatte die Kripo bis vor kurzem keine heiße Spur. Das änderte sich vor wenigen Tagen, als die Rechtsmedizin Köln nach Molekular-Untersuchungen einen Volltreffer meldete.
An der Kleidung der ermordeten Frau wiesen Experten DNA-Spuren nach, die eindeutig einem 34-jährigen Mann aus Recklinghausen zuzuordnen sind. Dann ging alles zack-zack: Beim Aussteigen aus seinem Pkw in Recklinghausen-Süd griff die Polizei zu. Er sitzt nun in U-Haft.
Der gelernte Schweißer bezieht Hartz IV, konsumiert Drogen und lebt allein. In seinem Vorstrafenregister stehen zwölf Eintragungen wegen gefährlicher Körperverletzung, Drogendelikten – und wegen Raubes. Er büßte dafür auch schon im Gefängnis. Mit dem Mord an der Rottstraße habe er aber nichts zu tun, sagt er. Er wisse nicht, wie seine DNA an die Leiche gekommen sei.
Tatverdächtiger kannte die Eheleute – und umgekehrt
Der Mann kannte die Opfer und ihre Wohnung. Er ist ein Bekannter des Sohnes der Eheleute. „Er hat im Sommer 2016 bei Arbeiten wegen eines Wasserschadens und beim Tapezieren geholfen“, sagt Nogaj. Dies könnte erklären, warum es keine Aufbruchspuren an der Wohnungstür gibt. Womöglich wurde er arglos in die Wohnung hineingelassen.
Nogaj sieht drei Mordmerkmale: Habgier sowie Ermöglichung und Verdeckung einer Straftat. Von Doppelmord redet er aber nicht, denn der 78-Jährige starb nicht an den Folgen des Überfalls, wie spezielle Untersuchungen ergaben.
Gelöst ist der Fall nun aber noch nicht. Denn die Kripo geht von mindestens zwei Tätern aus.
>>> Großes Entsetzen in der Chorgemeinschaft
Die getötete Seniorin hatte 40 Jahre im Bochumer Andza-Chor gesungen. Auch dort herrschte großes Entsetzen nach der Bluttat. Auf der Internetseite des Chores steht bis heute: „Für uns alle unfassbar ist unser langjähriges Chormitglied... nicht mehr da. Wir wünschen den Angehörigen in der von ihnen gewünschten Ruhe viel Kraft und Stärke.“
„Sie hat ihre Chor-Freundinnen gern zu Hause mit Kaffee und Kuchen bewirtet“, sagte eine Nachbarin kurz nach der Tat. „Sie war eine sehr liebenswürdige Frau, höflich, hilfsbereit.“
Ihr schwerstverletzter Ehemann wurde nach der Tat im Krankenhaus von der Polizei bewacht, weil er Tatzeuge war. Um Polizeibewachung zu vermeiden, wurde er später in eine Klinik in Ostwestfalen verlegt. Dort starb er.
Heute steht längst ein anderer Name an dem Klingelschild der Tatwohnung.