Witten. Wittens Ringer-Idol ist Fan der Spiele 2024. In Peking verlor er einst das Finale um Gold gegen einen Russen, in dessen Team kräftig gedopt wurde.
„So viel Olympia wie dieses Mal habe ich wohl noch nie geguckt“, gesteht Mirko Englich, ehemals hochdekorierter Ringer des Bundesligisten KSV Witten 07. Zehnmal war er Deutscher Meister geworden, hatte Medaillen auch bei Europameisterschaften gesammelt - doch Platz zwei bei den Olympischen Spielen 2008 in Peking ist fraglos sein allergrößter Erfolg. Die Gedanken zurück an die Wettbewerbe in China kommen beim heute 45-Jährigen natürlich immer wieder zurück, wenn die Olympia-Berichte über die Mattscheibe flimmern.
Einmal dabei sein unter dem Banner mit den fünf Ringen - für wohl jeden Sportler und jede Sportlerin weltweit das Nonplusultra. Mirko Englich, einer der besten Ringkämpfer Deutschlands überhaupt, war sogar gleich zweimal dabei. 2004 in Athen nahm er zum ersten Mal teil, belegte damals nach einem Sieg und einer Niederlage in der 96-Kilo-Klasse den elften Platz. „Wenn ich mir die Bilder heute aus Paris so anschaue - das kannst du mit damals gar nicht vergleichen. In Athen kam nicht annähernd dieses olympische Flair auf“, so Englich.
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Wittener Ringer-Idol ist begeistert von Paris als Olympiastadt
Er sprüht regelrecht vor Begeisterung, wenn er über die Wettbewerbe der aktuellen Spiele in Paris spricht. „Ich bin zurzeit ein totaler Fan von Olympia. Wie man die Spiele dort in die Stadt eingebunden hat, das ist einfach großartig. Schon die Eröffnungsfeier war herausragend, das hat mich total gepackt“, schwärmt der einstige Weltklasse-Ringer, der inzwischen als Jugendtrainer bei seinem Heimatverein KSV Witten arbeitet.
„In Peking 2008 gab es zwar auch diese Begeisterung der Menschen vor Ort für die Wettbewerbe, aber mit heute ist das nicht zu vergleichen“, sagt Mirko Englich, der schon im Jahr 2000 an der Olympia-Qualifikation teilnahm, es aber - anders als sein jahrelanger Wittener Weggefährte Adam Juretzko - nicht zu den Spielen in Sydney schaffte. „Ich weiß noch, wie ich damals auf dem Platz des Himmlischen Friedens mal kurz meine Silbermedaille herausgeholt habe. Plötzlich war um mich herum alles voller Menschen, alle wollten Autogramme. Ich bin da eine halbe Stunde lang nicht weggekommen.“
„Ich weiß noch, wie ich damals auf dem Platz des Himmlischen Friedens mal kurz meine Silbermedaille herausgeholt habe. Plötzlich war um mich herum alles voller Menschen, alle wollten Autogramme.“
Doch Paris 2024 scheint doch noch mal eine ganze Nummer größer sein. „Es sind ja Mega-Bilder, die man da jeden Tag sieht. Und es sind einfach tolle Sportstätten, teils in historischen Gebäuden. Reitsport vor dem Schloss in Versailles - einfach großartig“, sagt der 45-Jährige. Selbst aber wird er nicht an die Seine fahren, um sich das Treiben vor Ort anzuschauen, auch nicht die Ringsport-Wettbewerbe, die am 5. August starten. „Ganz im Ernst: Zum einen habe ich dazu keine Zeit, zum anderen ist es dort unglaublich teuer“, weiß Englich aus erster Hand, weil einer seiner Feuerwehr-Kollegen gerade in Paris ist und eine stattliche vierstellige Summe für das Olympia-Erlebnis auf den Tisch blättern musste. „Außerdem“, so Englich, „bin ich gerade mitten in der WM-Vorbereitung für meine Tochter Lotta.“ Das KSV-Talent wird Ende des Monats bei der U-18-Weltmeisterschaft im jordanischen Amman auf die Matte gehen - mit großen Medaillenchancen, fit gemacht vom Papa.
Doch trotz allem: „Da wird man schon neidisch, wenn man das dort alles sieht, was gerade in Paris passiert“, sagt der Silbermedaillen-Gewinner von 2008. Auch eine Einladung des Deutschen Ringerbundes (DRB) ist ihm nicht ins Haus geflattert. „Frank Stäbler hat aber eine bekommen, der ist gerade da“, weiß Englich über den Olympia-Dritten von Tokio 2021 zu berichten.
Englichs Bezwinger von Peking ist heute Sportminister in Sibirien
Immer wieder machen sich auch Gedanken darüber in Mirko Englichs Kopf breit, warum er nicht nachträglich sogar zum Olympiasieger erklärt wurde. „Einige aus dem russischen Team damals in Peking mussten im Nachhinein ihre Medaillen abgeben“ - das systematische Staatsdoping fiel eben doch irgendwann auf. Englichs Bezwinger im 96-kg-Finalkampf aber, Aslanbek Chuschtow, behielt seinen Titel. „Er ist heute Sportminister der sibirischen Teilrepublik“, so der Berufs-Feuerwehrmann. „Wir können es ja heute ohnehin nicht ändern, müssen das so hinnehmen. Ich hatte ja die Chance, zu gewinnen. Wenn ich nicht zwei Sekunden vor Schluss diesen Fehler gemacht hätte“, erinnert sich das einstige KSV-Ass an eine Szene, mit der er noch immer keinen Frieden gemacht zu haben scheint.
Ganz genau wird Mirko Englich ab Montag die olympischen Ringer-Wettbewerbe verfolgen, an denen auch sieben deutsche Aktive (vier Frauen, drei Männer) teilnehmen werden. Den Auftakt macht Schwergewichtler Jello Krahmer aus Schorndorf gegen einen Chinesen, der litauische KSV-Hüne Mantas Knystautas trifft zunächst auf einen Marokkaner. „Eine Medaille für Deutschland wäre schon eine Riesen-Überraschung“, so Englich. „Aber wenn jemand die Qualifikation für Olympia geschafft hat, dann hat er oder sie natürlich auch die Chance, weit nach vorne zu kommen. Ohne eine Portion Glück aber wird es nicht gehen, auch wenn da alle ihre Topform haben.“ Eventuell helfe es ja, dass die Athleten aus Russland nicht mit dabei sein dürfen. Ohne die Aktiven von dort bei Olympia 2008 läge bei Englich jetzt wohl daheim Gold statt Silber im Trophäenschrank.
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