London. Die deutschen Schwimmer gingen bei den olympischen Spielen fast durchweg baden, Konsequenzen will der deutsche Schwimmverband aber offensichtlich nicht ziehen. Andere Nationen waren erfolgreicher, auch wenn nicht alle Athleten die erwarteten Ergebnisse lieferten. Eine Bilanz der Schwimm-Wettbewerbe.
Ab sofort werden im architektonisch ausgefallenen Aquatics Centre nur noch artistische Sprünge vom Brett und Turm zu sehen sein. Die Leinen im Becken können eingelagert werden, die olympischen Schwimm-Wettbewerbe sind beendet. Wir ziehen aus den zurückliegenden acht Tagen acht Erkenntnisse. Ernste und nicht so ernste.
1.) Wer hatte es nicht schon längst geahnt? Auch Schwimm-Superstars tun es. „Fast 100 Prozent der Schwimmer pinkeln ins Becken“, behauptet die US-Schwimmerin Carly Geehr, „Adrenalin und Nerven verursachen ein Chaos in deinem Körpersystem.“ Dass dies keine Exklusiv-Übertreibung ist, bestätigt ihr Team-Kollege Ryan Lochte: „Nicht während der Rennen, aber beim Aufwärmen. Das liegt glaube ich am Chlorwasser. Da muss man automatisch pinkeln.“
Deutsch ließen stets den Vortritt
2.) Ob dies eine US-Eigenart ist, wissen wir nicht. Aber eine deutsche Eigenart war es bei diesen Spielen in London, stets allen anderen Nationen beim Weg auf das Podium den Vortritt zu lassen. Erstmals seit den Olympischen Spielen in Los Angeles, nicht denen im Jahr 1984, sondern denen im Jahr 1932, blieb das deutsche Schwimm-Team, immerhin 28 Personen stark, ohne Medaille.
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3.) Konsequenzen? Rücktritte? Fehlanzeige. Auch wenn einstige Schwimm-Größen wie Michael Groß oder Mark Warnecke einen Neuanfang und den Rückzug von Lutz Buschkow fordern, hält Christa Thiel, die Präsidentin des Deutschen Schwimm-Verbandes, weiter an ihrem Sportdirektor fest. „Wir haben in der Mehrzahl der Disziplinen den Anschluss an die Weltspitze verloren“, bilanzierte Buschkow und listete selbst die Versäumnisse auf: „Keine stabile Wettkampfstruktur, zu viele Experimente, zu geringe Grundlagenausdauer, fehlende allgemeine athletische Voraussetzungen, keine psychische Wettkampfhärte.“ Alles richtig, aber die Verantwortung dafür übernimmt der Chef nicht.
Britta Steffen hat noch nicht über Karriereende entschieden
4.) Ob Britta Steffen, die Doppel-Olympiasiegerin von 2008, ihre Karriere beenden wird oder noch mindestens bis zur Heim-WM 2014 in Berlin weiter schwimmen wird, hat sie noch nicht entschieden. Als Vierte verpasste Steffen zum Abschluss über 50 Meter Freistil nur knapp eine Medaille. „Die Leidenschaft ist ungebrochen - auf jeden Fall“, sagte die 28-Jährige. Erst einmal will sie mit ihrem Freund Paul Biedermann, der in London ebenfalls weit hinter den Erwartungen zurück blieb, Urlaub machen. Schwacher Trost für das Paar: Ihre Weltrekorde sind nicht gebrochen worden.
5.) Es gibt sie aber wieder: Neue Weltrekorde. Auch wenn die High-Tech-Anzüge verboten sind, gleiten einige Schwimmer so schnell durchs Becken wie niemals zuvor. Im Aquatics Centre wurden insgesamt zehn Weltrekorde aufgestellt.
6.) Michael Phelps tritt ab. Der erfolgreichste Schwimmer der Geschichte reicht seinen olympischen Abschied ein.Nach 9900 olympischen Metern, 51 Rennen, 18 Goldmedaillen und insgesamt 22 Medaillendrehte er in London nach dem Triumph mit der US-Lagenstaffel seine letzte Ehrenrunde. „Ich habe es geschafft, auf den Eisbecher noch die Kirsche, all die Sahne, die ich wollte, und Streusel drauf zu setzen. Ich könnte nicht glücklicher sein", sagte Phelps, mit vier Gold-und zwei Silbermedaillen auch in London der erfolgreichste Schwimmer.
Olympiasieger werden immer jünger
7.) Die Olympiasieger werden immer jünger: Die Litauerin Ruta Meilutyte (15/ 100m Brust), die Chinesin Ye Shiwen (16/ 400 m Lagen) sowie die beiden US-Amerikanerinnen Melissa Franklin (17/ 100 und 200 m Rücken) und Katie Ledecki (15/800 m Freistil) waren bei ihren Goldrennen noch nicht volljährig. Hoffen wir, dass sie wirklich nur Wunderkinder aus dem Babybecken sind und nicht mit pharmazeutischen Mitteln nachgeholfen wurde.
8.) Zum Abschluss noch einmal zu Ryan Lochte. Der US-Amerikaner holte nur eine Einzel-Goldmedaille und wurde doch nicht wie erwartet zum Superstar der Spiele. Vielleicht hat er außerhalb des Beckens zu viel Energie gelassen. Über das wilde Treiben im olympischen Dorf sagte er jedenfalls vor den Spielen: „2008 war ich in einer Beziehung, das war ein Fehler. Jetzt bin ich Single, London dürfte super werden.“