London. Den Südafrikaner Cameron van der Burgh hat Schwimm-Trainer Dirk Lange bei den Olympischen Spielen in London bereits zum Weltrekord getrieben. Mit Marco Koch möchte er am Dienstag über die 200 Meter Brust für eine Olympia-Sensation sorgen. Am Selbstbewusstsein mangelt es beiden nicht.
Der Mann ist nicht nur im Rennen ein Ausnahmeschwimmer. Als Cameron van der Burgh im Aquatics Centre anschlug, platzierte er seinen muskelbepackten Körper auf die wackelige Trennleine. Unsereins wäre bei dieser akrobatischen Aktion sofort im Wasser versunken. Aber der Südafrikaner lag wie eine Boje im olympischen Becken und schaute gebannt auf die Anzeigetafel. 58,46 Sekunden blinkte es dort auf. Neuer Weltrekord über 100 Meter Brust.
Auf der Tribüne freuten sich nicht nur die Eltern und seine frühere Trainingskollegin, die jetzt als Fürstin Charlene von Monaco nicht mehr die Sport- aber die bunten Seiten füllt, sondern auch ein Mann mit Glatzkopf und Stoppuhr in der Hand. Dirk Lange betreut den Olympiasieger seit vielen Jahren. Ausgerechnet Dirk Lange ist bisher der erfolgreichste Deutsche bei den Schwimm-Wettbewerben. Ausgerechnet die Reizfigur des deutschen Schwimmens, der im November 2011 nach unzähligen Kontroversen mit dem Verband hinaus komplimentiert wurde. Und ausgerechnet Lange schickt am Dienstag mit Marco Koch einen weiteren Schützling über 200 Meter Brust ins Rennen, der als Weltranglisten-Vierter eine gute Medaillenchance besitzt. Diesmal nicht für Südafrika, sondern für Deutschland, denn Koch vertraut weiter auf den ebenso professionellen wie eigenwilligen Lange.
Trainer Dirk Lange treibt seine Schützlinge mit Aggressivität zum Erfolg
Dass der Hamburger ein profunder Kenner des Schwimmens ist, hat er seit vielen Jahren bewiesen. Erst führte er seine damalige Lebenspartnerin Sandra Völker in die Weltspitze, dann machte er die Schwedin Theresa Alshammar und den Briten Mark Foster zu Weltrekordlern. In seiner Zeit als südafrikanischer Nationaltrainer entdeckte er den begabten Cameron van der Burgh. Jetzt ist aus dem Talent ein Olympiasieger und Weltrekordler geworden. Und so bedankte sich der Brustspezialist bei seinem Coach: „Dirk hat mich dazu gebracht, härter zu trainieren.“
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Und so hat es Lange auch mit Marco Koch gemacht. Der Trainer setzt nicht nur auf knallharte Einheiten im Wasser und an Land, er ist auch ein Verfechter vieler Vorbereitungswettkämpfe gegen die besten Schwimmer der Welt. Aggressivität zeigen, ist sein Motto. So wie es Cameron van der Burgh über die 100 Meter Brust getan hat. Jetzt soll es ihm Marco Koch über die 200 Meter nachmachen. Und wie es die Art von Lange ist, tut er es vollmundig: „Wir sind nicht auf einer Kirmes, wir sind bei Olympia. Da geht es um den maximalen Erfolg. Wer mit mir arbeitet, schwimmt immer auf Angriff. Das wird Marco auch in London so halten.“ Kein Wunder dass auch der ansonsten eher zurückhaltende Koch auch zu großen Worten greift: „Wenn man bei Olympia dabei ist, will man auch gewinnen.“
Lange und Koch setzten sich mit großen Tönen selbst stark unter Druck
Ein Olympiasieg von Koch wäre eine noch weitaus größere Sensation als der Auftritt von Cameron van der Burgh, aber Koch hat bei seinem zweiten Platz bei der Europameisterschaft schon einige starke Konkurrenten hinter sich gelassen. „Das war wichtig für die psychologische Kriegsführung“, sagt Koch. Bei der EM waren auch andere deutsche Schwimmer erfolgreich, doch Dirk Lange ist der Meinung, dass der Deutsche Schwimm-Verband die falschen Schlüsse daraus gezogen hat: „Da war nur Friede, Freude, Eierkuchen.“ Die Weltranglisten hätten schon damals ausgewiesen, dass die deutschen Schwimmer hinterher hinken.
Und als am ersten Tag der Sommerspiele in London auch noch Paul Biedermann und die deutsche Freistil-Staffel mit Britta Steffen baden gingen, setzte Dirk Lange noch einen drauf: „Es geht um Steuergelder, um das Bild in der Öffentlichkeit. Das ist einer der größten Verbände. Da kann man nicht einfach so nonchalant darüber hinweg gehen, dass zwei fest eingeplante Medaillen weg sind.“ Wer so laut kritisiert, steht selbst unter strenger Beobachtung. Cameron van der Burgh hat Langes Fähigkeiten bewiesen, jetzt steht Marco Koch ab heute auf dem Prüfstand.