Essen. Rot-Weiss Essen hat das Rennen um Arne Wessels verloren, Noel Futkeu glänzt in der 2. Liga. Reicht das RWE-Flair nicht? Das sagt der Sportchef.

Für Marcus Steegmann (43) wird es wieder ernst. Der Direktor Profifußball des Drittligisten Rot-Weiss Essen steht vor einem Winter-Transferfenster, in dem RWE möglicherweise einige Fehler des Sommers korrigieren muss. Denn mit der sportlichen Entwicklung können die Verantwortlichen des Traditionsklubs nicht zufrieden sein. Vor dem Heimspiel am kommenden Sonntag (13:30 Uhr) gegen 1860 München steht RWE auf einem Abstiegsplatz, sogar Hannover II überholte RWE am Samstag.

Auf Steegmann wartet viel Arbeit, dennoch macht er einen sehr souveränen und entspannten Eindruck, als wir ihn in einer der Logen des Stadions an der Hafenstraße zum Interview treffen. Gemeinsam mit Sportdirektor Christian Flüthmann sondiert der Ex-Profi bereits seit Wochen den Spielermarkt.

Rot-Weiss Essen: Noel Futkeu erzielt Doppelpack gegen Hertha BSC

Im zweiten Teil unseres Interviews spricht der RWE-Kaderplaner auch über mögliche Abgänge im Winter, die Kritik an ihm und Flüthmann und den gescheiterten Versuch, Noel Futkeu und Arne Wessels zur Hafenstraße zu locken. Futkeu fiel nicht in Steegmanns Verantwortungsbereich, dennoch ärgert es RWE-Fans, wenn sie die Entwicklung des Zweitliga-Stürmers beobachten. An diesem Samstag gelang ihm ein Doppelpack gegen Hertha BSC. RWE konnte ihn vor zwei Jahren nicht vom ETB in den Essener Norden locken. Marcus Steegmann will daran in Zukunft etwas ändern.

Teil 1 des RWE-Interviews mit Marcus Steegmann lesen Sie hier:

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Marcus Steegmann, rund um das Saarbrücken-Spiel gab es viel Wirbel um Lucas Brumme. Erst saß er überraschend auf der Bank, dann meldete sich sein Berater sehr ausführlich zu Wort. Was sagen Sie dazu?

Wir halten bei Rot-Weiss Essen nichts davon, Personalien über Medien zu diskutieren. Wir haben das direkte Gespräch mit Lucas und seinem Berater gesucht und geführt. Wir haben Themen, die es gab, ausgeräumt. Nun gilt es nach vorne zu schauen und sich auf das nächste Spiel zu konzentrieren.

RWE-Sportdirektor Profifußball Marcus Steegmann spricht im Interview über die Probleme von Rot-Weiss Essen, das Winter-Transferfenster und über Kritik an ihm und Christian Flüthmann.
RWE-Sportdirektor Profifußball Marcus Steegmann spricht im Interview über die Probleme von Rot-Weiss Essen, das Winter-Transferfenster und über Kritik an ihm und Christian Flüthmann. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

Wie sieht es auf der Seite der Abgänge aus? Der Berater von Lucas Brumme hatte einen Winter-Wechsel ins Spiel gebracht. Ist es denkbar, Spieler im Winter abzugeben oder zu verkaufen?

Grundsätzlich ist kein Spieler unverkäuflich. Wenn es eine konkrete Anfrage geben sollte, müsste man im Einzelfall schauen, ob es unter Berücksichtigung der sportlichen und wirtschaftlichen Situation Sinn macht, einen Spieler zu verkaufen oder abzugeben.

Rot-Weiss Essen bangt um den Verbleib von Jakob Golz

Wie ist der Stand bei Jakob Golz, der sich in Essen zu einem der besten Torhüter der 3. Liga entwickelt hat? Wie würden Sie die Chancen einschätzen, ihn halten zu können? Gab es schon Versuche von Vereinsseite?

Selbstverständlich gab es Bemühungen, auch schon frühzeitig, den Vertrag zu verlängern. Jakob ist seit fünf Jahren bei Rot-Weiss Essen. Er hat sich vom Ersatztorwart zum Stammtorwart und einem Leistungsträger entwickelt. Natürlich kann das Begehrlichkeiten wecken. Das ist der Stand.

Ryan Valentine ist ein Torwart-Talent vom ETB, das RWE auf dem Schirm hat. Wie sieht es bei ihm aus?

Da gibt es keinen neuen Stand, Namen möchte ich nicht kommentieren. Wir haben mit Manuel Lenz einen hervorragenden Torwarttrainer, der den Markt genau beobachtet. Auch da bereiten wir verschiedene Szenarien und Optionen vor.

„Sollten uns im kommenden Sommer ein, zwei Leistungsträger verlassen, kann das passieren, das gehört zum Spiel dazu. Ich gehe aber nicht davon aus, dass der Aderlass so groß wie letzte Saison sein wird.“

RWE-Sportdirektor Profifußball Marcus Steegmann

Dass die Mannschaft tabellarisch nicht gut dasteht, hat sicher auch etwas damit zu tun, dass der eine oder andere Neuzugang die Erwartungen noch nicht erfüllt hat. Welches Fazit ziehen Sie als Kaderplaner mit Blick auf die Transfers des Sommers?

Ich bitte um Verständnis dafür, dass ich keine öffentliche Einzelbewertung machen werde. Grundsätzlich bewerte ich das Ganze. Wenn in der letzten Saison gesagt wurde, dass wir eine gute Mannschaft zusammengestellt haben, kann man zum aktuellen Zeitpunkt auch Kritik äußern. Die ist in Teilen bestimmt berechtigt. Aber ich bleibe dabei: Die Mannschaft hat mehr Potential, als es die Punktausbeute aussagt. Die Liga ist sehr eng. Wenn es die Mannschaft schafft, zwei Spiele in Folge zu gewinnen, steht sie womöglich da, wo sie zumindest budgetär in der Tabelle auch hingehört. Sprechen wir von der aktuellen Momentaufnahme, ist es aber nicht das, was wir uns vorgestellt haben.

Rot-Weiss Essen: Steegmann rechnet mit weniger Abgängen

Gehen wir davon aus, dass der Klassenerhalt gelingt: Wie soll ein erneuter Umbruch im kommenden Sommer verhindert werden? Spieler wie Jakob Golz oder Lucas Brumme werden schwer zu halten sein, Julian Eitschberger kehrt zu Hertha BSC zurück.

Es ist in der 3. Liga durchaus normal, pro Saison einen oder zwei Leistungsträger zu verlieren. Letztes Jahr war es eine ganze Achse, vier Leistungsträger. Das war die Schwierigkeit der Aufgabe. Sollten uns im kommenden Sommer ein, zwei Leistungsträger verlassen, kann das passieren, das gehört zum Spiel dazu. Ich gehe aber nicht davon aus, dass der Aderlass so groß wie letzte Saison sein wird.

Die RWE-Sportchefs Marcus Steegmann (l.) und Christian Flüthmann erhielten in der letzten Saison viel Lob, dieses Jahr bleibt der sportliche Erfolg noch aus.
Die RWE-Sportchefs Marcus Steegmann (l.) und Christian Flüthmann erhielten in der letzten Saison viel Lob, dieses Jahr bleibt der sportliche Erfolg noch aus. © Jan Fromme/firo Sportphoto | Jan Fromme

Was würde bei einem Abstieg mit Ihnen passieren? Kann sich RWE in der Regionalliga zwei Sportdirektoren leisten? Um es konkret zu formulieren: Haben Ihre Verträge, die vor der Jahreshauptversammlung verlängert wurden, Gültigkeit für die Regionalliga?

Über Vertragsinhalte äußere ich mich grundsätzlich nicht. Wir befassen uns mit der sportlichen Lage in der aktuellen Saison, insbesondere mit den nächsten drei Spielen vor der Winterpause und einer anstehenden Winter-Transferphase. Wir wollen das Schiff Rot-Weiss Essen in sicheres Fahrwasser bringen.

Es gibt Fans und andere Personen, die sich die Frage stellen, warum RWE zwei Sportdirektoren beschäftigt. Können Sie erklären, wie die Aufgabenverteilung zwischen Christian Flüthmann und Ihnen aussieht?

Ich glaube, dass eine breite sportliche Kompetenz einem Verein guttut. Christian war zweieinhalb Jahre Leiter des Förderwerks, hat gerade auch in diesem Bereich eine große Expertise. Wir verantworten den sportlichen Bereich gemeinsam, wobei mein Fokus eben sehr konzentriert auf der 1. Mannschaft liegt. Wenn es sportlich nicht läuft, wird so etwas gerne thematisiert. Ich kann sagen, dass wir uns in vielen Bereichen sehr gut ergänzen. Christian kommt aus der Fußballlehrer-Schiene, ich versuche meine Erfahrungen als Ex-Profi einzubringen. Das heißt, dass wir verschiedene Kompetenzen einbringen, um den Klub nach vorne zu bringen. Der Verein und wir sind davon überzeugt, dass es eine gewinnbringende Konstellation ist.

Rot-Weiss Essen: Futkeu und Wessels nicht bei RWE

Arne Wessels (r.) wird in der neuen Saison für die U23 des BVB spielen. Rot-Weiss Essen sagte der 18-Jährige ab.
Arne Wessels (r.) wird in der neuen Saison für die U23 des BVB spielen. Rot-Weiss Essen sagte der 18-Jährige ab. © FUNKE Foto Services | Thorsten Tillmann

Stichwort NLZ: Die Leute in Essen warten auf ein großes Talent. Noel Futkeu spielt nun woanders, Arne Wessels wird auch nicht zu RWE wechseln. Warum schafft es Rot-Weiss nicht, die Talente aus dem Umfeld an den Verein zu binden? Reicht das Hafenstraßen-Flair nicht?

Futkeu war vor meiner Zeit. Bei Arne Wessels ist es bekannt, dass wir uns sehr bemüht haben. So wie uns mitgeteilt wurde, hat er sich für einen anderen Verein entschieden. Das ist schade. Ich sehe es als sehr erstrebenswert an, Spieler aus dem engsten Umkreis hier an der Hafenstraße auflaufen zu sehen. Wir müssen es schaffen, mehr Spieler dieser Kategorie an der Hafenstraße zu sehen.

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Wie sieht künftig die Strategie bei Talenten aus der U19 aus? Der Sprung aus der A-Jugend zu den Profis ist gewaltig, in dieser Saison bekommt etwa Gianluca Swajkowski kaum Spielzeiten.

Vor meiner Zeit wurde häufig mit Leihgeschäften gearbeitet, was auch mit einer finanziellen Investition verbunden ist, da Leihen oft bezuschusst werden. Grundsätzlich bleibt es das Ziel, Talente aus dem Förderwerk in die erste Mannschaft zu integrieren. Bei Gianluca sehe ich im Training eine gute Entwicklung. Es war einkalkuliert, dass das erste Jahr ein Lehrjahr wird. Würden wir sportlich besser stehen, hätte er möglicherweise mehr Minuten bekommen. 

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