Duisburg. Im Interview spricht MSV-Präsident Christian Stiefelhagen über seine Arbeit für die Zebras und was er sich für die Zukunft vorstellt.
Seit dem 23. Juli führt Christian Stiefelhagen (57) gemeinsam mit seinem „Team 1902“ den Fußball-Regionalligisten MSV Duisburg. In einer Kampfabstimmung setzte sich seine Mannschaft gegen drei weitere Kandidaten, darunter auch das Team von Amtsvorgänger Ingo Wald, durch. Im Interview mit dieser Zeitung, erklärt der ehemalige Leiter einer Duisburger Werbeagentur, unter anderem, warum er findet: Der MSV sollte 50.000 Mitglieder haben.
Wie fühlt es sich an, MSV-Präsident zu sein?
Christian Stiefelhagen: Die ersten vier Wochen war ich in einem Tunnel, weil ich es so nicht glauben konnte: Man ist auf einmal MSV-Präsident. Man zwickt sich jeden Morgen und denkt, du wirst jetzt wach und das ist alles nicht echt. Das hat sich jetzt in den vergangenen zwei, drei Wochen verändert, weil man die vielen Termine hat, und jetzt kommt die ganze sachliche Arbeit dahinter.
Wie viele Stunden bringen Sie auf?
Im Moment bringe ich zwölf bis 14 Stunden pro Tag auf. Das ist aber auch meiner Freiwilligkeit geschuldet, weil ich mich da so „reinfrunze“ und alle Zusammenhänge begreifen möchte und alles wissen will. Wir sind daran interessiert, eine langfristige wirtschaftliche Konsolidierung zu erreichen. Man muss einen Plan entwickeln: Wo kann man für die Zukunft andere Hebel ansetzen? Ich neige dazu, ein gewisses Tempo an den Tag zu legen. Das schafft man aber nur, wenn man es in dieser Form auch macht.
Wie klappt die Zusammenarbeit mit Ihren Vorstandskollegen?
Das Team funktioniert toll. Ich habe mit Jörg Eicker und Dennis Baaten zwei Menschen im Team, die absolute wirtschaftliche Expertise haben. Das sind Zahlenmenschen. Jörg Kaiser, den ich seit 2013 gut kenne, hat die Verknüpfung zum MSV und zur Fanszene. „Schorsch“ Mewes ist im Wahlkampf sehr angegangen worden. Das hat mir sehr wehgetan, denn wir schätzen ihn sehr. Wir haben bewusst jemanden gesucht, der für uns den Fußball moderiert. Auch wenn ich Fußballfan bin, habe ich nicht so viel Ahnung wie andere Leute. Er richtet den Blick auch in Richtung Niederrhein und in andere Regionen. Denn das ist ein riesiges Einzugsgebiet.
Wie organisieren Sie sich?
Wir treffen uns einmal in der Woche dienstags und arbeiten vier bis fünf Stunden sehr intensiv. Über digitale Medien sind wir täglich im Kontakt und verteilen die Aufgaben. Wir haben ganz klar gesagt, wir sind „Team 1902“. Es gibt eine gewisse Hierarchie, aber wir sind als Team angetreten. Das ist ja etwas Neues. Deshalb werden wir den Antrag stellen, dass Jörg Eicker in den Aufsichtsrat kommt, weil er mit seiner Expertise dort besser aufgehoben ist als ich mit meiner Marketingexpertise.
Sie haben sich inzwischen bei vielen wichtigen Partnern vorgestellt. Wie waren die Reaktionen?
Ich werde überall mit offenen Armen empfangen und mit offener Kommunikation. Und ich höre auch, dass es früher nicht so gewesen ist, dass jemand auf Begrüßungstournee geht und sich vorstellt. Das sind alles ganz angenehme Gespräche, auch mit der Stadt. Ich habe das Gefühl, die Leute freuen sich richtig.
Wie gut kennen Sie sich inzwischen mit dem MSV und seinen Gremien aus?
Ich habe den MSV in den acht Wochen seit der Wahl besser verstanden als in den 44 Jahren, in denen ich als Fan dachte, ich kenne ihn.
Haben Sie mit Ingo Wald gesprochen?
Einmal. Ich habe einen Termin für eine Übergabe bekommen. Es ging ein paar Stunden. Es war ein angenehmer Abend. Wir haben unsere Fragen gestellt, und sie sind beantwortet worden.
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Ingo Wald hat den Vertrag mit Michael Preetz noch vor den Neuwahlen verlängert. Hat Sie das geärgert?
Ich war zwiegespalten. Ich fand, dass die Vertragsverlängerung für die Vorstandswahlen instrumentalisiert wurde. Das war eine Art Joker, der da reingeworfen wurde. Andererseits habe ich gedacht: Gut, dann brauchen wir das nicht mehr zu machen. Ich war froh, dass es so gekommen ist. Welchen Wunsch hätte ich denn alternativ? Wir sind in der Regionalliga, und ich habe einen Geschäftsführer, der aus der Bundesliga kommt und Champions League gespielt hat.
Wie sehen Sie es, dass fast alles bereits festgelegt war, als Sie gewählt wurden?
Wir werden nicht in diese Saison reingrätschen und sagen: Wir machen alles neu. Die Saison ist durchgeplant. Ich habe 100 Prozent Vertrauen zu den handelnden Personen. Wenn mir jemand bei Amtsantritt gesagt hätte, dass wir da stehen, wo wir heute stehen, hätte ich sofort unterschrieben.
Was ist, wenn es mal nicht läuft wie geplant?
Es ist nicht die Aufgabe des Vorstands, zu entscheiden, welche Spieler verpflichtet werden. Wir sagen auch nicht, wir wollen diesen Trainer oder wir wollen den Trainer entlassen. Dann wären wir ja wieder da, wo wir nicht hinwollen. Die Entscheidungen trifft in erster Linie Michael Preetz. Wir stecken die Ziele fest und überwachen das Erreichen der Ziele. Wenn man merkt, es geht in die andere Richtung, dann setzt man sich mit dem ganzen Team zusammen. Das Team ist der Vorstand und die Geschäftsführung.
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Das Thema Mitglieder liegt Ihnen besonders am Herzen. Was bewegt Sie dabei?
Als ich gewählt wurde, waren wir 8437 Mitglieder, jetzt sind es über 9.000. Ich kann es aber immer noch nicht verstehen, dass bei 18.000 Zuschauern im Stadion 12.000 nicht Mitglied des MSV Duisburg sind. Das kann ja nicht an den künftig 71 Euro Beitrag im Jahr scheitern – das ist ein Bier im Monat –, dass ich meinen Solidarbeitrag leiste. Ich kann es nicht verstehen, dass ich in einer Stadt lebe, in der gefühlt jeder MSV-Duisburg-Fan ist, aber ich nur 10.000 Leute im Stadion sehe. 25.000 müssten verpflichtend hier drin sein. Es ist mir persönlich wichtig, das mal rüberzubringen: Leute, wenn doch euer Herz für den MSV schlägt, dann tut doch das Mindeste und werdet Mitglied. Macht es nicht davon abhängig, dass ihr ein T-Shirt 10 Prozent billiger bekommt. Macht es davon abhängig, dass ihr sagt: „Ich bin Duisburger und trage meine Karte oder meine Mitgliedsnummer mit Stolz.“ Und ganz ehrlich, in einer Stadt mit 500.000 Einwohnern fände ich auch eine Mitgliederzahl von 50.000 toll.
Wo wollen Sie den MSV sehen, wenn in vier Jahren wieder gewählt wird?
Da, wo er hingehört: In der Zweiten Liga. Da bin ich MSV-Fan. Das ist mein Wunschtraum.
Nur zwei Ausfälle
Mit nahezu voller Kapelle bläst der MSV zum Marsch in Richtung Köln. Beim Trainingsauftakt am Dienstag fehlten lediglich: Jesse Tugbenyo (Muskelverletzung) und Jannik Zahmel (Hüfte), der bei den Meiderichern auf Dauer ausfällt. Tugbenyo wird ebenfalls nicht beim Spitzenspiel am Samstag um 14 Uhr bei Fortuna Köln auflaufen können. Alle weiteren Spieler konnten am Dienstag am Mannschaftstraining teilnehmen.