Essen. Rot-Weiss Essen muss in der 3. Liga um den Klassenerhalt bangen. Wie konnte es dazu kommen? RWE-Sportchef Marcus Steegmann stellt sich den Fragen.

Das hatten sich die Verantwortlichen ganz anders vorgestellt: Nach 16 Spieltagen in der 3. Liga ist Rot-Weiss Essen das erste Mal auf einen Abstiegsplatz abgerutscht. Der Druck ist spürbar an der Essener Hafenstraße Höchste Zeit für ein Interview mit Sportdirektor Profifußball Marcus Steegmann.

Der RWE-Kaderplaner wird nun gefragt sein. In der kommenden Winter-Transferperiode will und muss der Essener Kader verstärkt werden. Vor dem wichtigen Heimspiel am Sonntag (13:30 Uhr) gegen 1860 München haben wir mit dem 43-Jährigen über mögliche Transfers, die Position von Trainer Christoph Dabrowski und mögliche Fehler im vergangenen Sommer gesprochen. Hier ist der erste Teil des Interview, zum zweiten geht es hier.

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Nach 16 Spielen Platz 17 ist sicherlich nicht das, was sich alle erhofft hatten. Hat man den großen Umbruch im Sommer ein bisschen unterschätzt?

Marcus Steegmann: Es stimmt, mit der aktuellen Situation sind wir nicht zufrieden. Mir war klar, dass der Verlust von vier Leistungsträgern (Götze, Sapina, Harenbrock und Obuz) und damit auch einer zentralen Achse Zeit brauchen kann und sie gegebenenfalls nicht 1:1 ersetzt werden können. Deswegen haben wir ja auch - auch wenn die Jungs sich intern nochmal ein anderes Ziel gesetzt haben - nach außen und innen immer von Stabilität gesprochen. Wenn man 13 Abgänge und 13 Neuzugänge hat, damit hat fast jede Mannschaft zu kämpfen, bis dies zusammenkommt. Trotzdem kann die Mannschaft mehr, als der aktuelle Punktestand ausdrückt.

Rot-Weiss Essen hat Vinko Sapina verkauft: Steegmann spricht über die Gründe

Der Trainer nimmt das Wort Abstiegskampf nicht in den Mund. Wie sieht es der Sportdirektor?

Ja, das kann ich nachvollziehen. Ich glaube, dass die Mannschaft schon absolut verstanden hat, worum es geht. Der Trainer hat auch gesagt, dass die Spannung spürbar ist. Jetzt irgendwas auszurufen, davon bin ich auch kein Freund. Es geht darum, unsere Leistung zu verbessern, stabiler zu werden und am Ende Wege zu finden, Spiele zu gewinnen. Damit sollten wir bestenfalls am Sonntag anfangen.

Vinko Sapina ordnet nun das Spiel von Dynamo Dresden. Rot-Weiss Essen hat den Mittelfeldspieler im Sommer verkauft.
Vinko Sapina ordnet nun das Spiel von Dynamo Dresden. Rot-Weiss Essen hat den Mittelfeldspieler im Sommer verkauft. © dpa | Robert Michael

Wenn wir schon über die Abgänge sprechen und die erwähnte Achse: War es rückblickend doch ein Fehler, Vinko Sapina zu verkaufen? Auch wenn es immer eine schwierige Situation ist, wenn ein Spieler an den Verein herantritt und sagt: Ich möchte gehen.

Es war eine Abwägung von mehreren Gesichtspunkten. Bei Vinko war das Thema, dass er als Kapitän den absoluten Wunsch gehegt hat, sich verändern zu wollen. Das war die eine Sache, die andere: Die Ablöse, die am Ende im Raum stand. Und dann galt es unter Abwägung seiner gezeigten Leistungen, seines Alters, seiner körperlichen Konstitution und der finanziellen Dimension eine Entscheidung zu treffen.

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Wie viel von diesem Sapina-Geld ist denn wieder in die Mannschaft reinvestiert worden?

Da diese Frage schon häufiger kam, möchte ich mich dazu nicht äußern.

Wenn es für eine Mannschaft sportlich nicht läuft, dann wird natürlich auch von außen über den Trainer gesprochen, so läuft das Geschäft. Hat denn der Trainer die Rückendeckung des Vereins?

Ich glaube, wir haben in der Vergangenheit schon sehr stark bewiesen, dass wir alle gemeinsam Drucksituationen aushalten können, dass wir gemeinsam durch schwierige Phasen gehen können, und deswegen bin ich fest davon überzeugt, dass wir es auch in dieser Situation schaffen werden

Rot-Weiss Essen: Muss Trainer Dabrowski um seinen Job bangen?

Sind die drei Spiele jetzt sowas wie Endspiele auch für ihn oder ist das kein Thema?

Im Fußball-Pokalfinale gibt es Endspiele, nicht im Ligabetrieb. Wir wissen um die Situation, wir wollen gegen 1860 München ein sehr gutes Spiel machen und wollen mit der Art und Weise, wie wir auftreten, die Hafenstraße mitnehmen und gemeinsam für eine besondere Atmosphäre sorgen, dass wir dieses Spiel gewinnen. 

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Jetzt kommen diese Teams, diese sogenannten schlagbaren, dagegen hat Rot-Weiss bislang nicht so gut ausgesehen, dafür gegen die Teams von oben. Wie ist denn diese Diskrepanz zu erklären?

Ich sehe es darin, dass die Liga dieses Jahr so ausgeglichen ist wie vielleicht noch nie. Wir haben insbesondere im Vergleich auch zur 1. und 2. Bundesliga Etats, die relativ eng beieinander liegen. Insofern sind auch die Leistungsunterschiede nicht ganz so groß. Wenn man sieht, dass eine Mannschaft wie der VfL Osnabrück, mit Unterschiedsspielern wie Simakala, Zwarts, Gyamfi oder Engelhardt aktuell Tabellenletzter ist, dann zeigt das einfach, wie ausgeglichen diese Liga ist, wie schwer sie ist, wie gefährlich sie aber auch ist. Grundsätzlich ist aber in dieser Saison auch deutlich mehr Geld im Markt, mehr als je zuvor. Auch die wirtschaftliche Zwischenlizensierung zeigt ganz eindeutig, dass es acht, neun Vereine gibt, die ein deutlich höheres Budget haben als der Rest.

Wo kam das Geld denn her für die Sonderkonjunktur bei den Vereinen?

Da muss man jeden Verein für sich betrachten. Jeder hat ja seine eigene Einkommensstruktur oder gegebenenfalls Sondererlöse wie der 1. FC Saarbrücken über den DFB-Pokal erzielt.

RWE-Kaderplaner Marcus Steegmann bereitet sich auf die nächste Transferperiode vor.
RWE-Kaderplaner Marcus Steegmann bereitet sich auf die nächste Transferperiode vor. © FUNKE Foto Services | Thorsten Tillmann

Jetzt gibt es ja im Januar das Winter-Transferfenster. Es wurde schon betont, dass man sich nach Spielern umschaut, die sportlich und wirtschaftlich passen. Gibt es denn überhaupt ein Budget, um aktiv zu werden?

Grundsätzlich vertrauen wir unseren Spielern. Es sind noch drei wichtige Spiele zu spielen, dementsprechend hat die Mannschaft, hat jeder einzelne Spieler die Chance, in den drei Spielen nochmal alles in die Waagschale zu werfen, danach werden wir nochmal analysieren und schauen, was wirtschaftlich und sportlich machbar ist.

Rot-Weiss Essen: „Bereiten uns auf Wintertransfer-Periode vor“

Also macht man es abhängig vom Ausgang der nächsten drei Spiele?

Wir bereiten uns natürlich auf alle Szenarien vor und wägen verschiedene Optionen ab. Natürlich priorisiert man bestimmte Positionen mehr und man muss auch abwägen, ob Spieler von uns abgeworben werden könnten. Trotz der aktuellen Tabellensituation wollen wir dennoch nachhaltig agieren und Entscheidungen treffen, die uns sowohl sofort als auch langfristig helfen werden.

Moussa Doumbouya durfte den Verein im Sommer verlassen, jetzt hat Torben Müsel seine Stärken als Wandspieler hervorgehoben. Unterstreicht das den Handlungsbedarf auf der Mittelstürmer-Position?

Moussa Doumbouya ist nach seiner langwierigen Verletzung auf einem guten Weg. Die ersten Eindrücke von ihm im teilintegrierten Training sind vielversprechend. Aber wir wissen auch, dass er ein halbes Jahr lang verletzt war, deswegen sollten wir ihm Zeit geben.

Rot-Weiss Essen: Neuer Mittelstürmer bleibt ein Thema

Wäre es angesichts der Verletzung von Manuel Wintzheimer und der langen Pause von Doumbouya nicht fahrlässig, auf dieser Position nichts mehr zu machen?

Natürlich haben wir wahrgenommen, dass Manuel Wintzheimer mindestens drei Monate ausfallen wird. Auch deswegen überlegen wir in der Offensive noch etwas zu machen und halten Augen und Ohren offen.

Ist Marvin Obuz noch ein Thema?

Marvin ist ein Spieler, der bei uns eine fantastische Saison gespielt hat. Ich wünsche ihm, dass er sich beim 1. FC Köln durchsetzt.

Teil 2 des IV lesen Sie morgen ab 8 Uhr hier.

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