Antalya. Klaus Gjasula spielt nun für Rot-Weiss Essen. In Darmstadt wurde er nicht mehr gebracht. Darüber spricht er im Interview nach seinem Wechsel.
Die Augen der rund 200 anwesenden Fans von Rot-Weiss Essen waren bei der ersten Trainingseinheit des Fußball-Drittligisten im Trainingslager in Lara bei Antalya vor allem auf einen gerichtet. Klaus Gjasula (35) hatte auf dem von großen Strommasten umgebenen Rasenplatz seinen ersten Auftritt in rot-weisser Trainingskluft. Der frühere Nationalspieler Albaniens versuchte seiner ihm zugeteilten Rolle als Chef im RWE-Mittelfeld direkt gerecht zu werden. Er sprach viel mit seinen neuen Kollegen und Trainern, genau das hat die schwächelnde Mannschaft in einer schweren Krise gebraucht.
+++ RWE bastelt an weiteren Transfers: Das sagt Trainer Koschinat +++
Der 35-jährige Mittelfeldspieler bringt nicht nur Erfahrung aus der Bundesliga, sondern auch von der Europameisterschaft 2024 mit. Gjasula war der Wunschkandidat der Essener für die Sechser-Position. Zuletzt lief er für Darmstadt 98 in der zweiten Liga auf, spielte dort aber unter Trainer Florian Kohfeldt keine große Rolle mehr.
Rot-Weiss Essen überrascht mit Transfer-Doppelpack
Das soll sich an der Hafenstraße ändern. Zusammen mit Stürmer Dominik Martinovic wurde Gjasula kurz vor der Abreise ins RWE-Trainingslager in die Türkei geholt, um den Revierklub vor dem Abstieg in die Regionalliga zu bewahren. In Lara bei Antalya treffen wir den Essener Transfercoup am Dienstag nach dem Mittagessen im Hotel Concorde de Luxe Resort zum ersten Interview nach seinem Wechsel. Ein Gespräch über seine neue Rolle, die Gründe für seinen Wechsel und seinen körperlichen Zustand.
Klaus Gjasula, Sie haben die ersten Stunden mit Rot-Weiss Essen im Trainingslager verbracht. Welchen Eindruck haben Sie von Ihrer neuen Mannschaft?
Er ist sehr gut, die Jungs sind alle einwandfrei. Das kann ich nach den ersten Stunden sagen, es wirkt auf jeden Fall alles sehr harmonisch. Bisher kann ich nichts Negatives sagen. Die Mannschaft hat mich sehr gut aufgenommen. Ich denke, Dominik (Martinovic, Anm. d. Red) wird das bestätigen. Ich bin gespannt auf das, was folgt. Der Hunger ist da.
Rot-Weiss Essen: Klaus Gjasula hat die Aufgabe „extrem gereizt“
Ihr Transfer zu Rot-Weiss Essen hat durchaus überrascht. Was hat Sie dazu bewogen, aus Darmstadt in den Abstiegskampf der 3. Liga zu wechseln?
Die Aufgabe mit Rot-Weiss Essen, den Klassenerhalt zu packen, ist für mich sehr reizvoll. Rot-Weiss Essen ist ein cooler Verein mit super viel Tradition, überragenden Fans und einem geilen Stadion. Ich glaube, hier kann etwas entstehen. Ich möchte keine Messlatte ansetzen, aber hier ist einiges möglich. Die Hinrunde war sicher nicht so, wie es sich alle vorgestellt haben. Das kann manchmal im Fußball passieren. Es ist nicht der erste und wird auch nicht der letzte Verein sein, dem das passiert. Es hat mich aber extrem gereizt und ich möchte mit allen anpacken, um wieder den Schritt nach vorne zu machen.
Fiel es Ihnen schwer, Darmstadt 98 zu verlassen? Sie haben dort dreieinhalb intensive Jahre verbracht, waren Führungsspieler und sind in die Bundesliga aufgestiegen.
Das auf jeden Fall. Es war nach dem Rücktritt aus der Nationalmannschaft eine der schwersten Entscheidungen für mich, weil ich mich dort sehr wohlgefühlt habe. In diesen dreieinhalb Jahren ist viel passiert. Dazu kommt, dass ich Familie habe und es auch deshalb nicht leicht ist, solche Entscheidungen zu treffen. Trotzdem bin ich davon überzeugt, dass es sich lohnen wird, diesen Schritt zu gehen. Deshalb habe ich es auch gemacht.
Sie haben die Nationalmannschaft angesprochen. Bei der EM 2024 hatten Sie im Spiel gegen Kroatien einen großen Auftritt. Erst unterlief Ihnen ein Eigentor, dann erzielten Sie in der Nachspielzeit den Ausgleich. Das Highlight Ihrer Karriere?
Für einen Fußballer meines Kalibers – in Anführungszeichen – definitiv ja. Für mich war es das absolute Highlight meiner Karriere, mit Ausnahme der Geburten meiner beiden Kinder auch das Highlight meines Lebens. Es war unglaublich, alleine schon die Konstellation mit einer EM in Deutschland in meinem Alter. So etwas nochmal miterleben zu dürfen bei meinem Werdegang, war großartig. Das war so nicht abzusehen. Die Geschichte mit dem Eigentor und dem Tor war natürlich sehr kurios. Das wird für immer in Erinnerung bleiben.
„Jeder weiß, dass es ein Traditionsverein ist. Das ist ein geiler Klub und sehr interessant für Spieler.“
Bei der EM haben Sie auf dem höchsten Level gespielt, bei Darmstadt 98 zuletzt kaum noch. Wie fit sind Sie? RWE ist in einer prekären Lage. Wie können Sie der Mannschaft helfen?
Ich weiß, dass ich geholt wurde, um direkt da zu sein und zu helfen. Das ist mir bewusst. Ich weiß aber auch, dass ich lange nicht gespielt habe. Für einen Fußballer ist es extrem wichtig, einen Rhythmus zu haben, den hatte ich in den vergangenen Monaten nicht. Aber da kommt man ganz schnell rein. Ich bin optimistisch, denn ich habe körperlich keine Probleme. Ich bin bereit. Vielleicht wird am Anfang nicht alles Gold sein, was glänzt. Aber ich werde alles raushauen, um der Mannschaft zu helfen.
Was ging Ihnen durch den Kopf, als Rot-Weiss Essen ein Thema für Sie wurde? Vor zehn Jahren fielen Sie durch ein Probetraining bei RWE. Kam schon eine Entschuldigung von Waldemar Wrobel?
(lacht) Nein, das muss er auch nicht. Unabhängig von der Geschichte damals ist Rot-Weiss Essen in Deutschland für viele Fans oder Menschen, die sich mit Fußball beschäftigen, ein Thema. Auch für Fußballer selbst. Jeder weiß, dass es ein Traditionsverein ist. Das ist ein geiler Klub und sehr interessant für Spieler.
Rot-Weiss Essen steckt im Abstiegskampf
Rot-Weiss Essen blieb in der Hinrunde hinter den Erwartungen zurück. Wie erklären Sie sich das als bis vor kurzem Außenstehender? Ist Erfahrung genau das, was jetzt nötig ist?
Ja, auf jeden Fall. In dieser Mannschaft ist viel Potential vorhanden. Wir wissen, wie die 3. Liga ist. Da ist alles sehr eng beisammen. Du kannst jedes Spiel gewinnen oder verlieren. Wenn man in einen Negativlauf gerät, ist es schwer, diesen zu stoppen. Das kann im Fußball passieren. Deswegen glaube ich schon, dass Erfahrung und jede personelle Hilfe guttut. Deswegen hat der Verein gehandelt und nun wollen wir versuchen, das Ruder herumzureißen.